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Toxin

Toxin

Titel: Toxin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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verrückt!« entgegnete Tracy. Die Eingangstür ging auf. Die beiden rutschten instinktiv ein Stück tiefer in ihre Sitze. Zwei miteinander ins Gespräch vertiefte Männer verließen das Gebäude und gingen an ihnen vorbei.
    Tracy und Kim richteten sich auf. Sie sahen sich an und grinsten nervös.
    »Wir verhalten uns wie zwei Teenager, die jemandem einen Streich spielen wollen«, stellte Kim fest. »Vielleicht sollten wir das Ganze noch einmal durchsprechen«, sagte Tracy.
    »Wir haben alles durchgesprochen«, entgegnete Kim. »Jetzt schreiten wir zur Tat.« Er beugte sich zu Tracy hinüber und küßte sie. Es war der erste Kuß seit einer Ewigkeit. »Drück mir die Daumen!«
    »Ich weiß wirklich nicht, wieso ich mich auf diese verrückte Idee eingelassen habe«, seufzte sie. Sie hatte ein ungutes Gefühl im Bauch.
    »Du hast dich darauf eingelassen, weil du dir deiner Verantwortung als Bürgerin bewußt bist«, entgegnete Kim mit einem verschmitzten Grinsen. »Stell dir mal vor - wenn wir unser Ziel erreichen, retten wir zigtausendmal mehr Menschenleben, als ich retten könnte, wenn ich mein ganzes Leben lang Herzoperationen durchführen würde.«
    »Weißt du, was mich am meisten erstaunt?« fragte Tracy. »Innerhalb von ein paar Tagen hast du eine Wandlung vom egoistischen Narzißten zum ums Allgemeinwohl besorgten Altruisten vollzogen. Du bist von einem Extrem ins andere gefallen. Ich hatte bisher immer geglaubt, daß Charaktere sich nicht verändern können.«
    »Darüber könnt ihr Psychologen euch gerne den Kopf zerbrechen«, bemerkte Kim und öffnete die Autotür. »Sei vorsichtig!« mahnte Tracy.
    »Ich passe schon auf«, versprach Kim. Er stieg aus, beugte sich aber noch einmal ins Wageninnere. »Denk daran - ich stecke mir den Kopfhörer nur ab und zu ins Ohr. Die meiste Zeit wird unsere Unterhaltung also nur in einer Richtung möglich sein.«
    »Ich weiß«, versicherte Tracy. »Viel Glück!«
    »Danke«, entgegnete Kim. »Bis bald!« Er winkte und verschwand.
    Tracy beobachtete, wie er entsprechend seiner neuen Persönlichkeit lässig auf den Eingang zuschlenderte. Trotz ihres mulmigen Gefühls mußte sie grinsen. Es war ihm perfekt gelungen, das unbekümmerte, unverfrorene Äußere eines abgerissenen Punkers nachzuahmen.
    Sie legte den ersten Gang ein und fuhr, wie Kim vorgeschlagen hatte, bis zum Ende des Gebäudes, wo sie hinter einem Lieferwagen eine freie Lücke entdeckte. Sie kurbelte das Fenster herunter und stellte die Antenne aufs Dach. Dann setzte sie sich den Kopfhörer auf und schaltete den Verstärker ein. Nach der Erfahrung bei ihrem Test am frühen Morgen stellte sie den Lautstärkeregler zunächst ganz nach unten und drehte dann vorsichtig lauter. Plötzlich hörte sie Kims Stimme. Er sprach mit einem übertriebenen spanischen Akzent. »Ich brauche einen Job«, sagte er und zog die Vokale in die Länge. »Ist mir egal, was für einen. Ich bin total pleite. Hab’ in der Stadt gehört, daß Sie Leute brauchen.« Tracy drückte auf die Aufnahmetaste des Tonbandgeräts und machte es sich so gut es ging gemütlich.
    Kim hatte nicht schlecht gestaunt, wie schnell und problemlos man ihn in das Büro des Aufsehers geleitet hatte. Für den Anfang war das sehr ermutigend. Jed Street war ein unscheinbarer Mann, dessen langer weißer, blutverschmierter Kittel von einem kleinen Bauch gewölbt wurde. Auf der Ecke seines Schreibtischs lag ein gelber Bauarbeiterhelm. Vor ihm stapelte sich ein großer Packen Rechnungen.
    Street hatte Kim skeptisch gemustert, als er das Zimmer betreten hatte. Aber nach ein paar Sekunden hatte er Kims Äußeres offenbar akzeptiert und kein Wort darüber verloren. »Haben Sie schon mal in einem Schlachthaus gearbeitet?« fragte Street und lehnte sich in seinem Schreibtischsessel zurück. Er spielte mit einem Bleistift herum. »Nein«, gestand Kim lässig. »Aber einmal ist immer das erste Mal.«
    »Haben Sie eine Sozialversicherungsnummer?« fragte Street. »Nein«, erwiderte Kim. »Ich hab’ gehört, man braucht hier keine.«
    »Wie heißen Sie?« wollte der Aufseher wissen. »Jose«, erwiderte Kim. »Jose Ramerez.«
    »Und woher kommen Sie?«
    »Aus Brownsville, Texas«, erwiderte Kim im breiten Südstaatendialekt statt mit spanischem Akzent.
    »Alles klar«, entgegnete Street. »Und ich komme aus Paris, Frankreich.« Doch Kims verbaler Fehlgriff schien ihn nicht weiter zu interessieren. Er beugte sich nach vorn. »Die Arbeit bei uns ist hart und schmutzig. Sind Sie

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