Träum weiter, Liebling
nicht sehr irre, sind Sie die beste Sekretärin, die man sich nur wünschen kann. Sie lesen seine Gedanken und wissen, was er will, noch bevor er‘s selbst weiß.«
Sie nickte.
»Aber was hat Ihnen das eingebracht, außer einem monatlichen Gehalt?«
Sie presste zornig die Lippen zusammen. »Nichts. Es hat mir gar nichts eingebracht. Ich mag den Job nicht mal. In der letzten Zeit hab ich immer öfters darüber nachgedacht, ob ich nicht doch nach Florida gehen sollte, wie meine Eltern es sich wünschten. Sie sind dort runtergezogen, um ihren Ruhestand zu genießen, aber dann ist es ihnen zu langweilig geworden, und sie haben diesen kleinen Andenkenladen in Clearwater aufgemacht. Sie liegen mir schon die ganze Zeit in den Ohren, ich soll doch zu ihnen ziehen und den Laden übernehmen.«
»Was möchten Sie denn gerne machen?«
»Ich will mit Kindern arbeiten.«
»Dann tun Sie‘s doch.«
Ihr Zorn verwandelte sich in Frustration. »So einfach ist das nicht. So bin ich zumindest in seiner Nähe.«
»Ist das alles, was Sie sich vom Leben wünschen? In Ethan Bonners Nähe zu sein?»
»Sie verstehen das nicht!«
»Vielleicht verstehe ich mehr, als Sie denken.« Sie holte tief Luft. »Dwayne hat mich wie eine Nutte angezogen und von mir erwartet, dass ich mich wie eine Heilige benehme. Ich hab alles versucht, um so zu sein, wie er es wollte, aber es war nie genug.« Kristy legte ihr mitfühlend die Hand aufs Knie. Rachel sprach leiser. »Anstatt nur für Ethan Bonner zu leben, sollten Sie sich vielleicht mal überlegen, für sich selbst zu leben.«
Kristys Miene war eine herzerweichende Mischung aus Sehnsucht und Enttäuschung. »Keine Typänderung?»
»Nur wenn Sie nicht mit Ihrem alten Typ zufrieden sind.»
»Bin ich nicht.« Sie seufzte.
»Dann also eine Typänderung. Aber tun Sie‘s für sich, Kristy, nicht für Ethan.«
Kristy knabberte an ihrer Unterlippe. »Das heißt dann wohl keinen Stretchmini.«
»Möchten Sie denn einen tragen?»
»Ich würde absolut blöd aussehen.»
»Dann möchten Sie also doch!«
»Ich denk darüber nach. Nicht bloß über den Mini, über alles.«
Sie lächelten einander an, und Rachel merkte, dass sich etwas zwischen ihnen geändert hatte. Bis heute Abend waren sie lediglich Bekannte gewesen. Nun waren sie Freundinnen.
Während der nächsten Tage blühte Rachel förmlich auf. Sie fühlte sich jung und erregend. Das Wetter des Spätjuni war herrlich, mit nur geringer Luftfeuchtigkeit und meist unter dreißig Grad. Dennoch hatte sie dauernd das Gefühl, verbrennen zu müssen.
Bei der Arbeit ließ sie meist die obersten Knöpfe an ihren Hauskleidern offen, damit der leise Luftzug sie kühlen konnte. Der verschwitzte, ausgewaschene Stoff klebte an ihrem Oberkörper, so dass ihre kleinen, festen Brüste deutlich zu sehen waren und sie sich beinahe üppig und richtig sexy vorkam. Sie band ihre roten Haaren hoch und hob ihren Rock, um sich damit ein wenig Luft zuzufächeln. Und was sie auch tat, immer streichelte sie sein Blick.
Er blickte von seiner Arbeit auf, wischte sich die Hände an der Jeans ab und sah sie an. Ihre Haut schien förmlich zu vibrieren. Sie fühlte sich herrlich träge und gleichzeitig wundervoll lebendig.
Manchmal bellte er einen Befehl oder eine versteckte Beleidigung, doch sie hörte kaum hin, denn ihre Sinne übersetzten das Gesagte in die Worte, die er in Wahrheit sagen wollte.
Ich will dich.
Und sie wollte ihn ebenfalls. Für Sex, sagte sie sich, nur für Sex, nichts weiter. Keine intimen Verwicklungen, keine Gefühle, bloß Sex.
Wenn ihr so heiß wurde, dass sie glaubte, in Flammen aufgehen zu müssen, zwang sie sich, an andere Dinge zu denken: an ihre wachsende Freundschaft mit Kristy, an Edward, wenn er ihr aufgeregt von seinem Tag erzählte, und an die Kennedy-Schatulle.
Jeden Abend wanderte sie zum Kamm des Heartache Mountain und blickte auf das Haus hinunter, wo sie einst gelebt hatte. Sie musste noch mal dort hinein, um weiter nach der Schatulle zu suchen, doch das konnte sie nicht riskieren, solange er dort war. Er hatte noch kein Wort über den fehlenden Schlüssel verloren, und da die Eröffnung des Autokinos schon in zwei Wochen bevorstand, konnte sie nur hoffen, dass er die Angelegenheit vergessen hatte. Ganz sicher hätte er etwas gesagt, wenn dem nicht so wäre. Sie hätte schreien können vor Frustration. Wenn er doch Abends mal weggehen würde, damit sie ins Haus hinein könnte.
Neun Tage nach der Nacht, in der sie in das Haus
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