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Tränen des Mondes

Tränen des Mondes

Titel: Tränen des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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durch die Stadt ging, hatte er den Eindruck, in den Straßen hätte ein Krieg stattgefunden. Der Sturm hatte ganze Hütten abgerissen und die Teile meilenweit ins Hinterland geweht, von der Existenz dieser Behausungen zeugten nur noch die Fundamente. Manche Geschäftshäuser in der Stadt waren dem Erdboden gleichgemacht, die meisten beschädigt. Auch die Sheba Lane hatte einiges abbekommen, viele Häuser hatten ihre Dächer und ihre wackligen Balkone eingebüßt, doch die meisten standen noch, weil sie sich gegenseitig stützten.
    Von den Hütten der Aborigines war wenig zu retten, doch alle Bewohner hatten im Schutz des Dickichts in den Sanddünen überlebt. Als Alf Tyndall erblickte, tauchte er mit seiner kleinen Tochter Mollie an der Hand auf. Tyndall konnte ihm berichten, daß seiner Frau Minnie nichts passiert war.
    »Sagen Sie ihr, sie nich soll gleich nach Hause. Ich immer noch pflücken ihr von Bäumen runter«, sagte Alf achselzuckend.
    Schließlich konnte Tyndall das Unvermeidliche nicht länger aufschieben und ging am Ufer entlang zum Bürogebäude der
Star of the Sea
. Das Gebäude war leicht mitgenommen, im Wesentlichen aber unversehrt. Ahmed schlief im Büro auf dem Fußboden, den Kopf auf einem zusammengerollten Segel.
    Tyndall weckte ihn auf, dann machten sie sich zusammen auf den Weg, um die Lage im Ufercamp zu erkunden. Den Schuppen konnten sie abschreiben, aber die Wände aus einfachem Wellblech und der Mannschaftsraum im Obergeschoß wären schnell wieder aufgebaut. Die
Bulan
lag weit oberhalb der Hochwassergrenze fest auf Grund, doch der Schiffskörper war ganz geblieben.
    »Wir werden eine Menge Ochsen brauchen, um sie ins Wasser zurückzuziehen«, bemerkte Tyndall. »Dafür und für die Reparaturen an der Takelage werden mindestens zwei Wochen draufgehen.«
    Sie ruderten zur
Conrad
hinaus, einem der wenigen Schiffe, die im Wüten des Sturms fest verankert geblieben waren. Sie lag tief im Wasser, der Hauptladeraum war überflutet. »Da müssen wir nur ein bißchen pumpen und die Segel flicken. Sind wohl mit 'nem blauen Auge davon gekommen, Ahmed.«
    »Guter Name, Käpt'n. Hat dem Schiff Glück gebracht«, stellte Ahmed lächelnd fest.
    »Vielleicht hast du recht, Ahmed. Ein Glücksschiff.« Dann ruderten sie zur
Shamrock
hinüber. Sie war trotz der Anker ein Stück weiter geschleift worden, hing leicht zur Seite und lag jetzt, zwischen Ebbe und Flut, auf Grund, doch die beiden Männer konnten sie bald in tieferes Wasser schleppen und neu verankern. In allen Frachträumen stand Wasser, doch der Schaden war gering.
    »Noch ein Glücksschiff, Ahmed. Schließlich heißt sie
Irischer Klee
. Auch die Iren sind vom Glück begünstigt«, grinste er, weil er wußte, wie abergläubisch sein Freund war.
     
    Alles in allem hatten dreißig Logger auf See Schiffbruch erlitten, doch die
Annabella
dümpelte, nachdem sie beide Masten eingebüßt hatte, mit einem Notsegel nach Broome zurück.
    Evans erhielt großes Lob für sein Geschick, tat es aber bescheiden ab. Das meiste davon sei Glück gewesen. »Wie die Taucher sagen: Wenn dein Tag gekommen ist, mußt du gehen.«
     
    Durch die Reparaturarbeiten gingen etliche Wochen verloren, doch nach und nach liefen die Schiffe wieder aus, die von der Flotte übriggeblieben waren. Yoshi übernahm die
Conrad
, und nachdem die Masten und die Pumpe ersetzt worden waren, stach auch Evans wieder mit der
Annabella
in See. Nur die
Bulan
war noch nicht fertig. Tyndall versprach, er würde in zwei Wochen mit der
Shamrock
neuen Proviant bringen und die Muscheln abholen.
    Tyndall hatte Niah und Maya bislang mit kaum einem Wort erwähnt, doch jetzt wollte er nicht länger schweigen und gestand Olivia, wie sehr es ihn verlangte zu wissen, was mit den beiden geschehen war.
    Sie saßen im Schatten der Dämmerung auf Olivias Veranda. Und als Olivia das Beben in seiner Stimme hörte und die Tiefe seiner Gefühle erkannte, ergriff sie seine Hand.
    »Vielleicht sollten wir die Sache etwas mehr herumerzählen«, schlug sie vor. »Können die Polizei oder die schwarzen Fährtenleser nicht helfen?«
    Tyndall zuckte die Achseln. »Mit meinem Kumpel, dem Sergeant, habe ich schon unter vier Augen darüber gesprochen. Nicht sein Gebiet, meint er. Sache der Schwarzen. Hätte eben Pech gehabt!«
    Später beschloß Olivia, mit Minnie zu reden.
    »Niah und Maya lassen Kapitän Tyndall keine Ruhe. Er würde so gern herausfinden, wo sie stecken. Was meinst du – was könnte man da

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