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Totgelebt (German Edition)

Totgelebt (German Edition)

Titel: Totgelebt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Hagemann
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schwierig. Wollte sich immer am liebsten unsichtbar machen. Wir haben gedacht, sie wollte sich einfach vor dem Referat drücken. Aber leider gibt es ohne Referat keinen Schein. So einfach ist das.“ Die andere nickte nur zustimmend und zeigte damit ‚ Ja, genauso war es ’. Jetzt erzählte Max die ganze Geschichte, von dem Selbstmord Lottes, und das wirklich jede Kleinigkeit zu Lotte wichtig sei: Mit wem sie an der Uni befreundet war, was sie getan hat, was sie erzählt hat, wie sie sich verhalten hat. Alles sei wichtig. Er forderte sie noch einmal auf nachzudenken und sich zu erinnern.
    „Warum interessiert sich die Polizei so dafür, wenn es ein Selbstmord ist?“, hakte das Mädchen nach, das offenbar die Wortführerin war. Die andere nickte nur fortwährend.
    „Wir vermuten, dass sie nicht allein war. Jemand war bei ihrem Tode bei ihr, das kann unter Umständen strafbar sein. Wir müssen dieser Sache auf jeden Fall nachgehen. Also denken Sie jetzt bitte noch einmal nach.“, sagte Max nun in einem schärferen Ton. Die beiden Klugscheißerinnen begannen ihm auf den Nerv zu gehen. Das hier waren nicht die älteren, gelassenen, hübschen, abgeklärten Studentinnen, die ihm imponierten und die er anziehend fand, das hier waren besserwisserische, hochnäsige Studentinnen im zweiten Semester, die sich auf alles etwas einbildeten.
    „Also, ich habe die eigentlich außerhalb des Seminars immer nur an den PC-Terminals gesehen. Nie woanders. Nicht in der Cafeteria, nicht in der Bibliothek oder so. Ich habe fast den Eindruck, als ob sie den ganzen Tag nur im Internet gesurft hat. Vielleicht hat sie zu Hause kein Internet oder so und hat das dann hier total ausgenutzt. Sie hing da aber auch immer alleine ab, nie mit jemand anderem. Ehrlich gesagt habe ich mich aber auch nie mit ihr unterhalten. Ich habe sie nur im Seminarraum mal gesehen und an den Computern. Man muss warten, bis ein Platz frei wird und meistens saß sie dann da auch an einem Platz und einige haben sich schon aufgeregt, weil man die PCs halt nicht so lange blockieren soll. Das ist alles, mehr kann ich über diese Frau nicht sagen“, schloss die Wortführerin. Max schaute die Andere noch einmal auffordernd an.
    „Mehr weiß ich auch nicht. Aber das mit den PCs stimmt, da habe ich sie auch öfters gesehen.“
     
     

11. Kapitel
     
    Leon war glücklich. Er hatte das erste Mal seit ganz langer Zeit ein gutes Gefühl im Bauch. Es fühlte sich warm an. Fast so, als ob Charly ihm seinen weichen Kopf auf den Bauch legte. Warm und flauschig. Nur noch ein paar Stunden, er hatte es versprochen. Er schaute auf die U hr. Es war halb sechs. Gleich mu sste er noch einmal in den Aufenthaltsraum und sie würden gemeinsam zu Abend es sen . Danach würde er sich entschuldigen. Nein, würde er nicht. Er würde gar nichts sagen, einfach auf sein Zimmer gehen und da bleiben. War ihm doch egal, was sie dachten. Ab heute war ihm das für immer egal. Sie konnten über ihn sagen, was sie wollten. Gregor konnte seine Späße über ihn machen, das war ihm egal. Das brauchte er jetzt nicht mehr. Plötzlich überkam ihn wieder Angst, die Angst, dass etwas schief gehen würde, dass er einschlafen und dann nicht rechtzeitig auf wach en würde. Sich aus dem Haus schleichen war nicht schwierig, das hatte er schon hundert Mal gemacht. Doch dieses Mal war es anders. Dieses Mal war es für immer, dieses Mal würde er hinausgehen und nie wieder in dieses Haus zurückkehren. Was soll ich denn mitnehmen ? , fragte er sich. Charlys Knuddel wollte er mitnehmen. Charly und er hatten damit immer gespielt. Seitdem Charly nicht mehr da war, war der Knuddel eine Art Charly-Ersatz geworden. Er roch nach seinem Hund. Abends im Bett drückte er Knuddel an sich und hatte das Gefühl ein Stück von seinem Hund sei bei ihm. Er be merkte, wie seine Augen sich mit Tränen füllten. Leise schlich er die Treppe nach oben in sein Zimmer, die anderen sollten nichts von seiner Angst und seiner Traurigkeit mitbekommen. Sie sollten gar nichts von ihm mitbekommen. Was wussten die schon? Sie ergriffen jede Gelegenheit, um ihn fertig zu machen. Und tuschelten hinter seinem Rücken, so als ob er blöd wäre und sie nicht hören würde. Er hasste sie alle. Er konnte und wollte sie nicht länger ertragen. Aber nun war es endlich vorbei. Er setzte sich auf sein Bett, schloss die Augen und stellte sich das Bild vor, das ihn erwartete. Seine Mutter, sein Vater und Charly. Seine Eltern lachten ihn an, sie waren ganz

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