Toxin
und verfolgte im Spiegel, wie der Mann langsam hinten an ihm vorbeiging und ihn skeptisch beäugte. Plötzlich begann sein Herz wie wild zu jagen. Hinter ihm stand der Mann, der ihn zuerst bei Higgins und Hancock und dann in seinem eigenen Haus attackiert hatte!
Er drehte sich langsam um. Der Mann war zur Tür weitergegangen, hatte sie aber noch nicht geöffnet, sondern starrte ihn noch immer mit durchdringendem Blick an. Für den Bruchteil einer Sekunde sahen sie sich in die Augen. Kim versuchte zu grinsen und tat so, als suche er nach den Papierhandtüchern. An der Wand hing zwar ein Spender, aber das Vorderteil war abgerissen, und das Gehäuse war leer. Er riskierte einen weiteren Blick auf den Unbekannten. Sein rätselhafter Gesichtsausdruck hatte sich nicht verändert. Kim ließ seine rechte Hand unauffällig in die Tasche gleiten; es war tröstlich zu wissen, daß er eine Pistole dabeihatte. Die Sekunden vergingen wie Minuten. Der Mann starrte ihn immer noch mit seinen kalten, schwarzen und undurchdringlichen Augen an. Er wirkte wie eine Statue. Kim mußte sich beherrschen, um nicht irgend etwas zu sagen und das unangenehme Schweigen zu brechen.
Zu seiner großen Erleichterung beendete der Mann plötzlich die wortlose Konfrontation, riß die Tür auf und verschwand.
Kim seufzte erleichtert auf. Erst jetzt bemerkte er, daß er die ganze Zeit die Luft angehalten hatte. Den Kopf ein wenig nach unten gebeugt, flüsterte er in sein verstecktes Mikrophon: »Mein Gott, Tracy! Der Verrückte mit dem Messer war in einer der Toiletten. Ich habe keine Ahnung, was er mitbekommen hat. Er hat mich angestarrt, aber kein Wort gesagt. Hoffentlich hat er mich nicht erkannt!«
Nachdem er sich kaltes Wasser ins Gesicht geklatscht und den Stöpsel wieder ins Ohr gesteckt hatte, atmete er einmal tief durch und verließ den Abort. Im Schlachtbereich versuchte er, flach durch den Mund zu atmen, um den Gestank nicht wahrzunehmen. Seine Beine fühlten sich ein bißchen weich an. Für den Fall, daß der Unbekannte ihm auflauerte, hatte er die Hand in der Tasche und umklammerte die Pistole. Der Aufseher stand in der Nähe; er hatte offensichtlich auf ihn gewartet. Kim sah sich nach dem Unbekannten um. Er glaubte, gerade noch einen Blick von ihm erhascht zu haben, bevor er ein ganzes Stück entfernt hinter einer Maschine verschwand. »Geht es Ihnen besser?« versuchte Street den Lärm zu übertönen.
Kim nickte und versuchte zu lächeln.
Street grinste und reichte ihm den langstieligen Besen. »Sie müssen mehr im Magen gehabt haben, als Sie gedacht haben«, bemerkte er und klopfte Kim auf den Rücken. Dann verschwand er.
Kim schluckte und schüttelte sich einmal kräftig, um die nächste Welle von Übelkeit abzuwehren, die ihn zu überkommen drohte. Er richtete den Kopf nach unten. So mußte er nicht ständig den Anblick der kopflosen, gehäuteten Rümpfe ertragen, die auf dem Weg zum Kühlraum an ihm vorbeizogen. Den Besen mit beiden Händen umklammernd, begann er zu kehren.
»Ich habe keine Ahnung, ob du mich bei diesem Lärm überhaupt hören kannst«, flüsterte er, den Mund dicht am Mikro. »Offenbar arbeitet der Kerl mit dem Messer hier. Wenn ich darüber nachdenke, wundert mich das eigentlich nicht. Ich sollte am besten schnell rausfinden, wo er jetzt ist.«
Er duckte sich, um einem der mehr als tausend Pfund schweren Rümpfe auszuweichen. Er hatte nur einen Augenblick nicht aufgepaßt, und war sofort mit dem Förderband ins Gehege geraten. Nun lief auch er mit einem dicken Blutfleck auf dem Kittel herum - genau wie alle anderen in dem großen Raum.
Er richtete sich auf, taxierte die Geschwindigkeit, mit der die Rinderrümpfe vorbeirumpelten, und passierte die Linie. Er wollte unbedingt der Route folgen, die sein Angreifer genommen hatte.
»Man hat mir offenbar den miesesten Job gegeben, den es hier gibt«, sprach er in der Hoffnung ins Mikro, daß Tracy ihn trotz des Krachs hören konnte. »Ich stehe auf der untersten Stufe, unter mir ist keiner mehr, aber wenigstens kann ich mich uneingeschränkt bewegen. Die anderen stehen alle an einer Art Fließband und dürfen sich nicht vom Fleck rühren, solange die Rinderrümpfe vorbeiziehen.«
Er ging um die riesige Maschine herum, hinter der er den Messermann hatte verschwinden sehen. In diesem Teil des Raums war der Boden bis auf ein bißchen Blut, das unter der Maschine versickert war, relativ sauber. Links von ihm befand sich eine Wand.
Fegend bewegte er sich weiter. Vor
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