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Tränen des Mondes

Tränen des Mondes

Titel: Tränen des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Loggerkapitän verdingte. Der ruhige, nüchterne Mann war Freimaurer in der Roebuck-Loge Nr. 56 und hatte Conrad Hennessy gekannt, dem er großen Respekt entgegenbrachte.
    Daher waren Tyndall und Olivia sehr erfreut, als er ihr Angebot, die
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zu übernehmen, nicht ausschlug.
     
    Wenn Tyndall nur wieder Vernunft annähme und sich um das Geschäft kümmern würde, dachte Olivia. Sie konnte ihm nachfühlen, daß er Maya vermißte und verbittert war, weil er keine Verbindung zu den beiden aufnehmen konnte. Sie kam zu dem Schluß, daß er eine Ablenkung gebrauchen könnte, und um die Wogen ihres letzten Streits zu glätten, schickte sie ihm eine elegante, von Hand geschriebene Einladung zum Dinner.
    Am nächsten Tag sprach er sie gleich darauf an und zog die Einladung aus seiner Tasche.
    »Was soll das, Olivia? Was gibt es für einen Anlaß?«
    »Einfach ein Abendessen, John. Bitte kommen Sie, der Anlaß ist, sagen wir mal, der
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eine erfolgreiche Saison und euch allen eine gute Fahrt zu wünschen.«
    »Ich hasse steife Abendgesellschaften und kann dieses ganze blöde Geschwätz nicht ausstehen!«
    »Ich möchte aber so gern, daß Sie dabei sind. Bitte.«
    »Vielleicht werde ich mich blamieren. Beleidige jemandes Gattin, sag einem Stockfisch auf die Nase zu, was ich von ihm halte, trinke einen oder zwei über den Durst.«
    »Wenn es nötig ist, können Sie einen teuflischen Charme und geschliffene Manieren entfalten. Seien Sie bitte pünktlich«, erwiderte sie munter, überging sein mißmutiges Knurren und drückte sich insgeheim selbst die Daumen, daß er kommen würde.
    Er kam auch, mit Absicht etwas zu spät, hatte sich aber der Gastgeberin zuliebe in Schale geworfen und erstrahlte in blütenreinem Weiß. Am Tor fiel ihm auf, daß das Haus für eine Abendgesellschaft ungewöhnlich ruhig wirkte. Nirgendwo parkten Sulkys, die anderen Gästen gehörten, und er fragte sich, ob er sich in der Uhrzeit oder im Datum geirrt hatte. Er wühlte in seinen Taschen nach der Einladung, doch er hatte sie zu Hause liegenlassen. Also stieg er die Verandatreppe hoch, wo Minnie ihn mit einem breiten Lächeln begrüßte.
    »Hast heute Dienst an Deck, was, Minnie?«
    »Nur kleines bißchen. Helfe kochen, dann ich geh nach Hause.«
    Tyndall ging ins Eßzimmer und blieb vor Erstaunen wie angewurzelt stehen.
    Der Tisch war nur für zwei gedeckt. Kerzen und Blumen in der Mitte, dazu feinstes Porzellangeschirr und Kristallgläser. Olivia kam mit einem verschmitzten Lächeln auf ihn zu. Sie trug ein blaßrosa Kleid aus fließendem Stoff, das ihre Figur umschmeichelte, und hatte die Haare hübsch zu einem seitlichen Knoten aufgesteckt.
    Einen Augenblick lang war Tyndall sprachlos. »Wo sind die anderen Gäste?« erkundigte er sich dann.
    »Sieht ganz so aus, als wären nur wir beide hier«, lächelte sie. »Setzen Sie sich doch, John. Ich wünschte mir eben die Gesellschaft meines geschätzten Geschäftspartners – und Freunds. In letzter Zeit hat er sich kaum blicken lassen.«
    »Sie haben mich reingelegt. So was hab ich gar nicht gern.« Doch seine Stimme klang freundlich.
    »Sonst wären Sie nicht gekommen, aber wir müssen unbedingt miteinander reden.«
    »Wir reden die ganze Zeit.« Er nahm die Champagnerflasche und füllte zwei Gläser.
    »Nein, tun wir nicht. In letzter Zeit haben wir uns nur gestritten, und wenn wir doch einmal ein vernünftiges Wort miteinander wechseln, dann nur über rein geschäftliche Dinge. Ich finde, es ist Zeit für einen Neuanfang auf einer freundschaftlicheren Basis. Wir sollten an unsere gute Beziehung von früher wieder anknüpfen.«
    »Worauf wollen Sie eigentlich hinaus? Ich mag es nicht, wenn man um den heißen Brei herumredet.«
    Sie drehte den Kristallstiel ihres Glases zwischen den Fingern und sprach leise, ohne ihn anzusehen. »Wir haben beide einen Verlust erlitten, und obwohl der Ihre nur vorübergehend ist, sollten wir uns beide ein wenig emotionalen Rückhalt geben, meine ich.« Sie blickte zu ihm hoch. »Ich fühle mich einsam und es gibt niemand, mit dem ich offen darüber reden kann, wie es mir wirklich geht. Mir fehlt Conrads Gesellschaft. Ich weiß, daß ich in der Stadt immer Gegenstand von Spekulationen bin. Die Damen meinen es zwar gut, aber ich habe stets das Gefühl, ich muß untadeliges Benehmen an den Tag legen und darf nicht ich selbst sein.«
    »Zum Beispiel in dieser chinesischen Kluft herumlaufen«, grinste er.
    Sie lachten beide und prosteten

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