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Toxin

Toxin

Titel: Toxin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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fragte Kim. Dr. Morgan nickte.
    Kim beugte sich ein wenig vor und nahm die Bilder genau ins Visier. Mit Brustaufnahmen kannte er sich zwar besser aus, aber das Wesentliche erkannte er trotzdem. »Der Darm sieht gleichförmig ödematös aus«, sagte er nach ein paar Sekunden.
    »Genau«, entgegnete Dr. Morgan beeindruckt. Sie hatte geglaubt, ihn auf die krankhaften Veränderungen hinweisen zu müssen. »Die Schleimhaut ist fast auf der gesamten Länge des Darms angeschwollen.«
    Kim richtete sich wieder auf. »Und was sagt Ihnen das?« fragte er. Was er auf den Bildern sah, gefiel ihm ganz und gar nicht, aber er wußte nicht, welchem klinischen Symptom er das krankhafte Erscheinungsbild zuordnen sollte.
    »Ich befürchte, daß wir es mit E. coli O157-H7 zu tun haben«, erklärte Dr. Morgan. »Ähnliche Aufnahmen findet man auch bei durch Shigellen hervorgerufener Dysenterie, aber die Patientin hätte wahrscheinlich Fieber. Und wie Sie ja wissen, ist Becky fieberfrei.«
    »Wie sieht es mit Antibiotika aus?« fragte Kim. »Dr. Faraday hat davon abgeraten. Er fürchtet, daß sie die gesunde Darmflora zerstören. Sind Sie der gleichen Meinung?«
    »Ja«, erwiderte Dr. Morgan. »Und zwar nicht nur, um die gesunde Flora nicht zu zerstören. Antibiotika wären vermutlich unwirksam. Da Becky kein Fieber hat, stehen die Chancen gar nicht schlecht, daß die Erreger ihren Darm bereits verlassen haben.«
    »Gesetzt den Fall, wir haben es mit einer Toxämie zu tun«, überlegte Kim weiter, »wie stellen Sie dann die Diagnose?«
    »Man könnte direkt auf das Toxin untersuchen«, erwiderte Dr. Morgan. »Leider hat AmeriCare unser Labor nicht autorisiert, den Test durchzuführen.«
    »Erzählen Sie mir nicht, um Kosten zu sparen«, erboste sich Kim.
    »Doch, ich fürchte, das ist der Grund«, entgegnete Dr. Morgan. »Der Test ist in den Augen der Verwaltung nicht rentabel.«
    »Das darf doch wohl nicht wahr sein!« explodierte Kim und schlug mit der Faust auf die Arbeitsfläche. »Wenn ich das Wort ›rentabel‹ noch einmal höre, kriege ich einen Tobsuchtsanfall. Seitdem es Becky so schlechtgeht, scheint mich die Profitgier von AmeriCare auf Schritt und Tritt zu verfolgen.«
    »Wir müssen uns leider alle mit den Realitäten des gewinnorientierten Gesundheitswesen arrangieren«, entgegnete Dr. Morgan. »Aber zu Ihrer Beruhigung: Ich habe entschieden, den Test trotzdem zu machen. Die Probe wird im Sherring-Labor untersucht. In vierundzwanzig bis achtundvierzig Stunden haben wir das Ergebnis.«
    »Gut«, sagte Kim. »Vielen Dank. Entschuldigen Sie, daß ich eben behauptet habe, Sie würden nichts tun. Geld sollte wirklich keine Rolle spielen, wenn es um Beckys Gesundheit geht.«
    »Was wissen Sie über diesen speziellen E.-coli-Stamm und das Toxin, das er bildet?« fragte Dr. Morgan. »Wobei ich Sie nochmals darauf hinweisen möchte, daß die Diagnose noch nicht endgültig feststeht.«
    »Nicht viel«, gestand Kim. »Ich wußte nicht einmal, daß Antibiotika dagegen nichts ausrichten können. Mit E. coli bin ich in meiner Praxis noch nie konfrontiert worden. Allerdings hatte ich schon des öfteren mit vancomycin-resistenten Enterokokken zu tun. Herzchirurgen haben einen Horror vor den Dingern.«
    »Ich verstehe, was Sie meinen«, entgegnete Dr. Morgan. »Zu dem Enterokokkenproblem kann ich wiederum nicht viel sagen, zu dem Kolibakterienstamm E. coli O157:H7 jedoch schon. Vielleicht weiß ich sogar ein bißchen zu viel darüber. Ich glaube, Sie und Ihre Frau sollten wissen, daß der Erreger sehr gefährlich sein kann.«
    »Inwiefern?« fragte Kim nervös. Der Ton von Dr. Morgan gefiel ihm gar nicht und ebensowenig, was sie gerade gesagt hatte. Er machte sich nicht einmal die Mühe, sie zu korrigieren und klarzustellen, daß Tracy und er nicht mehr verheiratet waren.
    »Vielleicht sollten wir uns erst mal hinsetzen«, schlug Dr. Morgan vor. Sie wußte noch nicht recht, wie sie Kim ihre Befürchtungen darlegen sollte, ohne ihn übermäßig zu beunruhigen. Offensichtlich war er sowieso schon kurz davor, die Beherrschung zu verlieren.
    Kim folgte der Aufforderung und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Er wagte nicht, der Ärztin zu widersprechen. »Falls wir es bei Beckys derzeitigen Beschwerden tatsächlich mit E. coli zu tun haben, macht mir der Abfall ihrer Thrombozyten Sorgen«, begann Dr. Morgan. »Gestern abend war die Anzahl ihrer Thrombozyten nur leicht verringert, aber nachdem wir ihren Flüssigkeitshaushalt reguliert haben, ist

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