Toter Mann
und verschwand. Winter hörte seine Stimme im Hintergrund. Dann war sie wieder da. »Der Wagen ist unterwegs nach Lunden. Soll ich dich irgendwo aufsammeln?« »Du brauchst nicht mit rauszufahren, Bertil.«
»Ich hatte ohnehin nichts vor.«
»Was macht Birgitta?«
»Keine Ahnung.«
»Ist sie nicht zu Hause?« »Nicht dass ich wüsste.« »Gibt's Probleme?«
»Ich bin in zehn Minuten da«, sagte Ringmar. »Kommst du runter?«
»Ich gehe gar nicht erst rauf«, antwortete Winter.
Das Haus des Schriftstellers war genauso dunkel wie das Todeshaus nebenan.
»Ich möchte lieber nicht klingeln«, sagte Ringmar.
»Du hast immer Schiss gehabt, abgewiesen zu werden, Bertil.« Winter stieg aus Ringmars Auto, ging durch die Pforte auf die Haustür zu und klingelte, wartete und klingelte noch einmal. »Niemand zu Hause«, sagte er, als er zum Auto zurückkam.
»Wollen wir einbrechen?«
»Hier auch? Bald haben wir das ganze Viertel durch.« Ringmar zuckte mit den Schultern.
»Möchte mal wissen, wo er ist«, sagte Winter. »Der Schriftsteller.«
»Hoffentlich ist nichts passiert«, sagte Ringmar. »Machst du dir Sorgen?«
»Nicht genug.«
»Es könnte auch Richardsson gewesen sein«, sagte Winter. »Auf dem Parkdeck.«
»Es könnte sonst wer gewesen sein. Jemand, der sich nur zufällig dort aufgehalten hat.«
»Nein. Er ist mir gefolgt. Er hat sich versteckt.«
»Vielleicht wollte dich jemand ausrauben und hat geglaubt, du seist ein reicher Snob, der vielleicht ein bisschen beschwipst ist.« »Damit hatte er recht«, sagte Winter.
»Mir scheint, du riechst nach Whisky.«
»Es ist schon eine ganze Weile her, seit ich etwas getrunken habe.«
»Was machen wir jetzt?«
Winter antwortete nicht. Ringmar wiederholte seine Frage.
Winter schien in Gedanken weit weg zu sein.
»Da gibt es einen Zusammenhang«, sagte er schließlich. »Welchen?«
»Das versuche ich ja herauszufinden. Hier besteht ein Zusammenhang, den ich nicht richtig erkennen kann. Aber es gibt ihn, das spüre ich.«
»Ein Puzzle, meinst du?« »lch glaube, ja.«
»Wir müssen nur noch die Teile finden?«
»Ja.«
»Und wenn es sie nicht gibt?«
»Dann ist es kein Puzzle, Bertil.« Winter lächelte. »Dann ist es ein Mysterium.«
»Okay, zwischen wem oder was gibt es einen Zusammenhang?«
»Wir haben ein leeres gestohlenes Auto auf der Älvsborgsbrücke. Keinerlei Spur von den Dieben. Die Türen stehen offen, der Motor läuft, niemand im Wasser.«
»Keine Leiche«, sagte Ringmar.
»Nein, keine Leiche. Erst als Bengt Sellberg perforiert in Jan Richardssons Auto gefunden wird.«
»Das er geliehen hat.«
»Ja, genau.«
»Und vorher hatte Ademar eine Auseinandersetzung mit Sellberg«, sagte Ringmar.
»Gibt es da einen Zusammenhang?«
»Hast du nicht gesagt, dass alles miteinander zusammenhängt?«
»Was haben wir noch?«, fragte Winter. »Richardssons Verschwinden.« »Natürlich.«
»Und weiter?«
»Wir müssen uns ein bisschen mit Richardsson unterhalten.« »Wenn wir können.«
»Hm, ja, wenn wir können.«
»Vielleicht ist er ein Teil des Puzzles«, sagte Ringmar. »Dann ist alles klar.«
»Was ist klar?«
»Das mit dem Mord natürlich. Er hat ihn begangen. Beziehungsdrama.«
»Das kann man nur hoffen«, sagte Winter.
»Das Letzte, was einen verlässt, ist die Hoffnung«, sagte Ringmar.
»Was ist mit dir und Birgitta?«
»Sie hat wahrscheinlich den ganzen Scheiß satt.« »Welchen Scheiß?«
»Mich zum Beispiel.«
»Aha, das kann man ja verstehen.« »Wollen wir fahren?«
Winter starrte hinaus in die Nacht. Formell war es jetzt Nacht, nach Mitternacht. Auf der Skånegatan war wenig Verkehr. Ullevis schwarze Scheinwerfermasten sahen aus wie die Kräne auf der toten Werft. Früher hatte das Wasser Leben für die Werften bedeutet. Er dachte an Wasser. Er dachte an Ademars Buch. Er dachte laut: »Vielleicht hatte sie beschlossen, über die Bucht zu schwimmen.«
Ringmar fuhr am Kino-Center Bergakungen vorbei. Der Tempel, in den alle gingen, die Angst vor dem Leben hatten. Er selber hatte im Großen und Ganzen aufgehört, ins Kino zu gehen. Er war zu faul.
»Von wem redest du, Erik?«
»Von einem Mädchen, das vor Jahren aus dem Sommerlager auf Brännö verschwunden ist. Früher hat es dort ein Sommerlager gegeben. Als ich ein Junge war.«
»Habe ich schon mal was von dem verschwundenen Mädchen gehört?«
»Ich weiß es nicht, Bertil. Ich habe es tatsächlich selber vergessen. Ademars Projekt hat mich daran
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