Seit über einer Stunde wartete er hier auf dem Gang auf den Mann, dessen Sekretärin ihm schon einige Male versichert hatte, er habe gleich Zeit für ihn. Zum hundertsten Mal nahm er eine der Akten aus seiner Tasche und überlegte, wie er den Staatsanwalt dazu bringen könnte, den Durchsuchungsbefehl für Beiels Wohnung zu genehmigen. Wie gern hätte er jetzt Monika bei sich. Ihr wären sicher gute Argumente eingefallen.
Er dachte daran, wie souverän sie gestern auf der Pressekonferenz reagiert hatte, als Neumeister die Bombe platzen ließ und die Ähnlichkeit der Handlungen in den Büchern von Beiel mit den aktuellen Morden bekannt gab, und die Meute über sie hergefallen war. Überlegen hatte sie auf die Fragen geantwortet, ohne zu viel von ihren Ermittlungen Preis zu geben. Die Sicherheit, Beiel langsam in die Ecke gedrängt zu haben, erfüllte Hofer mit Stolz. Dennoch war es besser, das hier ohne Monika zu erledigen. Sie teilte seinen Verdacht nicht vorbehaltlos - im Gegenteil - es war unklar, ob sie sich hinter oder gegen ihn stellen würde. Nicht auszudenken, welche Steine sie ihm im Beisein des Staatsanwaltes ungewollt in den Weg legen konnte mit ihren Bedenken.
Auf ihre Meinung konnte er keine Rücksicht nehmen und auf Spechts schon gar nicht. Wenn er seine Energie auch noch dazu verwenden würde, dem Exmann des ersten Opfers hinterherzujagen, würde Beiel nie seine gerechte Strafe bekommen. Er war der Einzige, der den Staatsanwalt überzeugen konnte, denn er war - im Gegensatz zu seinen Kollegen - von dessen Schuld überzeugt. Erneut blätterte er den Ausdruck von Beiels neuestem Manuskript durch. Gestern hatten die Kommissare noch lange zusammengesessen; hatten es regelrecht durchgeackert.
Er blickte aus dem Fenster. Anfang März und der Winter hatte das Land noch voll in seinem Griff - doch das konnte sich schnell ändern. Die Sonne schien bereits kräftig, der Schnee war bereits geschmolzen. Seitdem vor ein paar Tagen der Schnee den Nebel abgelöst hatte, war allgemein alles besser geworden. Draußen strahlte die Sonne und drinnen er.
Zu gut durfte das Wetter kurzfristig nicht werden, denn sonst lief ihnen die Zeit davon. Zwar war es noch nicht einmal annähernd warm genug, um Beiels nächsten Mord in die Tat umzusetzen, doch der Frühling spielte gegen sie.
Lange würde es nicht mehr dauern, bis man die ersten Radfahrer auf den Straßen antreffen würde und bis dahin musste er den Staatsanwalt überzeugen, für Beiel die Untersuchungshaft zu beantragen oder es würde wieder jemand sterben.
***
stand auf dem Aktendeckel, den der Mann vor Monikas Nase hielt. Irgendwie kam er ihr bekannt vor. Sie hatte ihn sicher schon einige Male gesehen; vielleicht in der Kantine oder im Lift? Aber sie hatte keine Ahnung, in welcher Abteilung er arbeitete. Er hieß Mike und war ein Kollege aus der IT-Abteilung (Informationstechnologie), derzeit damit beschäftigt, ihren ominösen B1 im Internet zu suchen. Monika bot ihm ihren Besucherstuhl an und fragte nach den Ergebnissen der Suche. Mike klatschte einen Zettel auf ihren Schreibtisch.
»Ich habe das Internetcafé, von dem der Forumsbeitrag abgeschickt wurde.«
»Ein Internetcafé? Schon wieder eine Sackgasse.« Bei diesen Cafés war es unwahrscheinlich, jemals herauszufinden, wer der Absender des Forumbeitrags war, da dort täglich hunderte User ihre Messages posteten.
»Ob die Ermittlungen in eine Sackgasse führen, weiß ich nicht, was ich weiß ist, dass dieses Café in der Sackstraße ist.«
Der Mann von der Computerabteilung fand diese Information äußerst lustig; Monika hingegen konnte auf solche Witze verzichten. Das fiel auch Mike auf, weshalb er zu lachen aufhörte.
»Was ist mit den anderen Forumsbeiträgen? Konnten Sie die auch zurückverfolgen?«
»Auch eine Sackgasse.«
Das Grinsen erschien wieder auf seinem Gesicht, erstarrte aber sofort bei dem Blick, den Monika ihm zuwarf. Schnell beeilte er sich, ihr die gewünschten Informationen zu liefern.
»Zwei der User sind erst 15 und einer ist eine Frau. Bei smiley79 komm ich leider nicht weiter, die Daten, die er bei der Registrierung angegeben hat, sind falsch, weshalb ich gerade diverse andere Foren durchsuche. Vielleicht habe ich Glück und er hat sich dort unter seinem richtigen Namen registriert.«
In Monika drängte sich die Frage auf, warum Mike sie überhaupt mit seinem Besuch belästigte; für diese Infos hätte auch ein Telefonat gereicht.
»Gibt es