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Totes Zebra zugelaufen

Totes Zebra zugelaufen

Titel: Totes Zebra zugelaufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ball
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sich zu nichts überreden zu lassen, nahm sie die Einladung an. Wenn alles gut ging, um so besser; wenn nicht, dann konnte sie entweder Walter McCormack anrufen, dem sie bereits vertraute, oder Virgil Tibbs.
    Dann fiel ihr ein, daß Tibbs Polizeibeamter war und sie sich kaum an ihn wenden konnte, wenn sie mit persönlichen Problemen nicht fertig wurde. Und ihre finanziellen Probleme waren ja persönlicher Natur.
    In diesem Moment klingelte das Telefon wieder. Sie strich sich das Haar zurück und nahm den Hörer ans Ohr. »Fine Shadows«, meldete sie sich.
    »Hier ist Virgil Tibbs, Miss Boardman. Guten Tag.«
    »Guten Tag, Mr. Tibbs.« Wollte er sie etwa auch einladen?
    »Ich möchte Ihnen nur mitteilen, daß Mr. McCormack mich angerufen hat, um mir von seinem Besuch bei Ihnen zu berichten.«
    »Aha.«
    »Ich möchte Sie um Ihre Unterstützung bitten, weil es sehr wichtig ist. Ich darf das betonen — sehr wichtig.«
    »Ich verstehe«, sagte sie.
    »Gut. Würden Sie mich bitte unverzüglich per R-Gespräch anrufen, wenn sich irgend etwas ereignet, das mit Ihrer neuen Position zusammenhängt? Ich möchte beispielsweise wissen, wenn irgend jemand Sie aufsucht oder anruft, der möglicherweise mit dem Fall zu tun hat. Sie können mich auch ein dutzendmal am Tag anrufen. Ich muß sofort alles erfahren, was geschieht. Ist das klar?«
    »Ja. Ich kann Ihnen gleich den ersten Bericht geben.«
    »Bitte.«
    »Heute morgen rief George Nunn an und lud mich zu einer Party im Haus seiner Eltern ein, die heute abend stattfinden soll. Ich habe angenommen.«
    »Ich wüßte auch keinen Grund, weshalb Sie hätten ablehnen sollen. Ist das alles?«
    »Nein. Mrs. Pratt rief mich an. Kennen Sie sie?«
    »Ja. Erzählen Sie.«
    »Wir telefonierten gerade erst. Sie meinte, daß wir uns angesichts der Umstände kennenlernen sollten, und lud mich für morgen zum Abendessen ein und anschließend zu einem Konzert.«
    »Gehen Sie hin?«
    »Ja.« Sie zögerte einen Moment, dann entschloß sie sich. »Darf ich etwas fragen?«
    »Was denn?«
    »Haben Sie irgendwelche Fortschritte gemacht?«
    »Ja, Miss Boardman. Wenn ich Sie ins Vertrauen ziehe, werden Sie dann das, was ich Ihnen sage, für sich behalten?«
    »Selbstverständlich.«
    »Gut. Ich kann Ihnen so viel mitteilen: Ich glaube zu wissen, was geschah, warum es geschah und wer dafür verantwortlich ist.«
    »Sie kennen den Mörder?« fragte Ellen gepreßt.
    »Ja. Doch wissen und beweisen ist zweierlei. Ich sammle noch Material. Wenn Sie einer dritten Person gegenüber auch nur ein Wort von diesem Gespräch verlauten lassen, können Sie mir die Arbeit unendlich erschweren.«
    »Verlassen Sie sich auf mich«, versicherte Ellen. »Ist die Gefahr vorüber?«
    Eine Weile blieb es still. »Nein, Miss Boardman«, antwortete Tibbs dann. »Deshalb möchte ich ja, daß Sie mich ständig über alles, was Sie tun, auf dem laufenden halten.«

    In den nächsten Stunden schien es Ellen Boardman, als lebte sie in einer Welt der Dunkelheit. Die Hand des Mörders, die ihren Onkel vernichtet hatte, schien sich jetzt nach ihr auszustrecken. Wieder sah sie im Geiste das kalte, stille Gesicht im Leichenschauhaus von San Bernardino, und plötzlich wollte sie davonlaufen und sich verstecken. Sie war nicht feige, doch ihr ganzes Leben hatte sie Schwierigkeiten und Sorgen gemieden, indem sie sich hütete, sie herauszufordern. Jetzt wurden ihr die Sorgen aufgezwungen, und sie fühlte sich schwach und wehrlos. Sie spielte mit dem Gedanken, die Verabredung für den Abend abzusagen. Dann fiel ihr ein, daß Virgil Tibbs gemeint hatte, es gäbe keinen Grund, weshalb sie nicht zu der Party gehen sollte.
    Wieweit konnte sie sich auf seine Worte verlassen? Dann erinnerte sie sich, wie er im voraus ihren Wunsch, Georges Eltern aufzusuchen, erraten hatte, und sie fühlte sich ein wenig leichter. Sie mußte sich einfach auf ihn verlassen. Wenn er unzuverlässig gewesen wäre, hätten ihm seine Vorgesetzten gewiß nicht die Ermittlungen in diesem Fall übertragen.
    Als George sie abholte, war sie fix und fertig. Während sie im Abendlicht die Bergstraße hinunterfuhren, gelang es ihr noch immer nicht, ihren Gedanken Einhalt zu gebieten und sich zu entspannen. Doch aus der Verwirrung schälte sich ein klarer und willkommener Gedanke: George konnte nicht schuldig sein, sonst hätte Tibbs niemals geduldet, daß sie sich mit ihm traf. Sie war froh. Obwohl George aus einem ihr fremden und seltsam scheinenden Kreis stammte, wußte sie,

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