Tränen der Lilie - Seelen aus Eis (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
rieselten.
Nichts kam diesen
Gefühl auch nur im Ansatz nahe, welches Michael jetzt in ihr
auslöste. Der leichte Wind trug den Geruch von Gras und den
Nieselregen vom Wasserfall zu ihnen herüber, der sich samtig mit
dem Geruch der unzähligen Blumen auf der Wiese vermischte.
Unendlich zart,
fast kaum zu spüren wanderten Michaels Finger weiter hoch und
erkundeten den Ansatz ihrer kleinen Brust. Jetzt begann auch er
leicht zu zittern und schloss die Augen.
Er fühlte sich ihr
so nahe, dass er ihren ureigenen, süchtig machenden Duft nach
Maiglöckchen wahrnahm, der in ihren Haaren und in ihren Poren
haftete. Ihre glühende Haut unter ihm verursachte heiße Wellen
von Fieberschüben. Wenn er sich jetzt nicht sofort stoppte, dann
konnte er sein tierisches Selbst nicht mehr beherrschen und
seine so eisern auferlegte Selbstkontrolle würde so schnell
dahin schmelzen, wie Eis in der Sonne.
Es war dieses
Urvertrauen ihre Seele, was ihm unter die Haut ging. Unter
Aufbietung all seiner noch menschlichen Kräfte zog er seine Hand
von der Wärme ihres Körpers weg und umschlang stattdessen ihren
Nacken.
Zeitgleich ertönte
sein Piepser, den er immer griffbereit mit sich trug. Michael
fluchte unterdrückt und setzte sich ruckartig auf. Nach einem
Blick auf das Display griff er zum Handy und wählte die
Kliniknummer. Amy erkannte an seinem besorgten Gesichtsausdruck,
dass es sich um einen Notfall handeln musste.
»Gut Kiara, rufen
sie meinen Vater. Wir sind in fünfzehn Minuten da.«
Amy hatte in der
Zwischenzeit schon die Überreste des Picknicks im Korb verstaut
und sich eilig erhoben. Genauso wie Michael, verstand sie es
instinktiv und binnen weniger Sekunden, ihre eigenen privaten
Gefühle auszuklinken und den medizinischen Verstand
einzuschalten. Das hatte ihre Mutter ihr schon früh beigebracht.
Bei einem Notfall sofort und ohne Zögern alle Gefühle und
Emotionen privater Art zu vergessen. Es war wie ein Schalter,
den man umlegte. Denn nur dann war man in der Lage sich auf den
Notfall zu konzentrieren. Michael schob sein Handy in die Tasche
seiner Jeans und begann im Laufschritt die Decke mit sich zu
reißen. Danach nahm er den Weidenkorb und griff nach ihrer Hand.
»Es ist Gladys,
die alte Indianerin«, stieß er hervor.
»Ihre Werte sinken
rapide und sie hat eine sehr starke Unterkühlung. Kiara sagt,
das ihre Körpertemperatur nur noch 33 Grad beträgt und sie sinkt
von Minute zu Minute mehr. Das ist medizinisch absolut nicht zu
erklären«, murmelte er zu sich selber, ohne dabei sein Laufen zu
verlangsamen.
»Und sie hat schon
dreimal nach dir gefragt.«
»Nach mir?«,
fragte Amy außer Atem, da sie versuchte mit seinem Tempo Schnitt
zu halten.
»Ja, das verstehe
ich auch nicht«, erwiderte Michael.
»Aber wir werden
es bald erfahren, wenn wir es noch rechtzeitig schaffen, zu ihr
zu kommen.«
Sie hatten den
Wagen erreicht. Michael warf den Korb und die Decke achtlos auf
den Rücksitzt und startete schon den Motor als Amy einstieg.
Mühelos fand er den undurchsichtigen Weg durch den Wald zurück
und bog auf den Highway ab. Dann gab er Gas und der Wagen flog
fast über die Straße. Amy vermied es, auf den Tacho zu schauen.
Sie vertraute in seine Fahrkünste - normalerweise. Als sie jetzt
jedoch die Umrisse der Bäume draußen nur noch flirrend wahrnahm,
wagte sie es doch und riskierte einen Blick. Sie sah wie die
Tachonadel bei 240 Stundenkilometern erzitterte und schloss
leicht beklommen die Augen.
»Sie war von
Anfang an so merkwürdig, hast du das auch gefühlt«, fragte er
nachdenklich.
»Ich hatte das
Gefühl, das sie uns etwas mitteilen möchte, aber vor irgendetwas
große Angst hat.«
»Ja, den Eindruck
habe ich auch gehabt«, murmelte Michael nachdenklich.
»Ich kann ihre
Gedanken nicht fassen. Aber in irgendeiner Form ist sie die
Verbindung zum Bösen. Ich kann es mental spüren und es macht
mich wahnsinnig, dass sie ausgerechnet dich mit in die
Sache reinziehen will.«
Amy legte ihm
beruhigend eine Hand auf seinen Arm.
»Michael, fang
nicht schon wieder an zu zweifeln. Wir werden bald wissen, was sie von mir will. Schließ mich nicht schon wieder aus deinen
Leben aus, nur weil es vielleicht gefährlich wird. Tu mir das
nicht schon wieder an.«
Intensiv sah sie
ihn an, bevor sie eindringlich fortfuhr.
»Die Indianerin
hätte auch Suletu oder
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