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Toter Mann

Toter Mann

Titel: Toter Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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dem Flugplatz von Palermo gewartet hatte. Er war vorbeigegangen, hatte Winter angeschaut und mit einem traurigen Lächeln »Snake eyes« gesagt. Es war wie ein Traum gewesen, ein richtiger Traum. Eric »Snake eyes« Winter. Er zog eine Grimasse, um Lilly zum Lachen zu bringen. Nein, sie hatte keine Schlangenaugen. Er war keine Schlange, die Schlange im Paradies. Er ging in die Küche und legte das Päckchen mit den Seezungen und Krabben auf den Tisch.
    »Ich hab keinen Dill mitgebracht«, sagte er, »weil ich die Krabben zum Fisch mit ein bisschen Curry bräunen will.« »Ich hab jetzt schon Hunger«, sagte Angela. »Hast du mittags nichts gegessen?«
    »Ein belegtes Brötchen in der Cafeteria.«
    »Weiß die Frau Doktor nicht, dass man tagsüber gesund essen soll?«
    »Möchtest du ein Glas Wein?«
    »Da wir gerade von gesund reden - ja.«
    Er grillte die Seezungen in der Grillpfanne und briet Krabben und Knoblauchscheiben kurz in Butter und Sonnenblumenkernöl mit einer senegalesischen Currymischung an. Die Krabbenbutter träufelte er über die Fische auf den vorgewärmten T eller. Die O kraschoten aus der Markthalle hatte er kurz gekocht. Angela halbierte Flaschentomaten, während Winter den Kartoffelbrei stampfte und ein wenig mehr Wein trank. Der Tag vor dem Fenster war erloschen und der Himmel wunderbar blauschwarz. Vielleicht die schönste Farbe des Jahres.
    Lilly mochte alles.
    »Sogar die Okraschoten«, sagte Angela.
    »Das verbinde ich eigentlich am meisten mit indischem Essen«, sagte Winter.
    Lilly war kurz vorm Einschlafen.
    Winter hob sie hoch und trug sie in ihr Zimmer. Vor einigen Monaten hatte sie sich ein eigenes Zimmer gewünscht, und jetzt hatte sie eins. Die Wohnung war groß genug.
    Angela war am Tisch sitzen geblieben.
    Winter setzte sich zu ihr und schenkte noch ein Glas Gewürztraminer ein. Er war nicht mehr ganz so kühl.
    »Wirst du morgen nicht ziemlich müde sein?«, fragte sie. »Ich bin jetzt schon müde.«
    »Was ist das für eine Antwort?«
    »Gleich trinke ich noch einen Whisky, dann werde ich noch müder.« »Ja, ja.«
    »Was meinst du mit ja, ja?«
    »Nichts, Erik. Fang nicht schon wieder an.«
    »Nichts? Fang nicht schon wieder an? Was ist denn das für ein Schnack?«
    Er spürte erneut das Ziehen unter der Schädeldecke, das sich wie ein Netz aus Stahl über seinen Hinterkopf legte. Jetzt war es keine Migräne mehr, sondern irgendein anderer Scheiß.
    Angela erhob sich jäh und verließ die Küche. Er blieb sitzen, leerte das Glas, wog es in der Hand und überlegte, ob er es an die Mosaikfliesen über der Anrichte werfen sollte. Er schloss die Augen, stellte das Glas zurück und stand auf.
    Angela saß im Wohnzimmer. Ihr Gesicht konnte er nicht sehen.
    Im Zimmer brannte kein Licht.
    »Mein Gott, Erik, es gibt Medikamente«, sagte sie. »Wofür?«
    »Gegen Migräne natürlich. Das ist doch ein Wahnsinn. Ich habe dir was aufgeschrieben, aber du holst es nicht ab.« »Im Augenblick habe ich keine Migräne.«
    »Es scheint aber so.«
    »Was meinst du?«, fragte er.
    Sie antwortete nicht. Er setzte sich. »Okay, okay«, sagte er.
    Sie drehte sich zu ihm um, und er sah, dass sie weinte. Er fühlte sich wie ein Schwein, wie ein kindisches Schwein. Diese verdammten Kopfschmerzen hatte er verdient. Komm, lieblicher Schmerz, komm für ewig. Er konnte sich nicht rühren. Nicht einmal das konnte er, aufstehen, zu ihr gehen und sie fest in die Arme nehmen. Was ist eigentlich los? Wer bin ich denn? Auslösende Faktoren: zu wenig oder zu viel Schlaf, grelles oder blitzendes Licht, unregelmäßige Mahlzeiten, Nahrung wie kräftiger Käse, Schokolade, Zitrusfrüchte oder Rotwein, schwere Düfte, Wetterumschwung. Nichts dergleichen. Das Telefon klingelte. Das Geräusch zerschnitt die Stille. Er ging in den Flur und hob ab. Schon seit Jahren hing das Telefon an der Wand, schon bevor Angela eingezogen war. Bevor sie eine Familie wurden. Das Wandtelefon war ein Anachronismus und bald bin ich auch einer. Ein Klischee, ein kindisches Klischee.
    Das antike Ding hatte kein Display. Er machte sich keine Sorgen. Das Telefon hatte eine Geheimnummer, eine von mehreren. »Ja, hier ist Erik.«
    »Papa! Darf ich bei Clara übernachten?!« »Ich ... weiß nicht, Mäuschen.«
    »Bitte! Ihre Mama hat es erlaubt!«
    »Und was sagt ihr Papa dazu?« »Er sagt auch, dass ich darf.«
    »Ist das wirklich wahr, Mäuschen?« »Klar ist das wahr!«
    »Warte mal eben. Ich werde Angela fragen.«
    »Aha«, sagte Elsa. »Warum

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