Tränen aus Feenstaub
ans Bett und sah sich an, ob es auch wirklich passte. Das war dann auch das erste Mal, dass sie wirklich einen Blick auf das warf, was sie da aufgehängt hatte.
Es handelte sich wie bei so vielen von Pinas Zeichnungen um ein Mangabild. Aber keines, das eine beliebte Figur aus einer der zahlreichen Zeichentrickserien darstellte. Dieses Bild war anders. Aus dem einfachen Grund, weil es jemanden verblüffend ähnelte, den Anita schon einmal gesehen hatte.
„Ist das ein Freund von dir?“, wollte die Schwesternschülerin wissen.
Diese Frage war nicht außergewöhnlich, wenn man wusste, dass Pina viele ihrer Freunde oder Familienmitglieder als Mangas verewigt hatte. Aber war Finn ein Freund von ihr? Ja, irgendwie schon! Oder wie sollte man einen Menschen sonst bezeichnen, mit dem man eine Traumwelt teilte?
Pina beantwortete Anitas Frage aber trotzdem nicht wirklich. „Das ist Finn, er ist ein Motorradfreak!“
Wie er hieß und was er war, wusste Anita bereits. Aber dass es Pina auch wusste, schuf eine Verbindung der beiden, bei der die Krankenschwester ratlos war, wie sie damit umgehen sollte. Wenn er wirklich ein Freund von Pina war, vielleicht sogar ihr Freund , dann hatte sie ein Recht zu wissen, was mit ihm geschehen war. Aber vorher wollte sich Anita ganz sicher sein. Darum ließ sie nicht locker.
„Ist er dein Freund?“, fragte sie direkt.
Schon wieder so eine Frage, die man nicht direkt mit ja oder nein beantworten konnte. Er war nicht unbedingt ihr Freund , aber es verband sie dennoch viel miteinander. Zumindest in ihrer Traumwelt bestand zwischen ihnen eine Verbindung und sie waren dort auf einander angewiesen.
„Wir haben uns die letzte Zeit häufig gesehen“, wich Pina einem klaren Ja oder Nein aus.
Für Anita hörte sich das nach der Anbahnung einer zarten Romanze an. Daher versuchte sie, ihr die nächste Information so schonend wie möglich beizubringen.
„Hat dir schon jemand gesagt, dass Finn hier ist?“
11
Pinas Herz begann zu rasen. Finn war hier?
„Wo ist er? Draußen? Sucht er nach mir?“
Pina richtete sich im Bett auf und blickte zur Glastür, von der aus man den Gang der Station sehen konnte. Kam er schon? Hatte er einen Weg gefunden, die Traumwelt zu verlassen und suchte jetzt nach ihr, um ihr das mitzuteilen?
Pinas Reaktion auf die Ankündigung, ihr Freund wäre hier, bestätigte Anita in der Annahme, dass sie ein Paar waren. Deshalb fiel es der jungen Schwesternschülerin umso schwerer, dem Mädchen mitzuteilen, wo sich der junge Mann befand.
„Es tut mir leid, Pina“, druckte sich Anita um eine konkrete Antwort. Sie versuchte, Mut zu sammeln die Wahrheit zu sagen. „Dein Freund ist ein Patient, kein Besucher!“
Natürlich! Das musste es sein! Das war ganz bestimmt die Verbindung, die zwischen ihnen bestand. Sie waren beide Patienten im gleichen Krankenhaus. Nur warum hatte Finn nicht erwähnt, dass er hier untergebracht war? Aus dem selben Grund wie sie? Weil jeder von ihnen versuchte, dem Krankenhausalltag zu entfliehen und seine Krankheit zu vergessen? Wollte auch er nicht an das erinnert werden, was ihm fehlte?
Das konnte durchaus sein. Aber in ihrer Traumwelt suchte er nach Antworten und sie, Pina, hatte ihm versprochen diese Antworten zu finden. Und die beste Möglichkeit dafür war, mit ihm in der realen Welt zu sprechen. Vielleicht konnten sie so gemeinsam einen Weg finden, wie er sich aus ihrer Traumwelt lösen konnte.
„Auf welcher Station liegt er? Kann ich ihn besuchen?“
Mit dieser Frage brachte Pina die Schwesternschülerin in arge Bedrängnis. Sie wünschte, sie hätte nicht zugegeben, den Burschen auf Pinas Bild zu kennen. Denn für eine Antwort auf die Frage nach seinem genauen Aufenthaltsort, fühlte sie sich noch nicht bereit.
„Wir sprechen später weiter“, zog sie sich aus der Affäre. „Ich muss meine Runde beenden und noch bei drei weiteren Patienten Blutdruck und Fieber messen.“
Pina nickte. Sie war schon damit beschäftigt darüber nachzudenken, was sie alles mit Finn besprechen musste. Deshalb bemerkte sie nicht, dass Anita regelrecht aus dem Zimmer floh.
Die Schwesternschülerin schob es, solange es ging, hinaus, zu Pina zurückzukehren. Sie wollte nicht diejenige sein, die dem Mädchen die schlimme Nachricht überbrachte, was mit ihrem Freund geschehen war. Aber sie hatte das Thema angeschnitten und musste es jetzt auch zu Ende bringen.
Anita wartete, bis ihre Schicht beendet war und die Nachtschwester die Station
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