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Totenzimmer: Thriller (German Edition)

Totenzimmer: Thriller (German Edition)

Titel: Totenzimmer: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Staun
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die Albrecht-Dürer-Straße weiter entfernt mündete. Maximilian dirigierte mich in Richtung eines cremefarbenen Mercedes, der ein Stück vom Eingang entfernt stand, und öffnete den Wagen mit der Fernbedienung. Dann befahl er mir, mich auf den Beifahrersitz zu setzen, und stieß die Tür zu, die schwer und lautlos wie ein Safe ins Schloss fiel. Er schloss ab, ging ums Auto herum und öffnete es wieder, als er auf der anderen Seite war und selbst einstieg. Während er mit der Pistole in der rechten Hand auf mich zielte, öffnete er mit der linken dasHandschuhfach und holte ein Pillenglas und eine Flasche Cola heraus. Er legte die Cola auf meinen Schoß und versuchte ein paar Pillen aus dem Glas zu schütteln und mir zu geben.
    »Nehmen Sie die zwei hier.« Er wollte mir die Pillen in den Mund zu schieben, aber ich kniff die Lippen zusammen. »Kommen Sie, diese Pillen werden Sie nicht umbringen, die können Sie ruhig nehmen«, fauchte er und sah an mir vorbei. Ich gehorchte, ich wagte es nicht, ihm Widerstand zu leisten, und hatte keine Ahnung, wie ich mich aus dieser Lage befreien, konnte. Meine Gedanken waren wie die gerade Linie eines EKG-Diagramms, das einen Herzstillstand anzeigte, und ich bemerkte kaum, dass Maximilian den beinahe lautlosen Motor anließ, zurücksetzte und langsam in Richtung der größeren Straße fuhr. Ich versuchte mir die Welt einzuprägen, bevor ich sie verließ, als wollte ich etwas an den Ort mitnehmen, an den ich jetzt ging, aber die Welt war in diesem Moment nichts anderes als eine Straße, die so vielen anderen Straßen glich, die ich im Laufe meines Lebens gesehen hatte.
    Als wir nach rechts abbogen, sah ich von der anderen Seite her einen Polizeiwagen in die Straße einbiegen. Ich presste mich mit all meinem Gewicht gegen die Tür und unternahm einen jämmerlichen Versuch, sie mit meinen auf dem Rücken gefesselten Händen zu öffnen. Maximilian beobachtete mich aus den Augenwinkeln und stieß ein leises Lachen aus, sagte aber nichts. Und dann war es zu spät und der Polizeiwagen wieder außer Sichtweite. Wir fuhren mitten durch die Stadt, Tausende von Autos um uns herum, und die Monotonie, das Rauschen des Verkehrs und die gleichförmige Fahrt unterstützen die Wirkung der Pillen, die ich genommen hatte, so dass sich bald ein schwarzer Vorhang vor meine Augen zog und ich verschwand.
     
    Ich stehe irgendwo in der Dunkelheit, Einöde, unter mir Bahnschienen. Maximilians dunkle Augen bohren sich in mich. Sein langer Mantel streift die glänzenden Schienen, und mit ausgestreckter Hand reicht er mir eine
Pistole. Nimm sie, sagt er heiser. Ich nehme die Pistole, schiebe mir den Lauf in den Mund und drücke ab. Mein Hinterkopf explodiert. Es fühlt sich weicher an, als ich erwartet hatte, und ich spüre, dass meine Zähne splittern und in einem Schwall aus Blut und Leben aus meinem Mund gespült werden. In diesem Augenblick stürze ich ins Nichts, wo es nur noch Dunkelheit gibt und das plötzliche, unabwendbare Gefühl der Auslöschung. Ich weiß, das ist der Tod – so fühlt er sich an. Und ich weiß, dass es keine Möglichkeit mehr gibt, diesem Nichts zu entrinnen.
     
    Die Angst, nicht wieder aufzuwachen, weckte mich schließlich wieder. Ich war verschwitzt und panisch. Die Autoscheinwerfer fraßen sich durch das dichteste Dunkel, das ich jemals gesehen hatte. Wir fuhren langsam über einen holperigen Weg. Nach einer Weile registrierte ich, dass wir in einem dichten Nadelwald waren, dessen Zweige weder Mond noch Sterne durchdringen konnten. Weitab von den Lichtern der Stadt: Das musste der Schwarzwald sein. Aber ich wollte nicht sterben, wollte dem unvermeidlichen Nichts, das mir in meinem Traum begegnet war, entgehen. Noch steckte das zweite Messer in meiner Gesäßtasche. Ich blieb ruhig sitzen und tat so, als ob ich schliefe. Ganz langsam spürte ich, dass die Angst vor Maximilian Schöning von mir abfiel und der gleichen Form von Hass und Abscheu wich, die ich auch für Carsten Bjerre und Larry Tang Mortensen empfunden hatte.
    Ich blieb mit leicht geöffnetem Mund und schräg hängendem Kopf sitzen, während ich nachdachte und spürte, wie das Adrenalin durch meinen Körper schoss. Plötzlich war ich wacher, als ich es jemals in den letzten Monaten gewesen war, die Ameisen krabbelten wie wild unter meiner Haut herum. Auf seltsame Weise fühlte ich mich stark, fast übermächtig: Es gab einiges, das Maximilian nicht wusste. Er hatte keine Ahnung, dass mein Toleranzniveau für

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