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Totentrickser: Roman (German Edition)

Totentrickser: Roman (German Edition)

Titel: Totentrickser: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Oldenburg
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Dorf aufgefressen oder für den späteren Verzehr eingepökelt hatte und nun arglosen Durchreisenden auflauerte, wobei das alte Mütterchen den Lockvogel spielte.
    Der Jüngling schrie auf und wandte sich zur Flucht, doch es war zu spät, denn schon sauste ein großes Fleischerbeil herab und …«
    Selphyne räusperte sich und las still weiter.
    Dabei murmelte sie Wörter wie: Blutschwall, Eingeweide, Massaker …
    »Nun …«, sagte sie langsam. »Bestimmt hatte der dritte Jüngling mehr Glück. Das ist schließlich ein Märchen, und im Märchen meint es das Schicksal immer besonders gut mit dem jüngsten von drei Brüdern, nicht wahr?«
    Sie blätterte um.
    »Ah ja, da geht es weiter.
    ›Am schrecklichsten aber erging es dem jüngsten Bruder …‹«
    Sie klappte das Buch zu und erklärte hastig:
    »Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.«
    »Du hast das ganz falsch erzählt!«, rief Nenia empört. »Sie sterben alle, und dann holt sie ein Totenbeschwörer aus dem Grab und näht sie zusammen und lässt sie in seiner Arena kämpfen und dann sterben sie noch mal und …«
    »Hat dein Vater dir denn nie freundliche Geschichten erzählt?«, fragte Selphyne.
    »Freundliche Geschichten?«
    Nenia runzelte die Stirn und machte ein Gesicht, als hätte soeben jemand behauptet, es gäbe hellstrahlende Dunkelheit oder glühendheißen Schnee.
    »Naja, Rudolf, der Glücklichste Gnom der Welt, zum Beispiel.«
    Nenia setzte sich im Bett auf.
    »Das Verbotene Buch ?«, flüsterte sie. »Papa hat immer gesagt, das darf ich erst lesen, wenn ich erwachsen bin …«
    Draußen tobte das Unwetter.
    »Ich erhöhe um Zehntausend«, sagte Falfnin.
    »Gehe mit«, meinte Brom. »Und lege noch mal Fünfzehntausend drauf.«
    »Ich gehe auch mit«, brummte Bolgur.
    »Dann lasst mal sehen!«
    »Drei Zauberer«, sagte Bolgur, seine Karten auf den Tisch legend.
    »Vier Drachen«, verkündete Brom triumphierend. »Die Runde geht wohl an mich.«
    »Moment!«
    Falfnin drehte seine Karten eine nach der anderen um.
    »Fünf Weltdiamanten!«
    Brom und Bolgur stöhnten.
    »Das war das letzte Mal, dass ich mit einem Meisterdieb Karten spiele!«, knurrte Brom.
    »Wie viel schulden wir dir jetzt?«, erkundigte sich Bolgur.
    »Mal sehen.«
    Falfnin fügte der Ewigen Liste, in der sie die Ergebnisse ihrer Kartenrunden festhielten, einen neuen Eintrag hinzu.
    »Du schuldest mir neunundzwanzig Millionen achthunderteinundneunzig Tausend hundertzweiundfünfzig Goldstücke. Und Brom dreiundvierzig Millionen siebenhunderteinunddreißig Tausend sechshundertvierunddreißig Goldstücke, außerdem übernimmt er die nächsten vier Wochen für mich den Küchendienst.«
    »Du musst mir wenigstens die Möglichkeit einer Revanche einräumen«, sagte Brom, gegen seinen eben formulierten Vorsatz verstoßend, sich nie wieder mit einem Meisterdieb auf eine Kartenpartie einzulassen.
    »Kommt drauf an«, erwiderte Falfnin. »Da musst du schon was setzen, das mich reizen könnte.«
    »Noch mal ein Monat Küchendienst?«
    »Das ist mir zu langweilig.«
    »Eine Million Goldstücke?«
    »Die du mir nie bezahlen wirst?«
    Brom sah sich um.
    Seine Axt konnte er unmöglich setzen, auch wenn er ganz sicher war, diese Runde zu gewinnen.
    »Wie wäre es mit …« Er überlegte. »Mit … meiner Hose?«.
    »Deine Hose? Was soll ich denn mit deiner Hose?«
    »Es ist eine gute Hose«, sagte Brom. »Zwergische Top-Qualität. Und so gut wie frisch gewaschen.«
    »Ach ja? Wann das denn?«
    Brom überlegte.
    »Damals, in der Kanalisation in Burn, als wir durch diese Brühe gewatet sind.«
    »Das war ja wohl alles andere als hygienisch. Außerdem ist das ungefähr drei Jahre her.«
    »Sag ich doch: So gut wie frisch gewaschen. Also spielen wir jetzt noch eine Runde oder …«
    Sie verstummten.
    Ein hysterisches Gelächter hallte durch die Nacht, gefolgt von einem irren Kreischen.
    »Irgendwie habe ich nicht den Eindruck, dass das hier das richtige Umfeld für ein Kind ist«, meinte Falfnin.
    »Ach was.« Brom winkte ab. »Kinder sind viel widerstandsfähiger als immer behauptet wird. Als ich noch nicht laufen konnte, hat mich meine Mutter auf ihren Rücken geschnallt und ist so in die Schlacht gezogen. Ich hatte eine extra Kinderstreitaxt dabei und hab ordentlich damit ausgeteilt.«
    Er klatschte in die Hände.
    »So. Neue Runde. Du gibst, Bolgur.«
    Am nächsten Morgen erschien Brom in voller Zwergenkriegermontur im Salon, komplett mit Helm, Axt und

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