Toter Mann
Balkontür. Er sah blass aus, er wartete noch immer. Es musste ein furchtbares Leben sein, warten zu müssen und vielleicht schon zu wissen, dass am Ende alles den Bach runtergehen würde. So möchte ich nicht leben. Ich würde etwas dagegen unternehmen. Aber dazu ist er nicht imstande. Genau wie der andere arme Hund. Einmal hatte er die Wahl gehabt, und dann war alles zu spät gewesen.
»So wird das in Zukunft klingen«, sagte Lejon. »Was ... meinst du?« Lejon streckte einen Arm aus. »Die Stille natürlich.«
Der andere lauschte auf die Stille. Sie war da. Auf dem Fluss bewegten sich Schiffe, auch das gehörte zur Stille. Die Möwen schrien und lachten, das war die Stille. Erst in der Stille konnte man sie hören. So war es mit den meisten Geräuschen, die zum wirklichen Leben gehörten. Genau das liebte er. Abends, wenn die Bauarbeiter nach Hause gegangen waren, kehrte Stille ein. Tagsüber schaltete er ab oder hielt sich fern. Er hielt sich fast immer fern. Würden die Bauarbeiten auch abends weitergehen, müsste er etwas dagegen unternehmen. Das konnte er, er konnte gegen alles etwas unternehmen.
»Mein Auto ist beschädigt worden«, sagte Lejon. Der andere schwieg.
»Das hat mir nicht gefallen.« »Nein.«
»In der Stadt kurvt ein Auto herum, an dem der Lack von meinem Auto klebt«, sagte Lejon.
»Ja.«
»Ich werde dieses Auto finden.«
»Ja.«
»Darauf freue ich mich.« »Ich ... muss jetzt gehen.«
»Sei vorsichtig«, sagte Lejon und brach in Gelächter aus.
Aneta Djanali und Winter standen vor Sellbergs Haus, in dem sie nichts gefunden hatten, weder Lebendiges noch Totes. Winter massierte einen Punkt über seinem Auge. Aneta Djanali schwieg. Winter ließ die Hand sinken.
»Was ist mit euch los, Aneta? Mit dir und Fredrik?«
Sie zuckte zusammen, als hätte er sie mit einem spitzen Gegenstand gepikst.
»Probierst du deine Verhörmethoden an mir aus?«, fragte sie. »Nein. Das ging mir nur so durch den Kopf. Ich möchte es wissen.«
»Warum?«
»Warum? Weil ihr mir nicht gleichgültig seid, natürlich. Aber du brauchst nicht zu antworten.«
Sie schien zu überlegen. Winter sah Ringmar durch eines der Fenster. Er schien etwas auf dem Küchenfußboden zu untersuchen. Der Schriftsteller war gegangen. Winter hatte ihn etwas harsch behandelt. Das war sehr ungewöhnlich. Er war im Begriff, ein anderer zu werden. Es war ein Zufall, es gehörte zum Job. Nein, es gehörte absolut nicht zum Job. Er machte eine Krise durch, halt, keine Krise. Er hatte nur ganz kurz den Humor verloren. Er hatte Schmerzen. Jetzt ließen sie nach.
»Ich weiß es nicht«, sagte Aneta schließlich. »Ich weiß nicht, ob ich ... zum Beispiel ausgezogen bin.« Sie lachte auf. »Das klingt, als wüsste ich nicht, wo ich wohne, nicht?«
»Ja.« Winter lächelte.
»Herrje«, sagte Aneta Djanali. »Ich weiß nicht, was momentan mit mir los ist.«
Winter schwieg.
»Heute habe ich bei einer Freundin übernachtet. In der Stadt. Und eigentlich weiß ich nicht, warum.« »Ist etwas passiert?«
»Mit Fredrik? Wie meinst du das?« »Ist etwas Besonderes passiert?«
»Nein, nicht so, wie du denkst. Ich kann mich über nichts beklagen. Es wurde nur ... ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht.« »Was soll jetzt werden?«
Sie zögerte mit der Antwort. Die Tür wurde geöffnet, und Ringmar kam aus dem Haus.
»Ich ... wir werden heute Abend darüber sprechen«, sagte sie. »Derjenige, der hier gewohnt hat, scheint das Haus für eine längere Abwesenheit vorbereitet zu haben«, sagte Ringmar.
»Ich bin nicht ganz sicher, ob ich das verstehe«, sagte Winter. »Als hätte Sellberg geplant, länger wegzubleiben«, erklärte Ringmar. »Als hätte er vorgehabt, sich auf eine lange Reise zu begeben.«
»Gewissermaßen stimmt das ja auch«, sagte Winter.
Ademar öffnete die Tür, bevor sie anklopfen konnten.
»Ich habe Sie kommen sehen«, sagte er zu Winter und Aneta Djanali. Ringmar war zurück ins Präsidium gefahren.
»Ich bitte um Entschuldigung, dass ich vorhin etwas schroff zu Ihnen war«, sagte Winter.
»Schon vergessen. All die verdammten Neugierigen sind vermutlich ganz schön nervig. Treten Sie ein.« Die Diele war groß.
»Sie können Ihre Jacken auf den Stuhl dort legen«, sagte Ademar. Er führte sie ins Wohnzimmer, dessen Fenster auf die Straße hinausgingen.
»Bitte, nehmen Sie Platz. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«
»Nein, danke«, sagte Aneta Djanali. »Waren Sie neugierig?«, fragte
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