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Tränen des Mondes

Tränen des Mondes

Titel: Tränen des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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dem Umzug in das neue Haus einstellte. Täglich kam eine Pflegerin, und Olivia gelang es mit Mollies Hilfe, Gilbert aus dem Bett in seinen Rollstuhl zu heben. Sie stellte Mollies Freund Stan ein, einen schüchternen, breitschultrigen Aborigine, der im Garten helfen sollte.
    Olivia entwarf eine kleine Gartenlaube, die Stan in der Mitte des Gartens baute, ein schattiges Plätzchen nicht weit vom Haus, wo Gilbert den Garten und die Aussicht genießen konnte. Stan legte auch Wege an, auf denen Olivia den Rollstuhl gut schieben konnte.
    Sie versuchte, die gelegentlichen Anfälle von Traurigkeit oder Selbstmitleid abzuwehren. Doch konnte sie die Tatsache nicht leugnen, daß sie immer noch eine recht junge Frau mit Sehnsüchten und Bedürfnissen war und daß es weit weg einen Mann gab, der ihre Wünsche erfüllen und sie glücklich machen könnte. Statt dessen hatte sie täglich diesen Mann vor Augen, den sie geheiratet hatte und dem sie Treue schuldete.
    Daher stürzte sich Olivia voll und ganz in eine Tätigkeit, die zunächst nur eine Ablenkung hatte sein sollen: Sie widmete sich dem Garten und entdeckte die Faszination der Wildpflanzen des Westens.
    »Gilbert, schau dir doch diese außergewöhnliche Buschorchidee an. So ein schönes Blau. Und dann die hier, wie ein Leopardenfell. Stan hat ein paar Känguruhpfotenpflanzen gesammelt und viele andere, die ich erst noch kennenlernen muß. Manche sind wie kleine Gänseblümchen, im Frühling überziehen sie den Boden wie ein Teppich. Müssen sie ja, wenn sie unter so unwirtlichen Bedingungen überleben wollen. Sie gedeihen anscheinend auch noch auf den schlechtesten Böden. Mollie glaubt nicht, daß ich diese Buschpflanzen im Garten halten kann, aber bisher klappt es ganz gut, was meinst du, mein Lieber?« Sie stand neben seinem Rollstuhl, und beide blickten über die zwanglos angeordneten Beete und Terrassen, die Olivia entworfen hatte. Manche Pflanzen wuchsen im Schutz von Lauben, einige Blumen umringten den Stamm schattenspendender Bäume. Es gab auch Beete mit englischen Blumen, die Farbtupfer setzten, denn Olivia liebte die Erinnerung an die englischen Gärten im Frühling. Und wenn sie die Blumen schnitt und in Vasen arrangierte, sah das Haus gleich noch freundlicher aus.
     
    Minnie kam von der Wäscherei zurück und sah Georgie im Garten sitzen. Sie spielte mit den hölzernen Wäscheklammern, die sie in schnurgeraden Reihen hintereinander in die Erde steckte, dann hielt sie stirnrunzelnd und mit drohendem Zeigefinger eine Rede an ihre Truppen.
    »Sie gibt zurück, was sie selber einstecken muß«, dachte Minnie.
    Sie fand Maya in der Küche, legte den Stapel sauberer Wäsche ab und verkündete: »Maya, Zeit daß du gehst zu deine Leute. Mußt auch Kleine mitnehmen. Ja, Zeit daß du siehst deine Familie. Die wissen, daß du bist wiedergefunden, machen sich viele Sorgen, warum du nicht kommst, sie besuchen.«
    »Meine Familie? Du meinst, die Familie meiner Mutter?«
    »Unsere Leute. Wir gehören alle zu selbe Familie.«
    Maya zog einen Stuhl herbei, setzte sich an den Küchentisch und sah Minnie nachdenklich an. Minnie setzte den Teekessel auf, weil sie merkte, daß ein Gespräch fällig war. »Du nie denkst an deine Leute? Deine echte Familie, he?«
    Maya antwortete nicht sofort. Sie mußte gegen die jahrelange Missionserziehung ankämpfen, gegen die weiße Kultur und Lebensart, die ihr das Nachgrübeln über ihre Herkunft verboten hatten. Sie war dazu erzogen worden, alles zu vergessen – ihre Sprache, ihre Kultur, ihren Glauben, sogar ihr Volk, ihre Familie. Schicht für Schicht war ihr wie eine Tapete ein anderes Leben aufgeklebt worden, das verdeckte, wer sie wirklich war. Als sie dann sprach, brachte sie nur ein Flüstern zustande: »Es wurde nie geduldet, daß ich darüber rede. Und ich habe mich selbst zum Schweigen erzogen, weil es mir das Leben leichter machte. Seit ich hier bin, ist viel auf mich eingestürmt – mein Vater, Olivia und Hamish, ihr alle, dazu mußte ich Georgie alles begreiflich machen und ihr helfen, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden. Die ganze Zeit schon fühle ich mich orientierungslos. Ich bin zwar glücklich, daß ich hierher zurückgefunden habe, doch irgend etwas nagt an mir.« Sie holte tief Luft und fand ihre Stimme wieder. »Wahrscheinlich ist es die Tatsache, daß ich mich damit abfinden muß, die zu sein, die ich wirklich bin. Die Barstows haben mir immer verschwiegen, daß ich ein Mischling bin, und ich habe nur vage

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