Toter Mann
wollte.
Die Parkdecks waren relativ neu, genau wie die Lehrerhochschule darüber. Der Institution hatte es am Stadtrand zwischen Frälunda und Åby nicht gefallen, die Gegend war ihnen zu fein gewesen. Nun waren die Pädagogen mitten in der Stadt gelandet. Winter war nicht sicher, wie sich das auf die Bildung auswirken würde, aber vielleicht würde sie beeinflusst werden, nicht zuletzt von dem, was heute Nacht direkt unter ihrem Fußboden passiert war. Die Wirklichkeit drang aus der Unterwelt herauf.
Das Auto stand auf dem oberen Parkdeck.
Winter und Ringmar warteten, während Torsten Öberg, Lars Östensson und Stefan Arnberg ihre Arbeit erledigten. Das war die moderne Welt. Die Spurensicherung bestimmte, wann die Kripobeamten zum Fundort vorgelassen wurden, dem vermutlichen Ort eines Verbrechens. Dieser sah wie ein Tatort aus. Eine oder mehrere Personen hatten direkt durch die Scheibe auf der Fahrerseite geschossen. Das konnte Winter von der Stelle aus, wo er stand, erkennen. Er sah einen Teil des Hinterkopfes. Richardsson war im Gesicht und vermutlich am Hals getroffen worden. Winter war überzeugt, dass es der Politiker war. Er hatte es Bertil nicht gesagt. Überall war Blut. Der Mann saß zurückgelehnt, als würde er von einer großen Kraft gegen die Rückenlehne gepresst und wäre dort hängengeblieben.
Öberg drehte sich um und nickte. Winter und Ringmar traten vor. Das Licht auf dem Parkdeck war grau, blau und kalt. Es war ein widerwärtiger Ort.
»Es ist Sellberg!«, rief Ringmar.
Das Gesicht hatte Winter noch nie gesehen. Es war völlig entstellt, aber er konnte zumindest erkennen, dass es nicht Richardssan war.
Sellberg schien einen bestimmten Punkt an der Betonwand gegenüber anzustarren. Über dem linken Auge hatte er ein Loch in der Stirn. Es war genau der Punkt, den Winter vor weniger als einer halben Stunde massiert hatte. Er musste einen Reflex unterdrücken, sich wieder den Kopf zu massieren.
»Es wurden ziemlich viele Schüsse abgegeben«, sagte Öberg. »Ich wage noch nicht zu sagen, wie viele.«
Winter nickte.
»Der Mörder wollte offenbar auf Nummer sicher gehen«, sagte er.
»Ein astreiner Gangstermord«, sagte Ringmar . »Was meinst du damit?«, fragte Öberg.
»Hinrichtung ist ein abgenutzter Ausdruck, aber ich verwende ihn in diesem Fall trotzdem«, sagte Ringmar.
»Vielleicht wurden die Schüsse aus reiner Verzweiflung abgegeben«, meinte Winter.
»Und ungefähr aus diesem Abstand«, sagte Öberg. »Das ist im Augenblick schwer zu beurteilen.« Er stand einen Meter von der geborstenen Fensterscheibe entfernt. Der Betonboden war mit Glassplittern bedeckt. Manchmal blitzte Licht auf, als wäre das Auto kreisförmig mit Edelsteinen bestreut.
»Keine Zeugen?«, fragte Winter.
»Nein, bisher nicht«, sagte Öberg. »Aber die Parkwächter haben die Karre ja entdeckt. Die sind hier irgendwo in der Nähe.« Er sah sich um.
»Ist das Parkhaus nachts nicht geschlossen?«, fragte Winter. »Es schließt gegen Mitternacht«, antwortete Ringmar, »und öffnet um halb sechs.«
»Dann ist er also möglicherweise vor zwölf gekommen.« Winter nickte mit dem Kopf zu Sellberg. Er musterte das Auto. Eins der Geschosse war genau unter der Fensterscheibe in die Karosserie eingedrungen.
»Es gehört diesem Politiker. Das Auto hat vor Sellbergs Haus gestanden, als wir dort waren und den Vorfall mit den Schüssen überprüften«, sagte Östensson.
»Richardsson, ja«, sagte Winter.
»Diesmal haben sie Sellberg getroffen«, sagte Ringmar.
»Falls die Kugeln für ihn bestimmt waren«, entgegnete Winter. »Das steht ja wohl definitiv fest.«
»Ich weiß nicht, Bertil. Richardssons Auto. Vielleicht hat der Mörder geglaubt, es sei Richardsson.«
Ringmar nickte.
»Ein toter Sellberg in Richardssons Auto.« Winter schaute auf die Uhr. »Ich fürchte, wir müssen den Gemeinderat sehr früh stören.«
»Wir haben einen Blick in den Kofferraum geworfen«, sagte Arnberg. »Er ist leer.«
»So viele Gangsterabrechnungen wollen wir hier nicht haben.« Winter sah sich um. Vereinzelte Autos waren abgestellt, Dauerparker. Die Miete musste sauteuer sein. Auf dem unteren Deck standen noch mehr Autos.
»Wir brauchen Angaben über sämtliche Autobesitzer«, sagte er. »Richardsson hatte vielleicht eine Genehmigung, und es gibt einen Grund, dass Sellberg ausgerechnet hier geparkt hat.« Er sah Ringmar an. »Wir lassen hier heute keinen weg.«
»Nein. Für den Job brauchen wir etwa zwanzig Leute.«
Die
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