Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totgeschwiegen

Totgeschwiegen

Titel: Totgeschwiegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
Vom Netzwerk:
mehr als jeder andere verachtet hatte.
    Mit einem Mal wurde ihr klar, dass sie nicht länger hier sitzen bleiben konnte. Sie spürte, wie ihr Magen rebellierte.
    Sie erhob sich so würdevoll wie möglich und ging zügig zu den Toiletten.
    Kaum hatte sie die Tür hinter sich geschlossen, erleichtert darüber, die verwunderten Blicke hinter sich gelassen zu haben, da taumelte sie auch schon in eine der Zellen, ging in die Knie und musste sich übergeben.

3. KAPITEL
    G race kam nicht zurück, und die Männer wandten sich anderen Themen zu: Der kommenden Wahl, den Baumwollpreisen und dass sie im August gemeinsam mit ihren Söhnen zum Angeln fahren wollten. Kennedy ertappte sich dabei, wie er immer wieder zu dem Tisch hinüberschielte, an dem Grace Montgomery gesessen hatte. Ihr Essen stand dort immer noch. Sie hatte ein bisschen Salat gegessen, die Pizza aber nicht angerührt, und die wurde nun von Minute zu Minute kälter.
    War alles in Ordnung mit ihr? Er lehnte sich zurück und schaute Richtung Toiletten, aber sie war nirgends zu sehen. Wie lange wollte sie denn noch dort bleiben?
    “He, Kennedy, was ist denn los mit dir?”, fragte Joe und stieß ihn in die Seite. “Glaubst du, du bist jetzt was Besseres als wir, seit du Bürgermeisterkandidat bist?”
    “Ich war immer was Besseres als ihr Schwachköpfe”, sagte er lachend, aber nach einigen halbherzigen Bemerkungen übers Angeln schweiften seine Gedanken wieder ab. Warum kam Grace nicht mehr zurück? Die Männer hatten ihr hinterhergerufen und gepfiffen, als sie zur Toilette gegangen war, und dumme Bemerkungen gemacht, die nur bewiesen, dass sie mehr Testosteron im Blut als Hirn im Kopf hatten. Er hätte ihr gern etwas gesagt, um das alles abzuschwächen und ihr zu helfen. Er hätte ihr gern geholfen, sich in ihrer alten Heimat wieder mehr wie zu Hause zu fühlen. Falls das möglich war.
    Weitere zehn Minuten verstrichen.
    Ihre eigenen Pizzas wurden serviert. Aber auch nachdem sie sie verspeist hatten, war Grace noch nicht zurück.
    Kennedy warf wieder einen Blick Richtung Toiletten. Nichts.
    “Du bist ja so abwesend. Was ist denn los?”, fragte Buzz.
    “Bin ich doch gar nicht”, widersprach Kennedy, während er an die halb nackte Frau dachte, die er am Morgen im Fenster gesehen hatte. Jetzt wusste er, wer es gewesen war. Grace. Offenbar wohnte sie im Haus von Evonne. Zwei so gut aussehende Frauen konnten gar nicht neu sein in Stillwater.
    Aber warum mietete sie sich ein eigenes Haus, wenn doch ihre Mutter und ihr Bruder hier lebten? Die Montgomerys hatten Platz. Was stimmte nur nicht mit dieser Familie?
    Sie tranken jeder noch ein Bier, aber Grace blieb verschwunden. Er wandte sich an Buzz: “Wo ist sie denn hin?”
    “Wer?”, fragte Tim zurück, der zugehört hatte.
    “Ach, vergiss es”, brummte Kennedy.
    “Sie will uns wohl ihre Pizza überlassen”, stellte Ronnie fest. “Soll ich ein Stück stibitzen? Wäre das nicht witzig, wenn sie zurückkäme und die Hälfte ihrer Pizza wäre weg?”
    “Na los, mach doch”, drängte Joe.
    Ronnie schob den Stuhl geräuschvoll zurück und stand auf, aber Kennedy hielt ihn am Arm fest.
    “Ach komm schon, Kennedy. Es ist doch nur ein Scherz.”
    “Vergiss es. Ihr wisst doch, dass sie eine schwere Kindheit hatte. Lasst sie in Ruhe, okay?”
    Joe warf ihm einen erstaunten Blick zu. “Wusste ja gar nicht, dass du was für die willige Gracie übrig hast. Soweit ich mich erinnere, hättest du sie früher nicht mal mit der Kneifzange angefasst.” Er krauste demonstrativ die Nase. “Du warst ja ein Archer.”
    “Ich war mit Raelynn zusammen”, sagte Kennedy.
    “Ja, eben, er hatte eine Freundin”, fügte Buzz hinzu.
    “Ich doch auch”, meinte Joe und lachte vor sich hin. “Aber das hatte ja nichts mit der willigen Gracie zu tun. Ich
mochte
sie ja nicht mal.”
    Kennedy kannte diese Männer seit der Grundschule, aber manchmal gingen sie ihm ganz schön auf die Nerven. Vor allem Joe, der in solchen Situationen aus allen Anwesenden nur das Allerschlimmste hervorkitzelte. Wenn Joe ihm damals, als er zwölf Jahre alt gewesen war, nicht das Leben gerettet hätte, wären sie heute wahrscheinlich gar nicht mehr befreundet. “Hört auf, ich will nichts mehr davon hören.”
    Die anderen starrten ihn an. Irgendjemand murmelte was von dem Stress, den er wahrscheinlich zurzeit hatte, und nach einer Weile ließ die Spannung nach. Schließlich sprachen sie über unverfänglichere Themen wie Automarken und die kommende

Weitere Kostenlose Bücher