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Träum ich?: Roman (German Edition)

Träum ich?: Roman (German Edition)

Titel: Träum ich?: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adena Halpern
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hat.
    »Ja, es ist schon komisch. Eigentlich muss ich nur selten mit anpacken. Normalerweise überwache ich alles, aber wenn wir es rechtzeitig zum Golden-Bakeries-Projekt schaffen wol len, müssen wir vorankommen. Offen gestanden«, sagt er, lässt sich auf einen Stuhl sinken und wischt sich mit einer Serviette über die Stirn, »zeigt mir die Arbeit, dass ich ziemlich außer Form bin. Ich müsste dringend ins Fitnessstudio.«
    »Treibst du denn keinen Sport?«, frage ich und betrachte ihn prüfend, als wäre mir nicht längst das Offensichtliche aufgefallen. Nicht dass Gogo fett wäre, im Gegenteil. Er hat so wenige Muskeln, dass ich mich kurz frage, wie er überhaupt diese ganzen Rohre heben und tragen konnte. Ich würde ihm gerne sagen, dass er in seinem anderen Leben immer viel Sport getrieben hat, aber nach dem Drama des letzten Abends verzichte ich lieber darauf.
    »Seit dem College nicht mehr. Gott, in meinem ersten Jahr war ich jeden Tag in der Schwimmhalle und hab meine Bahnen gezogen. Damals war ich ziemlich fit.«
    »Und was hat sich verändert?«, frage ich, um weitere Informationen zu bekommen, wann und warum Gogos Leben vom Kurs abkam.
    »Tja …« Er überlegt. »Ich glaube, ich hatte keine Zeit mehr, weil ich mit Rhonda zusammenkam.«
    »Und jetzt?«
    »Jetzt habe ich auch keine Zeit. Ich sollte sie mir wohl nehmen, aber ich wüsste nicht, wie ich anfangen sollte. Ich kenne nicht mal ein gutes Fitnessstudio.«
    Da kommt mir ein Geistesblitz.
    »Würdest du mich eine Sekunde entschuldigen?«, frage ich.
    »Wo willst du denn jetzt hin?«, fragt Dolly, die gerade einen Teller Essen für Raul zurechtmacht, der neben ihr steht.
    »Ich will nur kurz zu Mom und fragen, wie es ihr geht«, antworte ich.
    »Grüß sie von mir«, bittet Gogo mich. »Vielleicht komme ich später mal und sehe nach der Patientin.«
    »Okay«, sage ich.
    Ich renne die gesamte Strecke zu Selmas und Dollys Haus und reiße die Fliegentür auf, so wie früher als Kind. Damals hörte ich dann unweigerlich: »Du wirst noch das ganze Haus abreißen!«
    »Ma?«, rufe ich laut.
    »Ja?«, höre ich sie aus dem Keller antworten.
    Ich gehe hinunter in den Hobbykeller, wo Selma auf der Couch liegt. Ihr Bein ist auf einen Haufen Kissen gebettet. Vollkommen reglos starrt Selma auf den Fernseher.
    »Ma«, sage ich. »Ich wollte nur mal sehen, wie es dir geht.«
    »Ich spüre, wie meine Muskeln jede Sekunde mehr schrumpfen«, erklärt sie mit dumpfer Stimme und starrt weiterhin auf den Bildschirm.
    »Gogo hat sich auch nach dir erkundigt«, sage ich und setze mich neben sie. »Warum kommst du nicht mit raus und bedankst dich für gestern Abend?«
    »Sehr lieb von ihm«, antwortet sie, ohne auf meine Frage einzugehen. »Er ist so ein netter Junge.«
    »Stimmt«, sage ich lächelnd.
    »Hey«, sagt sie und sieht auf, »was ich fragen wollte: Ich habe gestern Abend hoffentlich nichts Komisches gesagt? Dieses Schmerzmittel war ziemlich stark. Mitten in der Nacht bin ich aufgewacht und hätte schwören können, ich wäre in Paris. Ich hab sogar den Eiffelturm vor meinem Fenster gesehen.«
    »Nein, es war alles gut«, lüge ich, weil ich meine Mutter nicht noch mehr aufregen will. Schließlich hat sie niemandem geschadet.
    »Weißt du was?«, sage ich, stehe auf und nehme ihre Krücken. »Warum kommst du nicht mit mir nach draußen und bedankst dich bei Gogo? Wir essen gerade alle. Dolly hat Grillhähnchen gemacht.«
    »Bitte erwähne weder Dolly noch Grillhähnchen«, sagt sie und verzieht das Gesicht.
    »Ach, sie hat es doch nicht absichtlich gemacht.«
    »Ich darf dieses Bein sechs Wochen nicht bewegen. Nächste Woche bekomme ich einen Nagel in meinen Knöchel – einen Nagel! Den Rest meines Lebens werde ich die Nervensäge sein, die dem Sicherheitsdienst am Flughafen erklären muss, warum bei mir der Alarm losgeht. Im Fitnessstudio haben die meisten Leute in meinem Alter schon neue Hüften und Gelenke, aber ich nicht. Doch ab jetzt geht es bergab.«
    »Unsinn«, widerspreche ich. »In null Komma nichts wirst du wieder auf den Beinen sein und trainieren. Eine Pause tut auch mal gut.«
    »Pause? Darum geht’s mir doch gar nicht. Wie soll ich jetzt Carter, meinen kleinen Adonis, sehen? Er wird sich solche Sorgen um mich machen. Ich weiß nicht, wie ich es ihm erklären soll. Wer glaubt auch, dass ich im eigenen Vorgarten über einen Holzscheit gestolpert bin, weil meine Mutter Hähnchen über dem Lagerfeuer grillen wollte? Sind wir denn die Flodders?

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