"Träume aus 1001 Nacht" 6
sie schelmisch.
Sicher dachte sie an Francesca, oder ahnte sie, in welche Richtung seine Gedanken in Wirklichkeit schweiften?
„Deine Mutter kommt heute Nachmittag an. Wir werden ein wenig über den Abgesandten reden.“
Rashid hob eine Augenbraue. „Das ist wohl kaum für meine Ohren bestimmt.“
Seine Großmutter lächelte verschwörerisch. „Ich wollte nur wissen, ob du mir auch zuhörst. Ich mache mir Sorgen wegen deiner Gäste. Natürlich möchte ich mich nicht in deine Angelegenheiten mischen, aber ich kann nicht schweigen. Elizabeth braucht jemanden, der eingreift und Charles den Kopf zurechtsetzt. Seine Schwärmerei für Francesca wird langsam unerträglich.“
„Er ist vierunddreißig, Großmutter. Ich kann ihm nicht sagen, wie er sich zu benehmen hat.“ Jack war geschieden, Rashid selbst verwitwet. Charles dagegen hatte sich noch nie ernsthaft gebunden.
„Ich dachte, er wollte sich für die nächste Wahl zur Kandidatur aufstellen lassen. Bis dahin sollte er sich seiner Ziele sicher sein. Er kann es sich nicht leisten, sich von jedem schönen Gesicht blenden zu lassen“, beharrte sie.
„Francesca ist schön, Großmutter. Alle Männer verbringen gerne Zeit mit ihr. Ich wüsste nicht, wieso das seiner politischen Karriere schaden sollte.“
„Ich kann nicht feststellen, dass Jack oder du ein derartiges Theater um diese Frau macht“, gab sie scharf zurück.
Nein, aber er hatte Verständnis für Charles’ Verhalten. Er war selbst gerne mit Francesca zusammen, sie war wunderbar.
Solange sie sich nicht unterhalten mussten.
Bei dieser plötzlichen Erkenntnis runzelte Rashid unwillig die Stirn. Sie hatten kaum je über anderes als über Mode gesprochen. Er dachte an Bridget und versuchte, sich Francesca in fünfzehn Jahren vorzustellen. Oder in dreißig Jahren. Er konnte sich nicht einmal vorstellen, wie sie den Empfang zusammen besuchen würden.
Mit Bridget dagegen …
„Rashid!“
„Ja?“
„Ganz ehrlich. Was stimmt nicht mit dir? Das ist jetzt schon das zweite Mal, dass du mir deine Aufmerksamkeit entziehst. Du bist schlimmer als Mo. Ich muss den Nachmittag allein mit deiner Mutter verbringen. Bridget hat keine Zeit für mich. Hat sie Pläne mit Mo?“
„Francesca reist heute ab. Ich werde Bridget die Stadt zeigen.“
Einen Moment schwieg Salina Al Besoud. Entgeistert starrte sie ihren Enkel an. Dann räusperte sie sich.
„Die Stadt zeigen?“
„Sie möchte ein wenig von unserem Land kennenlernen. Niemand sonst hatte Interesse, also fahren wir allein. Ich zeige ihr Aboul Sari, und vielleicht fahren wir noch ans Meer. Aber vielleicht verschieben wir den Strand auf einen anderen Termin, damit Mo mitkommen kann. Weißt du, ob er den Strand mag?“
„Ich habe keine Ahnung. Ist das von Bedeutung?“
„Findest du es absurd, dass ich wissen möchte, was mein Sohn mag und was nicht?“, fragte er ernst.
„Nein, aber er ist erst fünf, was soll er schon wissen?“
„Ich bin überzeugt, dass er zu vielen Dingen eine Meinung hat“, widersprach Rashid bestimmt.
„Hat Bridget gefragt, ob er den Strand mag?“
Rashid nickte und fragte sich, was er sonst noch nicht über seinen Sohn wusste. Er sah ihn so selten.
Als Kind hatte er den Strand immer geliebt, daher glaubte er, dass es Mo ähnlich ging. Mit einem Mal wurde Rashid bewusst, dass er selbst seit Jahren nicht mehr am Meer gewesen war, zuletzt mit Fatima in Cannes. Das war kurz vor ihrem Tode gewesen. Er spürte eine rege Freude in seinem Inneren, wenn er daran dachte, wie sie mit Mo schwimmen und eine Sandburg bauen würden.
„Bridget ist eine interessante junge Frau“, stellte seine Großmutter fest. „Es war sehr nett, dass sie mir vorgelesen und alles erklärt hat.“
„Es macht ihr Spaß, sagt sie.“
„Sie und ihre Cousine haben wenig gemein.“
„Ja, sie sind sehr verschieden“, stimmte er zu. „Mach dir keine Sorgen wegen Samstag, alles wird gut gehen. Komm einfach zum Turnier.“
„Viel Spaß bei deinem Ausflug mit Bridget“, gab sie höflich zurück.
Rashid nickte und verließ den Raum. Er tat einem seiner Gäste nur einen Gefallen, mehr nicht. Bridget hatte Interesse an den Sehenswürdigkeiten bekundet, und er kam ihrem Wunsch nach. Wenn er in San Francisco wäre, würde sie ihm sicher auch alles zeigen.
Aber wenn er ganz ehrlich zu sich war, musste er zugeben, dass er sich schon lange nicht mehr so auf etwas gefreut hatte wie auf diesen Nachmittag.
Rashid lehnte am Wagen und sah erneut auf die
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