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Toxin

Toxin

Titel: Toxin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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beruhigen Sie sich doch«, erwiderte Marsha. »Ich habe die ganze Zeit in den Unterlagen gestöbert. Sie können sich gar nicht vorstellen, wieviel Papierkram das Landwirtschaftsministerium von den Betrieben verlangt. Jeden Tag müssen Sanitärberichte, Dispositionsberichte, Viehbestands-Schlachtberichte, Mängelberichte, Auftrags-Schlacht-Berichte, Rechnungen und und und geschrieben werden. Und diesen ganzen Papierwust vom 9. Januar bin ich gerade durchgegangen.«
    »Und was haben Sie entdeckt?« fragte Kim. »Nichts Ungewöhnliches«, erwiderte Marsha. Sie war inzwischen an einer Tür mit einer Mattglasscheibe angelangt. Auf dem Glas stand: Archiv. Sie drückte die Klinke herunter. Die Tür war nicht verschlossen. Sie trat ein, schloß die Tür hinter sich und verriegelte sie vorsichtshalber.
    »Wenigstens haben Sie es versucht«, stellte Kim fest. »Und jetzt sehen Sie zu, daß Sie so schnell wie möglich von dort verschwinden!«
    »Erst wenn ich die Firmenunterlagen durchgesehen habe«, widersprach Marsha.
    »Es ist schon Viertel nach acht. Hatten Sie nicht von einem Kurzbesuch gesprochen?«
    »Ich brauche wahrscheinlich nicht mehr lange«, versicherte Marsha. »Ich bin im Archiv. In einer halben Stunde rufe ich wieder an.«
    Bevor Kim ihr widersprechen konnte, hatte Marsha die Verbindung beendet. Sie legte das Telefon auf den langen Bibliothekstisch und nahm eine Wand mit Aktenschränken ins Visier. An der gegenüberliegenden Wand befand sich das einzige Fenster im Raum, gegen das der Regen peitschte. Es klang, als würden Reiskörner gegen die Scheibe prasseln. Am Ende des Raums gab es eine weitere Tür. Marsha ging hin und versicherte sich, daß sie abgeschlossen war.
    Mit einem relativ sicheren Gefühl ging sie zurück zu den Aktenschränken und zog die erste Schublade auf.
     
    Nach ein paar Minuten nahm Kim schließlich die Hand vom Hörer. Er hatte gehofft, daß Marsha umgehend noch einmal zurückrufen würde. Das Gespräch hatte so abrupt geendet, daß er zunächst an einen Zusammenbruch der Verbindung geglaubt hatte. Doch er mußte sich wohl damit abfinden, daß Marsha aufgelegt hatte.
    Er saß wieder in dem Klubsessel, in dem Marsha ihn vorgefunden hatte. Außer der Stehlampe neben dem Sessel brannte im ganzen Haus kein einziges Licht. Auf dem Beistelltisch stand ein Glas Whisky, das er sich eingeschenkt, bisher aber noch nicht angerührt hatte.
    Er hatte sich in seinem ganzen Leben noch nicht so elend gefühlt. Immer wieder kamen ihm Bilder von Becky vor Augen und ließen ihm neue Tränen über die Wangen laufen. Im nächsten Augenblick sträubte sich sein Kopf dagegen, die ganze schreckliche Geschichte zu akzeptieren, und er bildete sich ein, daß alles nur die Fortsetzung seines Alptraums war, in dem Becky im tosenden Meer gekämpft hatte. Das Summen des Kühlschranks in der Küche erinnerte ihn daran, daß er etwas essen sollte. Er hatte keine Ahnung, wann er zum letzten Mal etwas Nennenswertes zu sich genommen hatte, doch er hatte absolut keinen Appetit. Er überlegte, ob er vielleicht nach oben gehen und duschen und sich umziehen sollte, aber das erschien ihm zu aufwendig. So blieb er einfach sitzen und wartete auf das Klingeln des Telefons.
     
    Der alte Toyota-Pick-up hatte keine Heizung. Carlos zitterte vor Kälte, als er die Straße verließ und in den Schotterweg einbog, der um den Viehhof von Higgins und Hancock herumführte. Er schaltete den einzigen funktionierenden Scheinwerfer aus und fuhr im Dunkeln weiter. Schließlich kannte er den Weg in- und auswendig, und zudem konnte er sich an den schwachreflektierenden Zaunpfählen zu seiner Rechten orientieren. Er fuhr bis zum Förderband und parkte den Wagen im Schatten des Gebäudes, streifte sich die dicken Fäustlinge von den Händen, die er im Auto zu tragen pflegte, und tauschte sie gegen ein Paar engsitzende schwarze Lederhandschuhe aus. Dann griff er unter den Sitz und holte ein langes, gebogenes Schlachtermesser hervor, das fast genauso aussah wie das, welches er tagsüber benutzte. Reflexartig testete er die Schneide. Durch die Lederhandschuhe hindurch spürte er, daß sie scharf wie ein Rasiermesser war.
    Er stieg aus und blinzelte kurz, als ihm ein Regentropfen ins Auge kam. Mit einem Sprung überwand er den Zaun und landete in dem plattgetrampelten Matsch des Viehhofs. Ohne sich um den Kuhdung zu kümmern, spurtete er los und verschwand über das Förderband in den düsteren Tiefen des Schlachthofes.
     
    Eine Austerngabel in der

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