Totenwache - Thriller
Brücke bildete die erste Reihe der Sportboote einen großen Kreis - dahinter befand sich eine ganze Flottille kleinerer und größerer Motorboote. Von den Booten schallte Musik und Gelächter herüber. Die beiden konnten auf den beleuchteten Decks einzelne Gestalten erkennen.
»Haben Sie nicht gesagt, dass wir den Abend auf Tucker Truetts Firmenyacht verbringen?«, fragte Riley. »Dass wir mit Truett verabredet sind, dass er bereit ist, mit uns über PharmaGen zu sprechen? Und dann haben Sie noch behauptet, dass Sie sich von dem Gespräch näheren Aufschluss über Lassiters Rolle erhoffen.«
»Stimmt ja auch. Mein Gott, Sie wollen aber immer alles ganz genau wissen.«
»Richtig. Los, raus damit.«
Nick fing theatralisch an zu stöhnen. »Okay«, sagte er schließlich, »ich habe zwar eine Verabredung mit Truett, aber … Truett nicht mit mir.«
»Oh, Nick. Oh, Nick, bitte … wollen Sie damit etwa sagen, dass Truett gar nicht weiß, dass wir kommen?«
»Das Schönste an einer Party sind doch ohnehin die Überraschungsgäste.«
Riley fiel die Kinnlade herunter. »Das heißt, Sie haben mich die ganze Zeit belogen. Sie haben doch gesagt, dass er uns für heute Abend auf seine Yacht eingeladen hat.«
»Soweit ich mich erinnere, habe ich bloß gesagt: ›Wir verbringen den Abend mit ihm auf seiner Yacht.‹ Und genau das werden wir auch. Wir müssen bloß noch sehen, wie wir an Bord kommen.«
Sie hatten jetzt das erste Motorboot erreicht, und Nick wünschte dem Kapitän und seiner Ein-Mann-Besatzung freundlich einen guten Abend. Dann ruderte er etwas näher als nötig an das nächste Boot heran, weil er hoffte, dass Riley sich nicht trauen würde, ihn in Gegenwart fremder Leute weiter anzublaffen. Riley sah ihn wütend an. Zwischendurch grüßte sie immer wieder die Passagiere auf den anderen Booten. Dann warf sie ihm erneut zornige Blicke zu.
»Los, kehren Sie um, verdammt noch mal. Drehen Sie sofort um!«
»Nachdem wir schon so weit gerudert sind? Kommen Sie, das Schlimmste haben wir doch bereits hinter uns. Wir sind gleich da. Schauen Sie mal, da drüben?«
Als sie gerade die letzte Reihe der mittelgroßen Sportboote passierten, sahen sie plötzlich ein Stück weiter vorn die Yacht vor sich. Der Respekt gebietende glänzende Rumpf der PharmaGen ragte hoch aus dem dunklen Wasser. Das Schiff war so schlank und so elegant geschnitten,
dass es sich sogar im Ruhezustand zu bewegen schien. Sein Deck wurde auf beiden Seiten vom Bug bis zum Heck von einer Edelmetallreling begleitet. Die Kabinen unter Deck hatten ellipsenförmige Bullaugen, aus denen orangefarbenes Licht nach draußen drang. Vorne und hinten auf dem Deck waren etwa ein halbes Dutzend extrem elegant gekleidete Gestalten zu sehen, die Champagnerflöten in den Händen hielten und angeregt plauderten.
»Nick, wir können doch nicht einfach zu der Yacht rudern und an die Bordwand klopfen.«
»Das wäre in der Tat an Lächerlichkeit kaum zu überbieten.«
»Aber Sie müssen doch einen Plan haben.«
»Habe ich ja auch. Sonst würde ich mir nicht die Mühe machen, extra so weit zu rudern.«
Riley wartete auf eine nähere Erklärung, doch Nick ruderte einfach schweigend weiter. Die beiden befanden sich jetzt fast längsseits des Schiffes. Riley hob den Kopf und sah über sich eine attraktive junge Frau in einem leuchtend roten Abendkleid mit einem extrem tiefen Rückenausschnitt. Dann blickte sie in Nicks Richtung.
»Sie wollen mich wieder mal in Grund und Boden blamieren. Das ist Ihr Plan, hab ich recht?«
»Ich sorge bloß dafür, dass Sie an Bord kommen«, erwiderte Nick. »Ob Sie das als blamabel empfinden, liegt ganz bei Ihnen.«
Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
»Betrachten wir die Situation doch mal logisch«, sagte er. »Wie Sie so treffend angemerkt haben, können wir nicht einfach an die Bordwand klopfen. Ebenso wenig können wir Enterhaken auf das Deck werfen und dann an der Bordwand hochklettern. Folglich müssen wir etwas unternehmen, damit uns die feinen Herrschaften von sich aus
an Bord bitten. Mir ist eine Lösung eingefallen, wie man sie dazu motivieren könnte. Hier ist ringsum alles voll mit Booten. Trotzdem lädt Truett die Leute auf den anderen Booten nicht zu seiner Party ein. Also bleibt uns gar nichts anderes übrig, als uns selbst in Seenot zu bringen, um an Bord zu kommen. Schließlich ist es in der Seefahrt immer noch höchste Pflicht, Schiffbrüchigen beizustehen.«
»Was verstehen Sie denn unter Seenot?
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