Touchdown
Richtung des Ortes Soragna. Der lag in einer fruchtbaren Ebene linker Hand des Flusses Stirone und war in alten Zeiten Schauplatz so mancher Schlacht gewesen, jedenfalls nach Auskunft der Historikerin in Ricks Auto, die all die Einzelheiten gar nicht schnell genug aufnehmen konnte. Während sie sie herunterrasselte, wandten sich Ricks Ge danken den Lions Bergamo zu und in Sonderheit ihrem Signor Maschi, dem überaus agilen Middle Linebacker, der nach Ricks Meinung der Schlüssel zum ganzen Spiel war. Er dachte an all die von brillanten Trainern erdachten Spielzüge und Pläne, einen gefährlichen Middle Linebacker auszuschalten. Sie funktionierten äußerst selten. Das Schloss in Soragna (noch immer Heimstatt eines echten Prinzen!) datierte lediglich bis ins siebzehnte Jahrhundert zurück, und nach einer schnellen Besichtigung fanden sie ein kleines Cafe, wo es Mittagessen gab. Dann ging es weiter nach San Secondo, heutzutage berühmt für seinen spalla, einen gekochten Schinken. Das Schloss, im fünfzehnten Jahrhundert als Festung erbaut, spielte eine Rolle in vielen bedeutenden Schlachten. »Warum bekriegen sich diese Leute andauernd?«, wollte Rick schließlich wissen.
Liwy gab ihm eine kurze Antwort, hatte aber wenig Interesse an den Kriegen. Sie ließ sich mehr von der Kunst faszinieren, den Möbeln, den Marmorkaminen und so weiter. Rick schlich sich davon und machte ein Nickerchen unter einem Baum. Schlusspunkt der Reise war Colorno, das den Spitznamen »das kleine Versailles am Po« trug. Es war eine majestätische Festung, die man zu einem prächtigen Wohnpalast umgebaut hatte, mit riesigen Gärten und Innenhöfen. Als sie es zu Gesicht bekamen, war Liwy genauso begeistert wie sieben Stunden zuvor von dem ersten Schloss, an das Rick sich kaum noch erinnern konnte. Bei der umfassenden Führung stapfte er noch tapfer mit, doch dann hatte er genug.
»Du findest mich in der Bar«, sagte er und ließ sie allein in einer gewaltigen Halle zurück, wo sie die Fresken hoch oben an der Decke anstarrte und alles andere um sich herum vergaß.
*
Am Samstag war Rick störrisch, und sie stritten sich kurz. Es war ihr erster Streit, beide fanden es ganz amüsant. Das Ganze war schnell wieder vorbei, und keiner schien irgendeinen Groll zu hegen - ein gutes Zeichen.
Ihr schwebte ein weiterer Ausflug vor, diesmal in Richtung Süden nach Langhirano, durch die Weingebiete, wo es nur zwei, drei wichtige Schlösser näher zu betrachten gab. Ihm schwebte ein ruhiger Tag vor, mit hochgelegten Füßen und dem Versuch, sich mehr auf Bergamo als auf ihre Beine zu konzentrieren. Sie einigten sich auf einen Kompromiss, und zwar dass sie in der Stadt blieben und nur noch ein paar Kirchen abhakten.
Er war ausgeruht und klar im Kopf, was in erster Linie daran lag, dass das Team beschlossen hatte, das Freitagsritual im Polipo mit Pizza und krügeweise Bier ausfallen zu lassen. Sie ließen es mit einem kurzen, intensiven Training in kurzen Hosen bewenden, Sam trug ein paar weitere taktische Erörterungen vor, anschließend gab es noch eine weitere emotionale Ansprache, diesmal von Pietro, und schließlich machten sie um zehn Uhr Schluss. Sie hatten genug trainiert.
Am Samstagabend versammelten sie sich im Cafe Montana zur matchvorbereitenden Mahlzeit, einer dreistündigen gastronomischen Fiesta mit Nino als Zeremonienmeister und Carlo als Brüllaugust in der Küche. Signor Bruncardo war auch anwesend und richtete ein paar Worte an das Team. Er dankte ihnen für eine aufregende Saison, die allerdings erst dann als rund betrachtet werden könne, wenn sie am nächsten Tag Bergamo geschlagen nach Hause schickten. Es waren keine Frauen dabei - das kleine Restaurant war allein schon mit den Spielern überfüllt. Durch diese Tatsache begünstigt, wurden nach dem Essen zwei vulgäre Gedichte vorgetragen, und zum Abschied gab es noch eine mit Schlüpfrigkeiten garnierte Ode, von dem lyrisch veranlagten Franco eigenhändig verfasst und in hysterischer Manier rezitiert.
Sam schickte seine Spieler noch vor elf nach Hause.
25. Kapitel
Bergamo hatte eine angenehme Fahrt. Sie brachten eine eindrucksvolle Menge Fans mit, die früh und lautstark eintrafen, Fahnen entrollten, ihre Tröten testeten, Sprechchöre einübten und sich überhaupt recht heimisch zu fühlen schienen im Stadio Lanfranchi. Acht Super-Bowl-Siege in Folge verliehen ihnen das Recht, in allen Footballstadien der italienischen NFL die Herrschaft zu übernehmen. Ihre Cheerleader waren
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