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Toter Mann

Toter Mann

Titel: Toter Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Medikament gegen Migräne. Er hatte es tatsächlich abgeholt und angefangen, es zu nehmen. Es half nicht. Also hatte er keine Migräne. Das hatte er sich schon gedacht. Es war etwas Ernsteres, sie fanden es nur nicht heraus. So war es immer, das wusste doch jeder. Die wirklich schlimmen Krankheiten blieben im Anfangsstadium unerkannt, niemand fand etwas, alle Tests waren negativ.
    Das Hämmern in seinem Kopf klang langsam ab. Was ist das?
    Für einen Moment hatte er nur verschwommen sehen können. Der Fattighusån schien wie ein Nebel zwischen den gelben Klinkerbauten dahinzufließen. Die Bäume im Park waren schwarze Wesen, die sich am Rande seines Gesichtsfeldes bewegten. Er schloss die Augen, und die Welt wurde rot. Als er die Augen wieder öffnete, war um ihn immer noch alles rot. Er hörte ein erneutes Hämmern im Kopf, nein, es waren die Ohren, es war kein Hämmern, sondern ein Klingelgeräusch, das von hinten kam.
    Winter machte einen Schritt zurück vom Fenster und hörte das Telefon. Der Schmerz war verschwunden. Er war genauso schnell wieder verschwunden, wie er gekommen war, wie das Aufblitzen eines Sonnenstrahls. Er ging zu seinem Schreibtisch und hob ab.
    »Ja?«
    »Hier ist ... Ademar. Jacob Ademar.« »Wo sind Sie gewesen?«
    »Wieso gewesen? Ich war unterwegs.« »Und wo?«
    »Was soll die Frage? Ich habe für mein Buch recherchiert. Was soll das?«
    »Haben Sie schon einmal angerufen?«, fragte Winter. »In den letzten Stunden?« »Nein ...«
    »Sind Sie heute Nacht zu Hause gewesen?« »Nein.«
    »Wo sind Sie im Augenblick?«
    »Auf dem Weg nach Sto ...« Die Stimme verschwand. Winter hörte das Rauschen in der Leitung. Ademar saß im Zug nach Stockholm.
    Winter wählte Ademars Nummer und hinterließ eine Nachricht auf seinem reisemüden Handy. Es war noch nicht an der Zeit, die Notbremse zu ziehen.
    Das Telefon klingelte erneut. »Ja?«
    »Hier unten ist eine Frau, die Sie sprechen möchte.« Es war die Rezeption.
    »Wer ist es?«
    Winter hörte Stimmen im Hintergrund. Dann war die Frau in der Rezeption wieder dran: »Sie sagt, sie heißt Sellberg, Marie Sellberg.«
    »Ich komme runter!«
    Die Frau wartete neben dem hübschen Kunststoffsofa in der Rezeption. Winter streckte die Hand aus.
    »Erik Winter.«
    »Marie Sellberg.«
    Derselbe Familienname. Winter sah keinen Ring an ihrem Finger. Sie war in seinem Alter, ungefähr fünfundvierzig, hochgewachsen, ein schmales Gesicht, blonde Haare, nichts an ihr erinnerte an den Bruder. Aber Winter hatte ja nur seine Totenmaske gesehen.
    »Was ist eigentlich passiert?«, fragte sie.
    »Wir fahren rauf in mein Büro«, sagte er. »Aber um was geht es? Wie ist er gestorben?«
    »Bitte hier lang«, sagte Winter, so sanft wie möglich.
    Im Fahrstuhl starrte sie schweigend auf die Kabinenwand. Sie weiß es, dachte Winter. Irgendwie hat sie es erfahren.
    In seinem Büro bot er ihr den Stuhl vor dem Schreibtisch an. Er sah plötzlich so hart aus.
    »Möchten Sie etwas trinken? Eine Tasse Kaffee?« Sie schüttelte den Kopf.
    »Würden Sie es mir jetzt bitte erzählen?«
    Winter berichtete das Notwendigste. Sie sah aus, als würde sie ihm nicht glauben.
    »Mein Beileid«, sagte er.
    Sie schaute ihn an, als würde er einen Witz machen. Oder als fragte sie sich, ob er es ehrlich meinte, dass ihm leid tat, was passiert war. Als er »Mein Beileid« gesagt hatte, war sie zusammengezuckt.
    »Vielen Dank, dass Sie gekommen sind«, sagte er. Sie nickte kaum wahrnehmbar.
    »Ich habe schon geahnt, dass er tot ist, als ich die Polizei auf meinem Anrufbeantworter hatte.«
    »Ja.«
    Dass Sellberg eine Schwester hatte, das hatten sie gewusst. Die Eltern waren verstorben. Die Schwester wohnte in Göteborg. Möllerström hatte sie angerufen, aber es hatte niemand abgenommen. »Ich war verreist«, sagte sie.
    Winter nickte.
    »Ist er es wirklich?«, fragte sie. »Ja.«
    »Ich brauche ihn nicht ... zu identifizieren? Im Leichenschauhaus oder so?«
    »Nein, nein, das ist nicht nötig.«
    Winter sah, dass ihr Blick zu dem Panasonic auf dem Fußboden wanderte. Ja, er wirkte seltsam in diesem Raum.
    »Ich nehme unser Gespräch nicht auf«, sagte Winter und nickte mit dem Kopf zu dem Gerät.
    Sie schwieg.
    »Ich möchte, dass Sie mir etwas von Ihrem Bruder erzählen.«
    »Was soll ich Ihnen denn erzählen?«
    »Wann haben Sie ihn das letzte Mal gesehen?« »Das ist schon ziemlich lange her.«
    »Wie lange?«
    Sie antwortete nicht.
    »Wann haben Sie ihn das letzte Mal gesehen?«,

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