Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toter Mann

Toter Mann

Titel: Toter Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
Vom Netzwerk:
niemanden, den Sie anrufen können? Ich kann jemanden bitten, zu Ihnen zu kommen.«
    Sie schüttelte den Kopf. Ich kann sie nicht zwingen, dachte er.
    Aber es ist merkwürdig, dass sie hier allein ist. Warum ist sie allein? Seine Hand lag noch immer auf ihrer Schulter. Ihr Körper war warm. Vielleicht sind meine Hände kalt, dachte er . Wovor hat sie solche Angst? Es geht nicht nur darum, dass ihr Mann verschwunden ist. Es geht um mehr. Sie weiß etwas, schon lange.
    Berit Richardsson bewegte sich. Winters Blick wurde von ihren Brüsten angezogen, ohne dass er es verhindern konnte. Sie war ungefähr in seinem Alter, etwas jünger oder etwas älter. Sie hatte ein schönes Gesicht. Selbst in diesem Moment war es schön. Winter spürte noch immer die Wärme ihres Körpers. Plötzlich sah sie zu ihm auf. Einem Impuls folgend, hätte er fast die Hand ausgestreckt, um die Tränen von ihren Wangen zu wischen. Er ließ ihre Schulter los und drehte sich zum Fenster um. Er sah ein Gesicht im Fenster. Erik begegnete seinem Blick. Der Junge hatte schon Gott weiß wie lange dort gestanden. Winter hob die Hand zum Gruß. Das Gesicht des Jungen verschwand. Inzwischen war die Sonne aufgegangen. Es würde ein weiterer unbegreiflich schöner Tag werden.
    Seine Augen schmerzten, als er vom Auto auf das Polizeipräsidium zuging. Er kehrte noch einmal um und holte seine Sonnenbrille. Sobald er sie aufsetzte, verschwand der Schmerz.
    Er sah Halders vor dem Eingang warten.
    »Wie geht's deinem Schädel?«, fragte Halders.
    »Danke der Nachfrage«, sagte Winter und nahm die Sonnenbrille ab.
    »Mit meinem Schädel ist alles in Ordnung.« Halders strich sich über die glänzende Platte. »Gut.«
    »Alles ist in Ordnung.« »Gut.«
    »Mir geht es erschreckend gut«, sagte Halders. »Mir ist es im Leben noch nie so gut gegangen wie an diesem ungemein schönen Herbstmorgen. Man kann ja nicht mal behaupten, es sei Herbst.« Er lächelte. »Es ist phantastisch, das erleben zu dürfen, oder?«
    »Ja, wirklich«, sagte Winter. »Hast du mit Aneta gesprochen?« »Wie bitte?«
    »Aneta, Aneta Djanali, die in diesem Dezernat arbeitet. Eine schwarze Frau. Behauptet, sie sei im Östra-Krankenhaus geboren worden. Mit der ich zusammenlebe, oder zusammengelebt habe. Hast du mit ihr gesprochen? Hat sie dir erzählt, dass sie zu Hause ausgezogen ist?«
    »Wohl kaum«, antwortete Winter.
    »Wohl kaum? Was zum Teufel ist das für eine blöde Antwort?« »Sie will nicht darüber reden, Fredrik.«
    Halders betrachtete den Himmel. Er war unbegreiflich blau.
    Genauso unbegreiflich wie das erschreckend phantastische Leben. Winter wusste nicht, was er tun sollte. Sollte er für Halders' Versetzung sorgen? Nach all den Jahren wollte er die Mannschaft nicht auseinanderreißen, aber vielleicht war sie auf dem besten Weg, auseinandergerissen zu werden. Sie war nicht stärker als ihr schwächstes Glied, wie es so schön hieß. Vielleicht war er selber in diesem Augenblick ein schwaches Glied. Oder war es gewesen. Plötzlich fühlte er sich stärker. Seine Augen taten nicht weh, auch der Kopf nicht. Die Migräne war unterwegs zu einem anderen armen Hund unter einem anderen, einem grauen Himmel. Vielleicht würde die Krankheit nie mehr zurückkehren.
    »Sie hat recht. Darüber gibt's nichts zu reden«, sagte Halders. »Fredrik ...«
    »Ich weiß schon, was du sagen willst«, unterbrach ihn Halders. »Aber ich bin professionell, und das ist sie auch.«
    »Das wollte ich gar nicht sagen.«
    »Ein total blödes Wort übrigens«, fuhr Halders fort. »Professionell.«
    »Ich hab es auch noch nie gemocht.« Winter lächelte.
    »Das klingt ja, als würde man aufhören zu denken. Als wäre man eine Maschine. Als würde alles darauf hinauslaufen.« »Manchmal hat es den Anschein«, sagte Winter.
    »Finde ich nicht. Aber manchmal wünscht man schon, man wäre es. Eine Maschine.«
    »Was hast du heute Abend vor?«, fragte Winter.
    »Wa … ich bin wahrscheinlich zu Hause. Schließlich habe ich Kinder. Warum fragst du?«
    »Vielleicht sollten wir zusammen ein Glas trinken gehen.« »Du und ich, meinst du?«
    »Ja.«
    »Mensch, Erik, hast du mir jemals so eine Frage gestellt?« »Ich weiß es nicht, vermutlich schon.«
    »Daran kann ich mich aber nicht erinnern.«
    »Was meinst du? Kriegst du einen Babysitter für ein, zwei Stunden?«
    »Ich kann ja Aneta fragen«, sagte Halders und brach in hysterisches Gelächter aus.
    In Winters Büro klingelte das Telefon, ein einsames Klingeln, als

Weitere Kostenlose Bücher