totgequatscht: Maggie Abendroth und der Teppich des Todes (German Edition)
– der Vertrag war schon unterschrieben.
»Winnie, auch ohne im Kaffeesatz zu lesen, gibt es darauf nur eine Antwort: Such das Weite. Der Typ liebt dich gar nicht. Der macht seinen Job, und du spielst nur die zweite Geige. Warte nicht darauf, zu einem Überraschungsbesuch in Kanada aufzulaufen, denn der Erste, der dir die Tür aufmacht, ist Nikolajs neues Tortiki, vermutlich so ein Wayne Gretzky, und der gibt dir mit seinem Eishockeyschläger was auf die Nuss.«
»Er wird ja auch nicht ewig da bleiben. Ein Jahr oder zwei. Und er sagt, er liebt mich.«
»Tut er nicht. Wenn er eine Zukunft mit dir gewollt hätte, hätte es jetzt nicht Kanada sein müssen.«
»Woher willst du das wissen? Du kennst ihn doch gar nicht richtig.«
»Doch, den Typ Mann kenne ich zur Genüge. Den gibt’s in den Ausführungen von hetero bis schwul und alles dazwischen. Schon vergessen? Der Knipser! Der Job geht vor – Geburtstage? Feiertage? Gebuchte Urlaube? Alles Pillepalle. Und dann kam noch lange nicht ich, sondern diverse Mädels … Grazia und wie sie alle hießen? Glaub mir, hätte ich damals eine Waffe gehabt, er wäre tot. So musste nur seine Hasselblad dran glauben.«
Winnie nippte an seinem Kaffee. Wir setzten uns an den Küchentisch. Ich drehte mir eine Zigarette, und er protestierte noch nicht einmal.
»Was hast du mit der Kamera gemacht?«
»Von der Terrasse unserer Penthousewohnung geschubst.«
»So was tust du? Und was hat er dann gemacht?«
»Hat rumgebrüllt, meine Sandalen von Prada hinterhergeworfen, dann seine Versicherung angerufen und sich eine neue Kamera bestellt. Als ich unten auf der Straße war, waren meine Sandalen weg. Und die bezahlt keine Versicherung.«
»Hm. Vielleicht liegt’s ja an mir, dass es zwischen Nikolaj und mir nicht funktioniert.«
»Winnie, guck mich an. Was siehst du?«
»Du rollst mit den Augen.«
»Und was heißt das?«
»Du bist genervt.«
»Genau. Weil du redest wie ein Mädchen.
Vielleicht liegt’s an mir…
Blahblahblah.
Vielleicht bin ich nicht sexy genug? Oder nicht gut genug im Bett? Oder vielleicht bin ich langweilig oder zu dick?
Vergiss es. Der Typ ist ein Beziehungsvampir. Er hat einen Job in Essen? Hurra, dann sucht er sich dazu den passenden Lover. Jetzt geht’s eben ans andere Ende der Welt … ihm doch egal, was aus dir wird. Ersatz für dich gibt es überall. Der denkt mit seinem Schwanz, das ist alles.«
»Vielleicht passen ein Polizist und ein Tänzer auch nicht zusammen. Er ist ein Künstler und ich bin ein Bulle.«
»Ja, ich glaube, daran liegt’s. Du tanzt zu schlecht. Genau, daran wird es liegen. Deswegen fragt er dich erst gar nicht, ob du mitgehst. Winnie!«
»Er sagt: Es hätte nichts zu bedeuten. So sei sein Job nun mal.«
»Und im Subtext steht: Du bedeutest mir nichts.«
»Du bist zynisch, Maggie.«
»Ich bin Realistin. Du kannst mir alles vorwerfen: dass ich nicht kochen kann, chaotisch bin oder sonst was … aber ich seh doch, wie unglücklich du bist.«
»Ich bin ratlos.« Winnie sagte es in einem Ton, als sei das eine sehr schlechte Angewohnheit.
»Natürlich bist du das. Dein Lover packt die Koffer und sagt nicht Bescheid. Da kann man schon mal ratlos sein. Pass auf dich auf, Winnie, der Typ ist Gift für dich. Du bleibst hier, und ich suche mir so schnell wie möglich eine Wohnung. Bis dahin hoffe ich, werden wir es hier irgendwie geregelt kriegen. Und versuch nie wieder, mir was vorzumachen. Und die DVBT-Anlage bleibt angeschlossen.«
Winnie nickte nur und legte den Kopf auf die Tischplatte wie ein müdes Kind. Sein strubbeliger roter Haarschopf hing halb in der Kaffeetasse, aber er schien es nicht zu bemerken. Ich hätte heulen können bei seinem Anblick und legte meinen Kopf ebenfalls auf die Tischplatte. »Winnie.«
»Hm.«
»Du bist der beste Bulle, den ich kenne. Und du bist mein Freund. Aber ich habe eine schlechte Nachricht: Die Diagnose lautet Liebeskummer. Es ist heilbar, dauert manchmal lange, aber es geht. Das war deine erste schwule Beziehung – du bist ein Neuling auf diesem Gebiet.«
»Es tut weh.«
»Ja sicher tut es weh. Geh ins Bett.«
»Mag nicht.«
»Dann geh ich ins Bett, und du kannst noch fernsehen. Aber pass auf, wenn man in so einer Stimmung ist, dann laufen nur Liebesschnulzen, und du wirst bis morgen früh durchheulen.«
»Versprochen?«
»Versprochen.«
Winnie stolperte ins Wohnzimmer und wickelte sich in die Decke. Ich stellte den Fernseher für ihn an, und tatsächlich lief
Philadelphia
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