Träum ich?: Roman (German Edition)
die Tränen.
Als ich vom Parkplatz fahre, steht Gogo nur da und sieht mir nach.
Ich fahre ein paar Blocks weiter, und als ich es nicht mehr aushalte, parke ich und lege den Kopf aufs Lenkrad.
Dann beuge ich mich runter zu meiner Tasche, hole mein Handy hervor und gebe eine Nummer ein. Mir zittern die Hände.
»Bei Burns«, höre ich die freundliche Stimme meiner Großmutter.
»Grandma?«, frage ich mit tränenerstickter Stimme.
»Lily, mein Schatz, was ist denn?«, fragt sie beunruhigt.
»Ich … ich …«, heule ich. »Ich hab’s vermasselt. Vollkommen vermasselt!«
Sechs
» D u behauptest also, er stellt Drainagerohre her?«, fragt Dolly und fasst damit meine Erzählung zusammen, während sie mir Pfannkuchen, Speck und Würstchen auf den Teller häuft.
»Nein, er installiert Entwässerungssysteme«, korrigiere ich sie und schiebe den Teller weg.
»Was für Entwässerungssysteme?«, fragt sie und schiebt den Teller wieder in meine Richtung.
»Das weiß ich auch nicht«, erwidere ich und putze mir die Nase.
»Am Haus sind doch Dachrinnen und Fallrohre. Das sind Entwässerungssysteme fürs Haus. Dein Gogo wird wahrscheinlich etwas Ähnliches machen wie der Mann, den wir jedes Jahr holen, um die Blätter aus der Regenrinne zu entfernen«, erklärt Selma. Sie steht vor dem Spiegel und rückt sich ein Stirnband zurecht.
»Ach, wie traurig«, sagt Dolly.
»Jedenfalls ist er kein Kinderarzt«, heule ich.
»Ach, ach«, sagt Dolly und legt den Arm um mich.
»Du sagst, er sieht müde und verhärmt aus?«, fragt Selma, setzt sich auf den Boden und fängt mit ihrer Gymnastik an.
»Er ist nur noch der Schatten des Mannes von gestern«, sage ich weinend und frage dann: »Was machst du denn da, Mom?«
»Dehnübungen, bevor ich ins Fitnessstudio gehe. Mir ist es lieber, wenn ich direkt zum Stepper kann, sobald ich da bin. Carter – das ist der fünfundzwanzigjährige Trainer, von dem ich dir erzählt habe – redet ständig auf mich ein, sobald ich ein Trainingsgerät verlasse. Wenn ich nicht aufpasse, kommen wir doch noch zusammen und heiraten, und dann kriegt er eine Hantel auf den Kopf.«
»Wenigstens weiß er, wer du bist«, schluchze ich.
»Und er ist nicht mit einem Miststück verheiratet«, fügt Dolly in Anspielung auf Rhonda hinzu.
»Jede wird zum Miststück, wenn plötzlich eine andere Frau auftaucht und sich benimmt wie die Geliebte des eigenen Mannes.«
»Lass mich mal zusammenfassen: Er ist müde und dünn, er hat einen schlechten Job und ein Miststück zur Frau. Trifft es das in etwa?«, fragt Dolly.
Ich ertappe Selma und Dolly dabei, dass sie sich verstohlen anlächeln.
»Jetzt sagt bloß nicht, damit wäre er perfekt für mich!«, heule ich los. »Kommt mir nicht wieder mit eurem Blödsinn!«
»Tut uns leid«, sagt Selma und legt mir den Arm um die Schultern. »Schließlich haben wir dich gewarnt.«
»Was sollte ich denn machen? Er hat mir doch gar keine Wahl gelassen. Er meinte, er habe die Sache mit dem Fluch verstanden und würde aufpassen, nicht vom Blitz oder einem Baum erschlagen zu werden.«
»Wer konnte denn mit so was rechnen?«, fragt Dolly staunend.
»Der Fluch überrascht uns immer wieder. Ständig müssen wir uns fragen, was mit dem nächsten Mann passiert.« Selma hebt die Arme über den Kopf und schiebt ihre Hüften erst zur einen und dann zur anderen Seite. »Aber es ist auch wirklich komisch. Du sagst also, ihr hättet geheiratet, und dann …«
»Warte mal kurz … Bevor wir weiterreden, erzähl uns erst mal von der Hochzeit.« Aufgeregt klatscht Dolly in die Hände. »Hast du einen Schleier getragen?«
»Oh ja, ich war voreilig. Jetzt setz dich, Lily, und berichte uns alles über die Hochzeit. Ach, ich fand es immer traumhaft, den Gang zum Altar hinunterzuschreiten. Also sag schon, wie war es?«, bettelt Selma.
»Es war wundervoll. Wir waren in Vegas und wurden von einem Elvis-Double getraut. Ich trug Jeans und T-Shirt und hatte einen Brautstrauß aus Plastikblumen und Gogo trug Jeans und Flipflops.« Wieder kommen mir die Tränen. »Und es war die romantischste Hochzeit, die ich je erlebt habe«, heule ich.
»Ein Elvis-Double?«, stößt Selma hervor.
»Ein Brautstrauß aus Plastikblumen?«, seufzt Dolly.
»Es ging nicht um das ganze Zeug drum herum, sondern um unsere Trauung, um unsere Liebe«, brülle ich.
»Ach, Schatz«, sagt Selma und greift nach der Kleenexschachtel. »Weine ruhig, Mama ist ja da.« Sie reicht mir noch ein Kleenex.
»Am schlimmsten
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