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Totgeschwiegen

Totgeschwiegen

Titel: Totgeschwiegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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weißt du doch.”
    Grace senkte den Kopf. War Madeline ihrer Familie wirklich so ergeben? Oder wollte sie nur verhindern, dass etwas Unschönes ans Tageslicht kam? “Auf solche Geräte kann man sich sowieso nicht verlassen”, sagte sie. Für ihre eigenen Ohren klang es so, als hätte sie etwas zu verstecken. Das war wohl die Staatsanwältin in ihr.
    Madeline schien es nicht registriert zu haben. “Ein falsches Ergebnis vom Lügendetektor könnten wir gerade noch gebrauchen”, stimmte sie zu.
    “Du wirst diese Briefe doch nicht abdrucken?”, fragte Grace, um das Thema zu wechseln.
    “Nein, aber ich fühle mich nicht gerade gut dabei.”
    “Weil?”
    “Wenn jemand anders in diese Sache verstrickt wäre, würde ich es sehr wohl tun. Genau darum geht es doch bei umfassender Berichterstattung. Man nimmt einen Fall wie diesen in Angriff, versucht, die Wahrheit herauszufinden, und stellt die Gewissensfrage.”
    Der Wind hatte aufgefrischt. Das Glockenspiel ertönte. Es klang hübsch, aber auch ein wenig traurig.
    Grace starrte auf den Rasen. Das, was ihnen passiert war, hätte auch jeder anderen Familie zustoßen können. “Es ist deine Zeitung. Du kannst frei entscheiden, was du publizieren willst. Das ist dein Privileg.”
    “Eine Story auszuklammern, nur weil ich selbst davon betroffen bin, spricht nicht gerade für faire Berichterstattung. Andererseits hat Mom schon genug gelitten. Ich möchte keine alten Wunden aufreißen, indem ich diesen Müll abdrucke. Es sind schon genug Anschuldigungen in Umlauf.”
    Die Dunkelheit hier in Stillwater erschien Grace viel intensiver als an allen anderen Orten, die sie kannte. Sie schien einen zu umfangen wie ein samtener Umhang. Ein unangenehmes kühles Prickeln kroch über ihren Rücken. Sie dachte darüber nach hineinzugehen, aber die Luft hier draußen war kühler. “Hast du Clay von den Briefen erzählt?”
    “Ja. Er meint, ich soll sie wegwerfen, genau wie Molly.”
    Glühwürmchen umschwärmten die Lampe auf der Veranda. Sie leuchteten wie winzig kleine Zauberwesen. “Hast du denn inzwischen herausgefunden, mit wem Mom sich trifft?”
    “Bis jetzt noch nicht. Ich bin gestern Abend vorbeigefahren und konnte meine Skrupel für einen Augenblick überwinden. Ich bin ausgestiegen und wollte durchs Fenster sehen, aber leider waren die Vorhänge zugezogen. Ich konnte nichts sehen. Und du?”
    Grace war viel zu beschäftigt mit sich selbst, um sich auch noch Gedanken über ihre Mutter zu machen. “Auch nichts Neues.”
    “Sie ist bestimmt ziemlich aufgeregt wegen dir und Kennedy.”
    Grace hätte beinahe gesagt: “Es gibt kein
ich und Kennedy”
, aber das würde ihre Schwester ihr nicht abnehmen. Nicht, nachdem Teddy und Heath von ihrem gemeinsamen Campingabenteuer erzählt hatten. Sie hatten ja sogar beschrieben, wie Kennedy sie ins Wasser geworfen und auf dem Rücken zum Zeltplatz getragen hatte, um dort zusammen Marshmallows zu rösten.
    “Hast du schon gehört, dass die Vincellis jetzt plötzlich einen Feldzug gegen Kennedy führen?”, fragte Grace. Sie war viel zu empört, um das Thema zur Sprache zu bringen, als Madeline am Nachmittag bei ihr gewesen war, und zudem hatte sie es nicht im Beisein von Teddy und Heath erwähnen wollen. Nun fragte sie sich, ob ihre Stiefschwester helfen könnte.
    “Habe ich.”
    “Kannst du denn irgendwas tun, um den Schaden zu begrenzen?”
    “Zum Beispiel?”
    Grace stieß sich mit einem Fuß ab, und die Hängematte setzte sich in Bewegung, während der Abendwind ihr die Strähnen aus der Stirn blies. “Ich weiß auch nicht. Vielleicht könntest du eine Art Antwort veröffentlichen.”
    “Würde ich ja gern tun, aber wahrscheinlich macht das die Sache nur noch schlimmer. Die Leute wissen ja schließlich, dass wir miteinander verwandt sind.”
    “Er wäre bestimmt ein guter Bürgermeister.”
    “Mach dir keine Sorgen, das wird den Ausgang der Wahl nicht wesentlich beeinflussen. Die Archers sind doch viel einflussreicher als die Vincellis.”
    Grace hörte auf zu schaukeln. “Hier geht es doch nicht darum, ob man eine Familie mehr mag als die andere. Es geht darum, dass
ich
abgelehnt werde.” Sie fürchtete, die andere Seite könnte ihre Verfehlungen in der Vergangenheit wieder hervorzerren. Vor allem fürchtete sie, dass das Kennedys Chancen, die Wahl zu gewinnen, beeinträchtigen könnte. Möglicherweise konnten die Vincellis sogar
ihren
Job gefährden. In Mississippi waren die Menschen nun mal sehr religiös. “Auf

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