Tränen der Lilie - Seelen aus Eis (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
Pupillen versanken in Amys smaragdgrünen,
traurigen Augen.
Dann führten sie
Michael hinaus.
****
Im Nebentrakt
hatten sie das Elixier gemixt. Jetzt trat der weise Rat der
Dogianer auf ihn zu und sie begannen die sakralen und
jahrhundertealten Beschwörungsformeln zu murmeln. Sie bewirkten
dass das Lirysimnumala seine Wirkung tat und der
Bewusstseinszustand des Vergessens eintrat. Michael wappnete
sich innerlich. Er wusste, dass der Rat die einzig richtige
Entscheidung getroffen hatte. Denn in seinem jetzigen Zustand
stellte er tatsächlich eine Gefahr für die gesamte Gezeitenwelt
da und gefährdete damit alle Hüter der Gezeiten. Das sagte ihm
sein Verstand. Doch als die ersten Tropfen des Elixiers seinen
Mund benetzen, dachte er an etwas anderes.
Sein letzter
Gedanke galt Amy, seiner einzigen Liebe und seine Gefährtin für
die Ewigkeit. Michael lag auf dem steinernen Altar und starrte
in die kristallgeschmückten Decke hinauf. Die Schwaden des
Weirauches hüllten ihn ein und die letzte Erinnerung, bevor er
in den Fluten des Vergessens versank, war Amys Gesicht und ihr
ureigener Duft.
Kurz darauf
versank seine Welt in ein dunkles Nichts.
****
Zwei Stunden nach
dem Ritual öffneten sich die Türen des Saales erneut. Die
Dogianer erschienen als erstes. Die Wamblis folgten dahinter –
und in ihrer Mitte ging Michael.
Sein Körper war
stolz und aufrecht und seine Augen waren starr auf den Ausgang
gerichtet.
Die
Geisterkrieger, die rechts und links vom Gang
standen, schien er überhaupt nicht wahrzunehmen. Seine
Augen schienen irgendetwas in der weiter Ferne zu suchen.
Amy trat vor und
streckte zaghaft ihre Hand aus, aber Michael beachtete sie nicht
einmal.
Das Lirysimnumala
schien ganze Arbeit geleistet zu haben. Verzweifelt sank Amy zu
Boden.
Sie spürte eine
lähmende Trauer in sich und gleichzeitig eine verdammte und
abgrundtiefe Wut auf Raha und das Böse.
Sie versuchte die
verlorenen Tränen zurückzuhalten, aber sie waren nicht mehr
aufzuhalten. Tränenüberströmt starrte sie Michael hinterher, der
ohne ein Wort und ohne sie eines Blickes zu würdigen den langen
Gang aus dem Alkoven-Saal schritt.
Tohu ging auf sie
zu und als er sie erreichte, sank auch er auf die Knie und
ergriff ihre beiden Hände.
»Kimimala, mein
Tochter. Vertraust du mir?«
Gequält sah sie
ihn an und zögerte einen langen Moment, bis sie schließlich
zaghaft nickte.
»Das ist gut«,
flüsterte er.
»Ich verspreche
dir, dass alles gut wird. Du musst an Michael und seine Liebe
glauben. Wenn er sich jetzt nicht an dich erinnern kann, so wird
er eure magische Verbundenheit doch niemals vergessen. Geh jetzt
nach Hause und vertraue darauf, dass sich alles zum Guten
wendet. Michael ist nicht alleine. Der gesamte Igmu Tanka-Clan
wird ihn auf seiner Reise begleiten. Sebastién Sinnamon kennt
Michael schon seit vielen Jahrzehnten und er wird ihm zu Seite
stehen.«
Glück und Leid
» J a,
du schaffst es. Jetzt hol noch einmal ganz tief Luft.« Alle
klatschen anfeuernd in die Hände und Zacharias begann seine
Backen aufzublasen und mit der ganzen Kraft seines ab heute
sechsjährigen Lebens, die Kerzen auszupusten. Er strahlte über
das ganze Gesicht und nur wer ihn genau kannte, der merkte dass
seine rechte Gesichtshälfte sich nicht mit bewegte. Amy führte
ihn zu dem kleinen Tisch und zeigte ihm seine Geschenke.
»Oooch, sie die
alle für mich?, jubelte er.
»Ja, mein Schatz.
Ganz alleine für dich. Na los, du darfst sie jetzt alle
aufmachen.«
Liebevoll strich
sie ihm übers Haar und sah zu, wie er sich mit vor Freude
geröteten Gesicht ans auspacken machte. Patricia gesellte sich
zu ihnen und lachend versuchte sie die krabbelnde Shanya davon
abzuhalten, sich das bunt leuchtende Geschenkpapier in den Mund
zu stopfen. Fordernd streckte sie ihre kleinen Händchen aus.
»Nein meine Süße.
Das sind Zakkis Geschenke, er möchte sie sicherlich alleine
auspacken«, versuchte Patricia ihre Tochter zu bändigen. Doch
Shanya krabbelte sofort wieder auf Zakki zu, lachte ihn mit
ihren kugelrunden Babyaugen herzerfrischend an und streichelte
tollpatschig sein Gesicht.
Zakki sah sie an
und kam nach kurzem Überlegen zu dem Schluss, dass er es sich
erlauben konnte, an seinem heutigen Geburtstag großzügig zu
sein. Schließlich war er jetzt sechs Jahre alt und
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