Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan
Menge Reformbewegungen. Warum auch nicht, dachte ich mir. Mönche haben viel Zeit, um über Verbesserungen nachzudenken.
In Quebec fand ich drei Zisterzienserklöster. Eins in Oka, in der Nähe des Lac des Deux-Montagnes, eins in Mistassini, in der Nähe des Lac Saint-Jean. Eins in der Region Montérégie, in der Nähe von Saint-Hyacinthe. Jedes hatte eine Website.
Zwei Stunden brauchte ich, bis ich mich durch eine endlose Schleife von Sites gearbeitet hatte, die alle den klösterlichen Tagesablauf, die spirituelle Reise, die Bedeutung des Begriffes Berufung und die Geschichte des Ordens erläuterten. Doch sosehr ich auch suchte, Mitgliederlisten der Klöster fand ich nicht.
Ich wollte schon aufgeben, als ich auf eine kurze Ankündigung stieß.
Am 17. Juli 2004 wählten die Mönche von l’Abbaye Sainte-Marie-des-Neiges unter dem Vorsitz von Fr. Charles Turgeon, OCSO, ihren achten Abt, Fr. Sylvain Morissonneau, 59. Fr. Morissonneau wurde im Beauce County, Quebec, geboren und studierte an der Laval. Er wurde 1968 zum Priester geweiht und setzte dann seine Studien in den Vereinigten Staaten fort. 1971 trat Fr. Morissonneau in die Abtei ein. Vor seiner Wahl fungierte er acht Jahre lang als Geschäftsführer der Abtei. Er bringt für dieses Amt sowohl praktische wie akademische Erfahrungen mit.
Morissonneau ist also beim kontemplativen Leben geblieben, dachte ich mir, während ich von der Website des Klosters zu Map-Quest Canada klickte.
Sorry, Pater. Mit deiner Abgeschiedenheit ist es jetzt erst einmal vorbei.
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Die Region Montérégie ist ein Agrargürtel, der zwischen Montreal und der amerikanischen Grenze liegt. Gegliedert in sanfte Hügel und Täler, durchflossen von la rivière Richelieu und begrenzt von den Ufern von le fleuve Saint-Laurent, ist diese Region eine Aneinanderreihung von Naturparks und Grünflächen. Parc National des Îles-de-Boucherville. Parc National du Mont-Saint-Bruno. Le Centre de la Nature du Mont Saint-Hilaire. Touristen besuchen den Montérégie wegen der Natur, den landwirtschaftlichen Produkten und um dort Rad oder Ski zu fahren oder zu golfen.
L’Abbaye Sainte-Marie-des-Neiges lag am Ufer von la rivière Yamaska, nördlich der Stadt Saint-Hyacinthe, genau in der Mitte eines Trapezes, das von Saint-Simon, Saint-Hugues, Saint-Jude und Saint-Barnabe-Sud gebildet wurde.
Im Montérégie wimmelt es von Heiligen.
Um neun Uhr zwanzig am nächsten Vormittag bog ich von der zweispurigen Straße auf eine kleinere Teerstraße ein, die sich für etwa eine halbe Meile durch Obstgärten schlängelte, dann scharf nach links abknickte und in der Toreinfahrt einer hohen Steinmauer verschwand. Eine unauffällige Tafel sagte mir, dass ich die Mönche gefunden hatte.
Die Klostergebäude selbst erhoben sich am Rand einer weiten Rasenfläche im Schatten riesiger Ulmen. Die Anlage war erbaut aus Quebecer Graustein und sah aus wie eine Kirche mit Metastasen. Von drei Seiten gingen Flügel ab und von diesen Flügeln noch einmal untergeordnete Flügelchen. Ein vierstöckiger Rundturm erhob sich an der Verbindung des östlichen Flügels mit der Kirche, und am westlichen Gegenstück ragte ein reich verzierter Spitzturm in die Höhe. Einige Fenster hatten Bogenabschlüsse. Andere waren rechteckig und mit Fensterläden verschlossen. Mehrere Nebengebäude lagen zwischen der zentralen Anlage und den Getreidefeldern und dem Fluss dahinter.
Ich brauchte eine Weile, um das alles aufzunehmen.
Von meiner Cybertour wusste ich, dass viele Mönche Zugeständnisse an ökonomische Notwendigkeiten machen; sie produzieren und verkaufen Backwaren, Käse, Schokolade, Wein, Gemüse oder Devotionalien. Einige bieten auch Zimmer für Gäste an, die spirituelle Erneuerung suchen.
Diese Jungs schienen Derartiges nicht im Sinn zu haben. Ich sah keine Holztafel mit einem Willkommensgruß. Keinen Souvenirladen. Kein einziges Auto.
Ich hielt vor der Vorderfront des Gebäudes. Kein Mensch erschien, um mich zu begrüßen oder zu fragen, was ich denn hier wolle.
Dank meiner Zeit im Web wusste ich auch, dass die Mönche von Sainte-Mane-des-Neiges um vier Uhr morgens aufstehen, mehrere Gebetszyklen absolvieren und dann von acht Uhr bis Mittag arbeiten. Ich hatte meinen Besuch so gelegt, dass er in die vormittägliche Arbeitszeit fiel.
Im Februar hatte die Arbeit nichts mit Äpfeln oder Getreide zu tun. Von ein paar Spatzen und Eichhörnchen abgesehen, war nirgendwo ein Lebenszeichen zu entdecken.
Ich stieg aus und
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