Totgelesen (German Edition)
es trotzdem ganz schön weit, ihm deswegen zwei Morde anzuhängen.
»Doch man weiß ja nie«, hatte sie beschwichtigend nachgeschoben, »wäre sein Alibi nicht so bombenfest, würde ich ihn auch als Tatverdächtigen sehen.«
»Wieso stattest du ihr nicht noch mal einen Besuch ab?«, hatte sie ihm vorgeschlagen. »Fahr noch mal zu dieser Frau und überprüfe die Geschichte.«
»Kommst du mit?«, war seine logische Frage gewesen. Auf die Monika dieselbe Ausrede verwendet hatte wie Hofer eben.
»Tut mir leid. Ich habe einen Termin bei der Gerichtsmedizin. Und davor sollte ich unbedingt den Bericht über Frau Schindler durchsehen. Bisher bin ich noch nicht dazu gekommen.«
Ein Klopfen an der Tür ließ Monika aus ihren Gedanken hochschnellen. Sie drehte sich und öffnete schwungvoll. Vor ihr stand ein Mann, dem nicht einmal auffiel, dass sie ausgesprochen schnell geöffnet hatte.
***
Specht fuhr achtlos durch den Leobener Vormittagsverkehr. Langsam fand er sogar Gefallen an der Strecke, die er inzwischen täglich hinter sich brachte. Blinken, Spurwechsel, bei der Ampel anhalten; er fuhr, ohne bewusst darüber nachzudenken. Seine Gedanken ruhten beim Leben von Frau Schindler. Ihrem dominantem Vater und dessen antiquierten Wertvorstellungen, ihrem mangelnden Selbstwertgefühl und ihren scheinbar nicht vorhandenen Freunden, bis ihn das Hupen des hinter ihm stehenden Autos aus den Gedanken, beziehungsweise aus dem Sitz riss. Specht schaute in den Rückspiegel und sah einen Mann, der neuerlich seine Hand auf die Hupe drückte. Er löste seinen Blick von seinem Hintermann und bemerkte die grün leuchtende Ampel über ihm.
Daraufhin drückte er den Ganghebel in die richtige Position und fuhr über die Kreuzung. Als er diese überquert hatte, kam ihm ein LKW der Firma Hubmann & Lopich entgegen.
»Monika, du hast recht, genau dort sollte ich noch mal hin.«
Auf dem Parkplatz der Firma Hubmann & Lopich standen dutzende Lkws und Auflieger in Reih und Glied nebeneinander. Es sah aus, als ob jemand riesige Bausteinklötze nebeneinander gestapelt hätte, um sie mit einem Mal wie Dominosteine umzuwerfen. Rechts von der Einfahrt befand sich eine Lagerhalle, auf welcher der gleiche Schriftzug wie auf den Anhängern prangte. Dominiert wurde das Ganze von einer Ladezone, welche von mehreren Lkws gleichzeitig angefahren werden konnte. Gleich daneben war eine Glastür, durch die man ins Logistikzentrum der Firma kam. Dort waren Disponenten und Sekretärinnen damit beschäftigt, den Fahrern telefonische Anweisungen durchzugeben und Waren auf ihren Bildschirmen herumzurücken. Als Specht den Raum betrat, wurde er von einer Frau angesprochen, die gerade dabei war, einen sterbenden Benjamin Ficus zu bewässern.
Bevor er ihr den Grund seines Besuches erläutern konnte, erkannte ihn Nußbaumers Freund, Rupert Brugger. Der stämmige kleine Mann stand auf und kam mit dem Handy in der Hand auf die beiden zu.
»Gibt´s noch was?« Brugger wirkte nicht gerade erfreut über den Besuch, was Specht allerdings ziemlich kalt ließ.
»Ich habe noch einige Fragen an Sie.«
Specht sah sich in dem Raum um, ob er zwischen all den Computern die Frau entdeckte, wegen der er eigentlich hier war.
»Bitte, nur zu. Habe nichts zu verbergen.« Brugger gestikulierte mit seinen Händen, als ob er damit seine Unschuld beweisen würde.
»Können Sie mir sagen, wo Herr Nußbaumer letzten Freitag war?« Ein Blick von ihm genügte und die Sekretärin verschwand, um einen anderen Blumenstock zu ertränken.
»Alfred, keine Ahnung. Wahrscheinlich saß er zu Hause und hat sich wie jeden Tag mit meinem Whisky volllaufen lassen. Ich bin an dem Abend spät nach Hause gekommen, da hat er auf jeden Fall schon gepennt - habe ihn bis auf den Flur schnarchen gehört.«
Nachdem er Nußbaumer bisher jedes Mal sternhagelvoll erlebt hatte, wirkte diese Aussage äußerst glaubhaft, aber Specht war sich sicher, besser zu wissen, wo Nußbaumer am Tag der Tat gewesen war.
»Darf ich fragen, wo Sie waren?«
»Na hier, wo denn sonst. Habe gearbeitet und bin dann mit Assi was essen gegangen. Sie hat mich eingeladen, hat was von Jahrestag gefaselt.«
Ein blonder Haarschopf tauchte neugierig neben einem der Rechner auf. Specht erkannte die Frau im hautengen Top sofort. Auch die brünette Frau daneben war Specht bekannt, obwohl sie sich hinter ihrem Computerbildschirm zu versteckten versuchte.
»Eigentlich müsste ich Ihnen das alles gar nicht sagen, oder?« Der Mann fing
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