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Tränen des Mondes

Tränen des Mondes

Titel: Tränen des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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immer besonders glücklich.
    Die Erinnerungen an ihre Mutter waren in den letzten beiden Jahren verblaßt, doch die mit Niah verbundenen Eindrücke und Gefühle hatten sich tief in Mayas Wesen eingeprägt … in ihre Haut, ihr Herz und einen besonderen Teil ihrer Seele.
    Sie kam wieder aus dem Wasser, setzte sich in den Sand und sah den kleinen Kindern zu, die in der Nähe spielten, während die Frauen begannen, das Lager aufzuschlagen und nach Essen zu suchen. Maya betrachtete ihre Füße, die jetzt durch eine dicke Hornhaut geschützt waren. So viel war sie gelaufen! Der Stamm richtete sich nach den Jahreszeiten und den traditionellen Zyklen der Nahrungssuche, die seit Jahrhunderten unverändert geblieben waren, und legte dabei weite Entfernungen zurück. Solange reichlich Nahrung und Wasser vorhanden waren, blieben sie an einer Stelle und zogen dann weiter zur nächsten, wo die Natur die Nahrungsvorräte erneuert hatte, so setzte sich der Kreislauf ewig fort.
    Maya hatte allmählich ein Gespür für das Laufen entwickelt. Anfangs war sie verspielt neben den Frauen hergetrabt. Wenn sie müde war, setzte sie sich auf den Boden, bis jemand sie aufhob und trug. Jetzt war sie älter, und das Laufen war für sie zur Lebenserfahrung geworden. Die Älteren zeigten ihr vieles, die Frauen wiesen sie auf Tierfährten und eßbare Pflanzen hin. Manchmal stellte sich Maya vor, sie wäre ein Vogel oder ein Emu oder sogar ein großer Fisch und ahmte beim Laufen tänzelnd und schlenkernd die Bewegungen der Tiere nach. Manchmal stiegen seltsame Bilder und Erinnerungen in ihr hoch, die sie ohne Neugier oder Angst einfach vorbeiziehen ließ, bis sie wieder verschwanden.
    Die Frauen beobachteten sie voller Stolz. Maya hatte sich zu einem prächtigen Mädchen entwickelt, schlank, kräftig und gesund, ihre Haut, die heller war als die der anderen, hatte unter der Sonne einen goldbraunen Ton angenommen. Ihre langen dunklen Haare, in denen ein paar rotgoldene Strähnen schimmerten, fielen ihr gerade den Rücken hinab.
    Maya liebte und genoß dieses familiäre Stammesleben, doch manchmal spürte sie deutlich, daß sie anders war als die anderen. Sie ließ eine Handvoll Sand durch ihre Finger rieseln. Dann öffnete sie ihre Hand und untersuchte die paar Sandkörner, die noch an ihren Fingerspitzen hafteten. Jedes war verschieden, jedes besaß eine andere Form, alle waren von unterschiedlicher Größe. Behutsam blies Maya in ihre Hand, und alle Sandkörner fielen wieder zu Boden, wo sie sich mit dem Sand vermischten und nicht mehr zu unterscheiden waren. Maya legte den Kopf auf die Seite. Das hatte etwas zu bedeuten, dachte sie, auch wenn sie nicht wußte, was. Sie sprang auf und rannte los, um mit den Kleinen zu spielen, die mit großen Muschelschalen ein Loch in den Sand gruben.
    Nicht lange nachdem das Lager an einem Bach hinter den Dünen errichtet worden war, machte sich Maya mit einer Gruppe von Frauen und Kindern auf, um ›Essen vom weißen Mann‹ zu holen. Mit den Jahren war es Brauch geworden, die Mission in der Nähe zu besuchen, wo ihnen der freundliche Bruder Zucker und Mehl schenkte. Diese Besuche liefen immer nach demselben Ritual ab. Sie mußten sich setzen und dem Bruder zuhören, der dann über ›Gott‹ redete, bevor er die Lebensmittel ausgab. In den Augen der Aborigines war Bruder Frederick ein außergewöhnlicher, liebenswerter Mann, ganz anders als die meisten Perlenfischer, Viehzüchter und Polizisten, die ihnen sonst begegneten. Bruder Frederick hatte ihre Sprache in Grundzügen erlernt, genügend, damit sie seine Geschichten über ›Gott‹ verstehen konnten. Er half ihnen, Krankheiten zu heilen, und erläuterte den Älteren, wenn sie ihn darum baten, die Gesetze des weißen Mannes, die sie als grausam und verwirrend empfanden.
    Die Frauen und Kinder zogen in die Missionsstation, die sich immer weiter ausdehnte, und riefen den dort wohnenden Aborigines Grüße zu. Manche waren Verwandte, die die Sprache des weißen Mannes gelernt hatten, in dieser Sprache sogar Lieder sangen und die heilige Stätte besuchten, das große weiße Gebäude, in dem der Bruder zu ›Gott‹ redete.
    Unter viel Gelächter und Geplauder ließen sich die Besucher und die Bewohner der Mission im Schatten eines ausladenden Mangobaums nieder, um Neuigkeiten auszutauschen. Bald trat Bruder Frederick in die Tür der weißen Kirche. Er winkte ihnen mit beiden Armen überschwenglich zu, ging über den Rasen und hieß sie mit Rufen in ihrer

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