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Toter Mann

Toter Mann

Titel: Toter Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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früher, viel mehr. An der einen Ecke stand eine Telefonzelle. Er hatte gehofft, dass es sie noch geben würde. Die letzte Telefonzelle der Stadt. Er ging hinein und stellte fest, dass das Telefon tatsächlich funktionierte. Er wählte die Nummer. Eine Frau in der Zentrale meldete sich.
    »Ich möchte Kriminalkommissar Winter sprechen«, sagte er.
    21.25
    Sie fror. Im Schatten war es kälter als erwartet. Ihr Badeanzug war noch nicht richtig trocken.
    Die Sonne war verschwunden, trotzdem war es noch so gut wie taghell. Und dann traten sie aus dem Schatten und waren zwischen den Klippen, überall Klippen, manche sahen hart aus, andere weich, wie Kissen oder große Sanddünen. Aber es gab keinen Sand. Er verbarg sich unter dem Wasser. Die Bucht und das Meer zu ihren Füßen glitzerten. Vielleicht war es die Sonne, die das Wasser erleuchtete, während sie unterging.
    »Von hier kann man weit sehen«, sagte er. Sie nickte.
    »Ist dir kalt?«
    »Nein ... nicht mehr.«
    »Hörst du es?« Er zeigte auf das Meer. »Nee, was denn?«
    »Ich glaube, da kommt ein Boot«, sagte er.
    Sie lauschte. Vielleicht war es Motorengeräusch. Aber zu sehen war nichts. Jetzt spürte sie einen Windhauch. Er war kalt, als wäre es plötzlich Herbst geworden, innerhalb von Sekunden.
    »Lass uns zurückgehen«, sagte sie. »Ich will hier weg.«
    »Es ist weit«, sagte er.
    »Wie sollen wir sonst zurückkommen?« Sie schauderte. »Ich friere.«
    Das Boot tauchte hinter der Klippe auf, die von allen Seiten wie ein Pferdekopf aussah. Sie nannte die Klippe Pferdeberg, aber sie wusste nicht, ob sie wirklich so hieß. Wahrscheinlich hatte sie gar keinen Namen.
    Die Gesichter auf dem Boot leuchteten wie Punkte, das musste die Reflexion des glitzernden Meeres sein.
    »Wir kriegen offenbar Besuch«, sagte er.
    Das Boot glitt in die Bucht, und der Motor verstummte. Sie sah ein Ruder über die Reling ragen. Es war ein Plastik boot, und der Motor war fast größer als das Boot.
    »Kennst du die?«, fragte sie.
    »Du etwa nicht?«, fragte er zurück und drehte sich zu ihr um.

16
    Wohl zum fünftausendsten Mal fuhr Winter mit dem Fahrstuhl am Vasaplatsen zu seiner Wohnung hinauf. Er kannte jede Runzel von Fred Fahrstuhl, wie seine Töchter ihn jetzt nannten. Zuerst Elsa und dann Lilly. Fred Fahrstuhl. Er war mit Mahagoni verkleidet und seufzte, wenn er sie in den vierten Stock brachte. »Vielen Dank«, sagte Winter, wenn er ausstieg und die hübsche Gittertür hinter sich zuschlug. Der nette Fahrstuhl war vielleicht einer der wichtigsten Gründe, dass er bisher nicht vom Vasaplatsen weggezogen war. Das Grundstück am Meer hatte einen schönen Strand. Ein eigener Strand. Lass es dabei bewenden.
    Im Augenblick herrschte Ruhe in seinem Kopf. Der Schmerz war weitergezogen zu einem anderen armen Schwein, vorübergehend. Handelt es sich um einen einzigen Schmerz, der zwischen uns hin- und herfließt? Wie das Böse an sich. Aber bösartig sind wir ja selber, genauso wie der Schmerz. Solche Gedanken konnten einem Kriminalkommissar durch den Kopf gehen, während er seine Wohnung betrat. Lilly wartete schon im Flur. Er hob sie hoch und küsste sie, pustete ihr hinters Ohr, und ihr blieb vor Lachen fast die Luft weg.
    Angela kam mit einem Handtuch um den Kopf aus der Küche.
    Sie sah aus wie ein Wüstenbewohner, ein weiblicher Scheich. »Wo ist Elsa?«, fragte Winter.
    »Ich habe ihr erlaubt, bei einer Freundin Abendbrot zu essen.« »Bei wem?«
    »Clara. Sie wohnt auf der Erik Dahlb ...« »Ich weiß«, unterbrach Winter. »Entschuldige.«
    »Du brauchst deswegen nicht gleich sauer zu werden.« »Ich bin doch nicht sauer. Wer ist denn hier sauer?« »Meinst du etwa, ich?« Winter setzte Lilly ab.
    Sie sah plötzlich besorgt aus und steckte zwei Finger in den Mund zum Trost für das, was vielleicht kommen würde. Schlechtgelaunter Vater, schlechtgelaunte Mutter. Was war los? Winter spürte, wie Irritation über seinen Schädel kroch. Er wollte sie nicht, konnte das Gefühl jedoch nicht aufhalten.
    »Soll ich vielleicht wieder gehen?«, fragte er.
    »Was soll das dumme Gerede?«, sagte Angela. »Ich hab geglaubt, dass wir uns nicht mit solchen Kindereien abgeben würden.«
    Lilly schaute zu ihm auf. Sie sah aus, wie Angela vermutlich auch einmal ausgesehen hatte. Lilly hatte Angelas Nase und Kinn. Was sie von ihm mitbekommen hatte, wusste er nicht. Vielleicht die Augen. Schlangenaugen. »Snake eyes«, wie einmal ein indischer Wahrsager zu ihm gesagt hatte, als er auf

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