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Tränen des Mondes

Tränen des Mondes

Titel: Tränen des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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hatte. Zunächst war er in Fremantle und Perth als Straßenpolizist im Einsatz gewesen, dann war er zur berittenen Polizei im Nordwesten des Landes versetzt worden. Neugier und eine gehörige Portion Abenteuerlust hatten ihn nach Norden getrieben, und mittlerweile war er vom Outback besessen. Er hatte schon oft mit dem Gedanken gespielt, diese Gegend wieder zu verlassen, hatte es aber niemals wahr gemacht. Wenn er in den Süden des Landes reiste, packte ihn jedesmal wieder die Sehnsucht nach jener Stadt, die er jetzt seine Heimat nannte. Nach zehn Dienstjahren und einigen Beförderungen war er bei den Weißen als harter, aber gerechter Gesetzeshüter geschätzt. Die Asiaten und die Aborigines allerdings brachten ihm mehr Furcht als Respekt entgegen.
    Papierkram war nicht seine Stärke. Sean O'Leary war streng bemüht, das Gesetz so wirkungsvoll anzuwenden, daß der Aufwand an Schreibarbeiten und Gerichtsverhandlungen möglichst gering gehalten wurde. Sein Stiefel und seine Faust halfen ihm diesbezüglich ungemein. Was ihn jetzt störte, war ebendieser Papierkram in Verbindung mit dem jüngsten Vorfall. Man konnte ihn zwar nicht ganz vermeiden, aber immerhin einschränken.
    Als Tyndall aufwachte, fand er Sergeant O'Leary an seinem Schreibtisch, er hatte die Füße hochgelegt und hielt ein Glas Whisky in der Hand.
    »Also, fünf Minuten hätte ich Ihnen noch gegeben, Zeit genug für noch einen Drink. Dann hätte ich Ihren Schönheitsschlaf unterbrochen. Tatsache ist, John, daß ich ein bißchen Ruhe brauchte, um über dies und das nachzudenken. War wieder mal ein harter Tag.«
    Tyndall schleppte sich zu einem Stuhl. »Was dagegen?« fragte er und griff nach der Flasche.
    »Ganz und gar nicht, Kamerad. Ist schließlich Ihr Whisky.«
    »So?« meinte Tyndall trocken. Er goß sich ein halbes Glas ein und erhob es. Der Polizist hob seines ebenfalls und prostete ihm zu. Beide tranken.
    »Im Dienst oder nicht im Dienst?« fragte Tyndall beiläufig.
    »Nicht im Dienst, trotz Uniform.«
    Die beiden Männer waren sich sehr ähnlich, auch wenn O'Leary dem Alter nach Tyndalls Vater hätte sein können. Sie stammten beide aus demselben Land – von der Grünen Insel –, und aufgrund dieser Tatsache hatten sie schon so manchen Abend bei ein paar gemeinsamen Drinks in einer Hotelbar, im Büro, nach der Arbeit oder bei einem von ihnen auf der Veranda verbracht. O'Leary nutzte seinen Kontakt zu Tyndall, um sich über die Perlenhändlerszene auf dem laufenden zu halten. Tyndall wußte das, aber es kümmerte ihn nicht. Er konnte diskret sein.
    »Wie geht es Mrs. Hennessy?« wollte O'Leary wissen.
    »Es hat sie sehr mitgenommen, wie man sich denken kann. Sie wird einige Zeit brauchen, bis sie darüber weg ist.«
    »Ach ja, nur zu wahr. Ein Mord an einem Weißen ist eine üble Sache. Aber wenigstens bleibt uns die Qual der Gerichtsverhandlung erspart. Der Mörder hat seine gerechte Strafe bekommen.«
    »Darauf trinke ich.«
    Sie erhoben beide die Gläser und tranken. O'Leary schenkte nach.
    »Merkwürdig, daß dem Kupanger an Ort und Stelle die Kehle durchgeschnitten wurde … Sieht so aus, als wäre ihm jemand gefolgt … oder Hennessy.«
    Bei diesen Worten erstarrte Tyndall, doch er versuchte, seine Reaktion mit einem ausgiebigen Schluck aus dem Glas zu überspielen. O'Leary war das jedoch nicht entgangen. »Wäre möglich. Habe noch nicht darüber nachgedacht.«
    »Die Japse behaupten, es war ein Ostinder. Vielleicht ein Malaie.« Der Polizist nippte an seinem Glas. »Ist Ahmed da?«
    Tyndall war mittlerweile auf der Hut und antwortete in sachlichem Ton. »Ja. Erschien heute morgen wie gewohnt zur Arbeit. Hat die Schuppen und die Boote überprüft. Ich habe ihn dann weggeschickt.«
    »Wie Toby Metta mir berichtete, hat er Hennessy vor dem Mord ein paar Perlen mitgegeben. Er trug sie aber nicht mehr bei sich. Was sagen Sie dazu?«
    »Klingt nach Raub. Verdammt harter Verlust.« Tyndall gab sich ernstlich betroffen.
    »Natürlich. Und Sie wollten mir das mit den Perlen auch gerade erzählen, nicht wahr?«
    »Natürlich. Noch einen Schluck?«
    Es trat eine längere Pause ein.
    O'Leary senkte gedankenvoll den Blick in sein Glas, dann schaute er Tyndall über den Glasrand an. »Wenn diese Perlen wieder auftauchen würden, würden sie mir einen langwierigen Papierkrieg bescheren. Ganz zu schweigen von den immensen Kosten für die Gerichtsverhandlung und all das.«
    Ihre Blicke trafen sich. »Ich glaube nicht, daß diese Perlen Ihnen

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