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Toter Mann

Toter Mann

Titel: Toter Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Wind bewegte. Die Sonne schien stark wie eh und je, während der Himmel noch immer idiotisch blau war. Aber der Wind hatte zugenommen. Winter dachte an Segel, an sich selber, wie er als Junge auf einem Boat draußen im Sund gesegelt war. Im Sommer 1975. War er hierher unterwegs gewesen? Würde das Abenteuer hier enden? Ademar stand wie versteinert mitten auf der Lichtung. Mittendrin gefangen. Würde sein Buch hier enden?
    Winter schaute wieder auf Richardsson hinunter. Wie geht es ihm? Wie geht es uns? Den Umständen entsprechend relativ gut. Sie hatten ein Dach über dem Kopf. Sie lebten. Es war ein schöner Herbsttag. Er spürte die frische Luft durch das zerschossene Fenster. Sie roch nach Salz und Meer. Meersalz und neue Kartoffeln mit Butter und Dill, schoss es ihm blitzschnell durch den Sinn. Nur für Sekunden. Doch die Saison für neue Kartoffeln war längst vorbei. Das möchte ich noch einmal in diesem Erdendasein erleben, dachte er, neue Kartoffeln, Matjes und Branntwein. Daran soll mich der Kerl da draußen nicht hindern. Ich denke nicht daran, zu sterben, jedenfalls nicht vor Mittsommer, wenn es neue Kartoffeln gibt.
    »Gut!!!«, schrie er. »Mir geht es gut!!!«
    Vielleicht war es ja bis zum Anleger zu hören. Hoffentlich nehmen sie es nicht wörtlich. In seinem Kopf hämmerte es. Er hatte zu laut geschrien. Gott, wenn es dich gibt, lass mich die folgende Stunde überstehen. Danach gehe ich ins Krankenhaus. Danach lasse ich alles mit mir machen.
    »Prima«, rief Lejon. »So soll es sein.« Winter vermutete, dass der Gangster hinter dem Baumstamm stand. Dorthin musste er sich geschlichen haben, während Winter unter dem Fenster entlanggerutscht war. Vielleicht hatte Lejon einen Schatten gesehen.
    »Mit Ihnen habe ich keine alte Rechnung zu begleichen, Winter«, rief Lejon. »Sie können gehen, wenn Sie wollen.«
    »Was meinen Sie damit?«, rief Winter zurück.
    »Gehen Sie ruhig. Ich habe nur eine Verabredung mit meinem Freund Richardsson. Er hat auf mich gewartet. Ich werde ihm helfen, von hier wegzukommen.«
    Ihm helfen, von hier wegzukommen. Da sprach ein Irrer. Winter sah Richardsson an, der vom Fenster weggekrochen war und vor der nördlichen Wand kauerte. Er schaute auf, als er seinen Namen hörte.
    »Hauen Sie ab, Winter«, rief Lejon.
    »So einfach ist das nicht, Lejon«, rief Winter.
    »Warum nicht? Ich verspreche, dass Sie nicht zu Schaden kommen.«
    »Niemand soll hier zu Schaden kommen, Lejon.« »Nein, das sag ich doch!«
    »Am besten, Sie fahren zurück in die Stadt«, rief Winter. »Nein, das ist nicht das Beste!«
    »Was ist denn das Beste?«
    »Das hab ich doch eben gesagt! Sie fahren zurück in die Stadt, Winter!«
    »Richardsson nehme ich mit«, rief Winter. »Und Ademar.« »Ademar will nicht mit Ihnen kommen!«
    Winter sah Ademar an. Warum zum Teufel blieb er stehen?
    Warum versuchte er nicht, sich irgendwie in Sicherheit zu bringen? »Ich kann Ademar ja selber fragen«, rief Winter.
    »Jacob und ich sind hier, um etwas zu erledigen«, rief Lejon. »Wir haben ein Buch, das beendet werden muss!«
    »Wo ist Bergenhem?«, rief Winter.
    Er bekam keine Antwort. Ademar stand wie angewurzelt da. Er schien erblindet zu sein, als hätte er sich entschieden, nichts zu sehen oder zu hören.
    »Was ist mit Bergenhem passiert?«, fuhr Winter fort. »Meinem Kollegen. Wo ist er?«
    »Das reicht, Winter. Wir reden jetzt von Ihnen. Verschwinden Sie.«
    »Was haben Sie mit Bergenhem gemacht?«
    Lejon antwortete nicht.
    »Was sollen wir tun?«, hörte Winter Richardsson sagen. »Was werden Sie tun?«
    »Warten«, antwortete Winter. »Wir haben im Augenblick keine andere Wahl.«
    »Worauf warten?«
    »Dass jemand kommt.« Er sah Richardsson an. »Vielleicht Ihr Kumpel Boris, der Kirchendiener. Kann er hier raufkommen?« »Nein ...«
    »Warum nicht?«
    »Weil ich ... ihm gesagt habe, er soll nicht kommen.«
    »Wir müssen Lejon hinhalten«, sagte Winter. »Mit ihm reden. Je mehr Zeit vergeht, umso besser.«
    »Vielleicht will er nicht mehr reden«, sagte Richardsson.
    »Das wollen sie immer«, sagte Winter und rief: »Warum haben Sie Edwards umgebracht, Lejon?« Er bekam keine Antwort.
    »Warum haben Sie ihn umgebracht?«
    »Er wollte aussteigen.« Jetzt klang Lejons Stimme anders, als wäre er plötzlich ein anderer geworden. Die Stimme klang lauter, angespannter. »Er wollte nicht bis zum Schluss mitmachen.« »Bis zu welchem Schluss?«, rief Winter.
    »Bis hierher natürlich. Dies ist das Ende.«

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