Toxic: Der Biss - Das Feuer - Die Hölle Thriller (German Edition)
Cricket Lorette, wie er Lil Stark im Stehen von hinten vögelt. Da gab es ein großes Gejohle. Lorette wollte sich verstecken, aber Lil machte keine Anstalten. Dass ihr all die Leute beim Vögeln zugesehen hatten, war ihr egal. Ich sagte ihr, sie solle sich anziehen, ich würde sie nach Hause fahren. Sie kam zwar mit, war aber nicht gerade glücklich darüber.
Sie war betrunken, bekifft und stinksauer auf Gott und die Welt. Auf der Fahrt zum Haus der Carruthers sagte sie mir, sie hätte mit zu Hause abgeschlossen, und mit der Kirche erst recht. Es sei an der Zeit, ein neues Kapitel anzufangen. Ich sagte ihr, sie sei ja bald achtzehn, alt genug, um zu tun, was sie wollte. Sie bedankte sich für die Fahrt, indem sie mich anbaggerte. Sie meinte, sie hätte es schon immer mal in einem Streifenwagen treiben wollen. Ich sagte, nichts für ungut, aber nein danke, und setzte sie vor ihrem Haus ab. Seither wurde sie nicht mehr gesehen.«
»Abgehauen?«, fragte ich.
»Abgehauen, aber mit Furore«, sagte Carlton Lee und trommelte auf das Autodach. »Ich sah noch, wie sie um halb drei morgens in die Garage der Carruthers’ ging. Als ich weg war, stieg sie dann aus ihrem Zimmerfenster, schnappte sich einen Benzinkanister und trug ihn zum Amtsgebäude am Stadtplatz. Sie brach das Fenster eines Büros auf und stieg ein. Drinnen schüttete sie Benzin ins Archiv, dasselbe tat sie in den Räumen des Standesamts, wo Geburts- und Todesurkunden verwahrt wurden. Dann zündete sie die ganze Chose an.«
Mir fiel das Fundament am Stadtplatz ein. »Sie war die Brandstifterin.«
»Es gab keine Chance, das Gebäude zu retten«, sagte Carlton Lee und nickte. »Das Feuer wurde erst um vier Uhr morgens bemerkt. Wir haben eine freiwillige Feuerwehr, und bis die angerückt war, stand das ganze Haus in Flammen. Da war nichts zu retten. Später stellte man fest, dass sie den Mikrofilm für 1976 aus der Bibliothek gestohlen und alle Fotos ihrer Familie aus dem Haus der Carruthers mitgenommen hatte. Sie hatte sich sogar sämtliche Abzüge und Negative ihres Fotos aus dem Jahrbuch der High School für den Abschlussjahrgang geholt. Ich vermute, dass sie das alles im Feuer vernichtet hat. Jedenfalls hatten die Leute mit dem Gerichtsgebäude alle Hände voll zu tun, sodass man viel zu spät merkte, dass auch die alte Holiness-Kirche brannte.«
»Ich nehme an, ihr habt sie nicht erwischt«, warf ich ein.
»Versucht haben wir’s jedenfalls«, gab Lee zurück. »Von Hattiesburg kommt man nicht leicht weg, Seamus. Carruthers ließ Straßensperren an der Scottsboro Road errichten, die einzige Straße, die aus der Stadt führt, und sämtliche Fahrzeuge überprüfen. Spürhunde haben anhand einer Jeans ihre Witterung aufgenommen und sind ihr vom Gerichtsgebäude über drei Farmen bis hinauf zum Graben an der Kammstraße gefolgt und zur schwelenden Ruine der alten Kirche. Aber da riss die Spur ab.«
»Hat sie sich dort etwa in die Flammen gestürzt?«, fragte ich und warf einen Blick auf die Kirche. Als heiligen Ort konnte man sie fürwahr nicht bezeichnen.
Aber Carlton Lee schüttelte den Kopf. »Keine Leiche«, sagte er. »Wir haben gründlich gesucht. Dann haben sich ein paar Hunde für den Fuß des Berghangs dort drüben interessiert.«
»Wo?« Ich ging ein paar Schritte, um die Steilwände hinter der Kirche besser im Blick zu haben.
»Die linke Höhlenwand. Ich habe mir den Hang hundertmal angesehen. Es ist die einzig machbare Route.«
»Da geht es ja an die siebzig Meter hoch.«
»War wohl eine ziemliche Tortur, aber so muss es gewesen sein«, meinte Carlton Lee. »Sie hat die Kirche in Brand gesetzt, dann ist sie die Steilwand hochgeklettert, weil sie sich ja ausrechnen konnte, dass wir die Straßen überwachen würden, und ist im tiefen Wald untergetaucht, der sich von hier aus noch etwa vierzig Kilometer bis zur Grenze nach Tennessee erstreckt.«
Er schwieg. »Eins will ich Ihnen sagen«, fuhr er fort. »Der Wald ist ein einziger Dschungel – groß, wild, erbarmungslos. Da gibt es Bären, Wildschweine, Schlangen, Pumas. Wir haben Stunden gebraucht, um über eine andere Route hinaufzukommen. Bis dahin hatte es angefangen zu regnen, und die Hunde verloren die Spur. Die nächsten drei Tage hat es geschüttet wie aus Kübeln. Im Lauf des folgenden Monats haben wir ein halbes Dutzend Suchtrupps durch das Gelände geschickt, sogar ein indianischer Fährtensucher wurde engagiert, ein Seminole aus Florida, aber gefunden haben wir Lil nicht. Soweit
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