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Totenwache - Thriller

Totenwache - Thriller

Titel: Totenwache - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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warteten, bis er hinter der Schwingtür verschwunden war, dann sah Mrs. Polchak Riley an.
    »Wir haben hinter dem Haus einen hübschen Walnussbaum«, sagte sie. »Mögen Sie Walnüsse?«
    »Walnüsse? Ja, ich …«
    »Walnüsse haben eine dicke Schale und sind nicht ganz leicht zu knacken. Trotzdem lohnt sich der Aufwand, finden Sie nicht?«
    »Mrs. Polchak, Ihr Sohn kann überhaupt nichts dafür, sondern ich …«
    »Ach, natürlich liegt es an ihm«, sagte die ältere Dame und schüttelte den Kopf. »Frauen nehmen die Schuld immer auf sich. Wenn ein Mann uns nicht liebt, sagen wir: ›Das liegt an mir.‹ Wenn wir einen Mann nicht lieben können, heißt es wieder: ›Das liegt an mir.‹ Manchmal liegt es aber auch an den Männern. Es ist gar nicht so einfach, Nicky zu lieben. Und das war bei seinem Vater auch schon so.«

    Riley stellte ihre Tasse beiseite. »Mrs. Polchak, was ist eigentlich zwischen Nick und seinem Vater vorgefallen? Können Sie mir das erklären?«
    »Nicks Vater war ein sehr starker Mann, aber auch igno rancki - das heißt, nicht besonders helle. Nick ist das genaue Gegenteil. Er war schon als Kind sehr gescheit, hatte aber einen Schwachpunkt: seine Augen. Die meisten Männer sehen in ihren Söhnen das eigene Spiegelbild. Ich glaube, dass Stanislaw überhaupt nicht mochte, was er in Nicks Augen lesen musste.«
    »Das ist wirklich sehr traurig.«
    »Und Sie? Gefällt Ihnen, was Sie in Nicks Augen lesen?«
    Riley nickte bedächtig.
    »Ich persönlich habe eine große Vorliebe für Walnüsse«, sagte Mrs. Polchak. »Allerdings dauert es manchmal eine Weile, bis man sie geknackt hat. Und gelegentlich braucht man dazu einen Hammer.«
    »Ich wünschte, ich hätte dazu genügend Zeit«, sagte Riley leise.
    »Habt ihr jungen Leute denn so wenig Zeit?«
    »Ich fürchte ja - zumindest in meinem Fall.«
    »Dann nutzen Sie die Zeit, die Sie haben.«
    »Mrs. Polchak, ich möchte Nick gegenüber nicht unfair sein. Ich will nicht, dass er sich falsche Hoffnungen macht.«
    »Und wieso nicht?«, fragte Mrs. Polchak ungehalten. »Ich habe mit drei Männern herumgetändelt und mir dann den besten davon ausgesucht. Stanislaw war der Glückliche. Trotzdem sind die anderen nicht gestorben. Das Leben ist nun mal nicht fair. Die Liebe ist nicht fair. Und - wie Sie selbst gerade gesagt haben: Das Leben ist kurz.«
    Riley dachte über Mrs. Polchaks Worte nach. »Wissen
Sie was? Ich glaube, Sie haben recht: Stanislaw hat wirklich Glück gehabt.«
    Genau in dem Augenblick brachte Nick ein kleines Tablett mit Tellern, Gabeln und der übel zugerichteten Zitronentorte herein.
    »Warum musst du mich nur immer blamieren?«, rief Mrs. Polchak und sah ihr schönes Dessert grimmig an. »Wie man kleine Würmer aufschlitzt, das weißt du, aber eine Zitronentorte in ordentliche Stücke schneiden, das kannst du nicht. Hast du es etwa mit dem Ellbogen versucht?«
    »Aber das macht doch nichts«, sagte Riley. »Ich bringe im Augenblick ohnehin keinen Bissen mehr hinunter. Ein Spaziergang wäre jetzt genau das Richtige.«
    Auf Mrs. Polchaks Gesicht erschien ein strahlendes Lächeln. »Oh ja, ein Spaziergang - eine glänzende Idee. Am besten, ihr zwei macht jetzt einen schönen Spaziergang. In der Zwischenzeit befördere ich dieses Produkt mehrstündiger Arbeit schon mal in den Mülleimer.«
    »Immer muss sie mir ein schlechtes Gewissen machen«, flüsterte Nick Riley zu. »Los, kommen Sie, gehen wir ein bisschen an die Luft.«
    Die beiden traten durch die Hintertür ins Freie. Zwanzig Meter entfernt glitzerte im Mondschein das Gewächshaus zwischen den Bäumen. Nick führte Riley auf dem ausgetretenen Weg zu dem kleinen Glasgebäude.
    Vor dem Eingang sah er Riley an. »Und was hat sie über mich gesagt?«
    »Dass Sie eine Nuss sind - genau genommen eine Walnuss - und dass ich Sie nur mit einem schweren Hammer knacken kann.«
    »Ach, da hatte ich aber weit Schlimmeres befürchtet«, sagte Nick. »Augenblick mal - bin gleich wieder da.« Er verschwand in dem Gewächshaus und erschien kurz darauf
mit zwei Gläsern in der Hand wieder in der Tür. Er gab Riley eines davon: ein Weckglas, auf dem mit dem Deckelring oben ein Kaffeefilter fixiert war.
    »Los, kommen Sie«, sagte er. »Ich möchte Ihnen was zeigen.« Dann drehte er sich um und ging zu einem Weg, der sich gemächlich den Hang hinaufschlängelte und schließlich weiter vorne im Wald verschwand. Riley folgte ihm bis zum Waldrand, blieb dann stehen und spähte in die

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