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Totgesagt

Totgesagt

Titel: Totgesagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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man glatt süchtig werden”, bemerkte die Mollige.
    Er schmunzelte in sich hinein. Wenn die wüsste!
    Die Rothaarige widmete sich ihrem Reklameprogramm. “Falls Sie was brauchen, melden Sie sich.” Damit vertiefte sie sich wieder in ihre Sendung.
    Ray nickte und setzte seinen Einkaufsbummel fort. Da betrat eine neue Kundin den Laden, offenbar eine Bekannte der Kassiererin, denn die zwei fingen sofort an, laut über die Kneipe zu debattieren, die offenbar gleich neben dem Geschäft eröffnen sollte. Der mollige Rotschopf war strikt gegen ein solches Etablissement in unmittelbarer Nähe und teilte das der Kundin auch dermaßen vehement mit, dass Ray anscheinend total in Vergessenheit geriet. So konnte er rasch klammheimlich ein paar Sachen in seinem Duffle verschwinden lassen.
    “Ich habe keine Lust, morgens bei Geschäftsbeginn erst die zerdepperten Bierflaschen vom Parkplatz zu fegen”, maulte die Kassiererin gerade, als Ray an die Kasse kam.
    “Also wirklich!”, bekräftigte die Bekannte kopfschüttelnd, wobei sie Ray höflich vorbeiließ.
    Die Rothaarige teilte ihm die Gesamtsumme mit. Er bezahlte und wandte sich schon zum Ausgang, da stach ihm plötzlich noch etwas ins Auge: ein Verkaufsdisplay, an dem vergoldete Ohrstecker hingen.
    “Was kosten die?”, fragte er und hielt ihr ein Paar hin.
    “Sechs neunundneunzig.”
    Er erinnerte sich, wie seine Mutter mal seiner Schwester mit einer Nadel und einem Eiswürfel die Ohrläppchen durchstochen hatte. Eine Methode, die sich gewiss auch auf andere Körperteile anwenden ließ, nicht wahr?
    Seiner Ansicht nach sprach nichts dagegen.
    Er legte die Ohrstecker auf den Kassentresen und zog einen Zehndollarschein hervor. “Und dazu noch ‘n paar Nähnadeln.”
    Madeline erlebte das Pochen dumpf und verschwommen, als läge sie lebendig begraben in einem Sarg, direkt neben ihrem Vater. Sie hatte das Gefühl, als schwebe sie gleichsam über der Szene, als sehe sie sich und ihn, Seite an Seite, aus der Vogelperspektive – sie selber zwar leichenblass, aber ansonsten unversehrt, er ein grausiges Skelett mit ein paar Haarbüscheln und vermoderten Hautfetzen. Ein schauriger Anblick, so schaurig wie auch sonst in ihren Albträumen. Nur jagte er ihr diesmal keine Angst mehr ein. Sie konnte ihm ja sowieso nicht entkommen, sich nicht einmal bewegen; ihr Körper regte sich nicht. Tot. Leblos wie Bubba, als er ausgestreckt auf seinem Fußboden lag …
    Doch das war ihr egal. Hauptsache, die Schmerzen waren fort. Die Angst ebenfalls. Es gab keinen Ray, keine Drohungen, keinerlei Bewegung.
    Nur dieses hartnäckige Klopfen … Woher kam das bloß?
    “Hallo?”, drang wie von ferne eine Stimme zu ihr durch. “Hier ist Brian Shulman! Von der Hausverwaltung! Ich bin hier mit einem Deputy. Ist jemand zu Hause?”
    Verzerrt und unwirklich klang sie, die Stimme, und Madeline spürte, wie sich in ihrer Magengegend auf einmal ein merkwürdig angespanntes Flattern regte. Deputy? Ein Hilfssheriff? Das war doch gut, oder? Etwas drängte sie, auf diese Stimme zu reagieren, doch sie brachte keinen Ton heraus und war sich ohnehin nicht ganz sicher, ob sie es überhaupt sollte.
    Im Übrigen: Falls das ein Trick war, was dann? Wenn die Stimme in Wirklichkeit die von Ray war? Er hatte sie gewarnt, er würde sie bei einem Fluchtversuch streng bestrafen.
    Da blieb sie besser an Ort und Stelle, in diesem dunklen Versteck … im Schrank …
    Schrank?
Schlagartig meldete sich ihre Erinnerung zurück: Ray hatte ihr mit Gewalt diese Tabletten eingeflößt, sie dann in den Kleiderschrank gesperrt und vor dem Schließen der Tür noch Decken auf sie draufgepackt. Und mit einem Mal ging ihr auch auf, dass sie sich keineswegs in einem sicheren Versteck befand. Im Gegenteil, sie war in Lebensgefahr! Spätestens bei Rays Rückkehr! Das hatte er ihr ja angedeutet – und dabei dieses Drosselhalsband zugezogen!
    Sie spürte das schwere Lederband am Hals. Er hatte es ein Loch lockerer gespannt, damit sie während seiner Abwesenheit nicht erstickte, aber trotzdem schnitt es ihr in die Haut. Deswegen hatte sie ja die Tabletten geschluckt, von denen sie jetzt diesen abscheulichen, bitteren Nachgeschmack im Mund hatte. Eigentlich hatte sie sich wehren wollen, doch sie konnte ja kaum Luft holen, sodass ihr bereits schwarz vor Augen wurde.
    Was war bloß in jenen Sekunden geschehen? Wohin war Ray gefahren? Wann würde er zurück sein? Und was sollte sie nun tun?
    Benommen, immer noch wie betäubt, konnte sie keinen

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