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Totgeschwiegen

Totgeschwiegen

Titel: Totgeschwiegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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welcher Seite steht eigentlich Joe? Weißt du das?”
    “Soweit ich gehört habe, versucht er, neutral zu bleiben. Joe ist vor allem auf sein eigenes Wohl bedacht. Er will sich wahrscheinlich auch auf der anderen Seite keine Feinde schaffen, für alle Fälle.”
    Grace hoffte, dass Kennedy sich wieder seinem Beruf widmen würde, die Vincellis sich beruhigen und alles wieder so werden würde wie vorher. Vor einer Weile hatte sie versucht, ihn zu erreichen, um ihm zu sagen, dass er die Jungs nicht mehr zu ihr schicken solle, aber sie hatte ihn nicht erreicht.
    “Ich hasse Joe”, sagte sie.
    “Er hat mich ein paarmal gefragt, ob ich mit ihm ausgehen will”, sagte Madeline.
    “Du hast es hoffentlich nicht getan.”
    “Nein. Er weiß einfach nicht, wie man eine Frau behandelt. Das sieht man ja schon daran, wie er mit Cindy umgesprungen ist.”
    Grace’ Handy piepte. Das war der Anruf, auf den sie gewartet hatte. “Wir sprechen morgen weiter, okay?”
    “Wer ist es denn?”
    “Frag nicht.”
    Madeline lachte und gähnte dann herzhaft. “Also schön. Gute Nacht!”
    Grace bezweifelte, dass sie überhaupt würde schlafen können. Sie war wütend auf die Vincellis, obwohl sie sie bis zu einem gewissen Punkt auch verstehen konnte. Wie würde sie sich denn wohl fühlen, wenn ein Mitglied ihrer Familie plötzlich vermisst würde – und sie den begründeten Verdacht hätte, dass Joe oder jemand aus seiner Familie damit zu tun hatte?
    Sie holte tief Luft und meldete sich. “Hallo?”
    “Tut mir leid, dass ich vorhin nicht erreichbar war.” Kennedy. Der Klang seiner Stimme schien sich mit dem Wind, der sie umschmeichelte, zu verbinden. “Ich war noch bei meinen Eltern.”
    “Wie geht es deinem Vater?”
    Er zögerte kurz mit der Antwort. “Ein bisschen besser.”
    “Hoffentlich ist es nichts Ernstes.”
    Er räusperte sich. “Nein, aber er muss einige Untersuchungen machen lassen. Könntest du morgen vielleicht auf die Jungs aufpassen, damit meine Mutter und ich ihn zum Arzt begleiten können? Ich würde es ja selbst tun, aber ich habe am Nachmittag Termine.”
    Grace stand auf, ging zur Veranda und lehnte sich gegen das Geländer. “Ich soll mich um Teddy und Heath kümmern?”
    “Andere Jungs habe ich nicht”, sagte er lachend.
    “Aber das geht doch nicht”, protestierte sie. “Du musst dich und deine Familie von mir fernhalten.”
    “Zum Glück hast du
das
nicht auf meinen Anrufbeantworter gesprochen.”
    “Ich muss dir doch nicht den Ernst der Lage erklären, oder?”
    “Welche Lage denn? Warum sollte ich mich von dir fernhalten?”
    “Du weißt, warum!”
    “Ich werde mir doch nicht von den Vincellis vorschreiben lassen, mit wem ich Umgang pflege.”
    Auf der Straße schepperte etwas, und sofort zog sich Grace’ Magen zusammen – bis sie merkte, dass es nur zwei Katzen waren, die hintereinander herjagten. Und da kam auch schon die Katze, die sie bei der Gartenarbeit kennengelernt hatte, über den Rasen gelaufen.
    “Dann … gehe ich fort”, sagte sie. “Ich gehe zurück nach Jackson. Und zwar sofort.”
    Darüber dachte sie nach, seit sie das Flugblatt gesehen hatte. Sie hasste den Gedanken, nach Jackson zurückzugehen, bevor sie wieder arbeiten musste. Sie hatte es wirklich nicht eilig, George und seiner neuen Freundin zu begegnen. Hier in Evonnes Haus fühlte sie sich wohl und geborgen. Es hatte sie freundschaftlich aufgenommen, genau wie Evonne es getan hätte. Aber wenn sie bliebe, würde Kennedy Schwierigkeiten bekommen, vielleicht auch seine Kinder. Es war besser, sie ging. Das Verhältnis zu ihrer Familie war jetzt besser als in all den Jahren zuvor; das war immerhin ein kleiner Fortschritt. Sie sollte einfach verschwinden und alles andere vergessen.
    “Geh nicht weg”, sagte er.
    “Warum nicht?”
    “Du gehörst hierher, wenigstens diesen Sommer.”
    Und wenn der Sommer zu Ende war? Dann war es vielleicht schon zu spät, um unversehrt zu entkommen. Vielleicht war es dann zu spät für sie beide. “Ich gehöre nirgendwohin. Bring die Jungs morgen
nicht
vorbei, weil ich nämlich abreise”, sagte sie und legte auf.
    Er war einfach zu hartnäckig. Sie musste Stillwater auf dem schnellsten Weg verlassen. Das war ihr jetzt klar.
    Sie eilte ins Haus, holte ihre Koffer hervor und begann zu packen.
    Kaum hatte Grace aufgelegt, lief Kennedy unruhig im Salon herum. Heutzutage besaßen die Leute keine herrschaftlichen Salons mehr, aber das Haus der Kennedys war älter als die meisten.

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