"Träume aus 1001 Nacht" 6
sich keinen Illusionen hin, wie sie reagieren würde, wenn er seine Hochzeit mit Sara ankündigte. Am besten ging er zügig vor. Da die Trauerzeit nach dem Tod seines Vaters noch nicht zu Ende war, verstand sicher jeder, dass sie auf ausgiebige Feierlichkeiten verzichteten.
„Man kann das Meer riechen“, stellte Sara fest.
„Ja, das Haus steht am Strand. Du kannst jeden Tag baden gehen, wenn du willst. Nur pass auf, dass dich einer der Hausangestellten begleitet, damit du nicht allein bist, wenn etwas passiert.“ Sie hatte ihm erzählt, wie sehr sie das Meer liebte. Da konnte sie sich gut vorstellen, die wenigen Wochen ihrer vorgetäuschten Hochzeit auf diesem traumhaften Anwesen zu verbringen.
Kharun gab der Haushälterin die Anweisung, ein Gästezimmer vorzubereiten. Dabei erfuhr er, dass seine Mutter gekommen war. Das war eine gute Gelegenheit, ihr Sara gleich vorzustellen. Bei den zu erwartenden Auseinandersetzungen konnte ihm seine Mutter eine wichtige Verbündete sein.
Sara sah sich staunend in der Eingangshalle um. „Gehört dir das hier alles?“, fragte sie mit weit aufgerissenen Augen.
„Ja.“
„Das Haus sieht eher wie eine französische oder spanische Villa aus.“
„Stimmt, mein Vater hat sie für meine Mutter errichten lassen. Sie mag unsere Architektur sehr gern und spricht auch gut Arabisch, aber natürlich hängt ihr Herz immer noch an Frankreich.“
„Vielleicht sollten wir unser Vorhaben noch einmal überdenken“, sagte Sara. „Einen Minister hinters Licht zu führen ist eine Sache, aber deine Mutter …“
„Deine Eltern auch.“
Sie sah ihn lange an, dann sagte sie leise: „Ich dachte, ich könnte wenigstens ihnen erklären, warum wir uns so verhalten.“
Kharun schüttelte den Kopf. „Das wäre sicher nicht klug. Ein einziges falsches Wort, und unser Plan ist zum Scheitern verurteilt. Ich müsste die Verhandlungen mit deinem Vater abbrechen. Nur du, ich, Piers und Jasmine kennen die volle Wahrheit.“
„Warum kann ich nicht auch einen Vertrauten haben, so wie du mit deiner Schwester oder deinem Ratgeber?“
„Das ist ausgeschlossen“, erwiderte er kurz und bündig und wandte sich an Aminna, die Haushälterin. „Ist das Gästezimmer fertig?“
„Ja. Ihre Mutter hat sich bereits zurückgezogen, da sie nicht wusste, wann Sie zurückkehren würden.“
„Sehr schön, Aminna“, erklärte er und nahm Sara bei der Hand. „Ich werde dir jetzt dein Zimmer zeigen.“
Sara hatte das Gefühl, dass sich eine Traumwelt vor ihr auftat. Alle Räume waren hoch, weiträumig und hell erleuchtet. Die weißen Wände und der helle Marmorboden schufen noch zusätzlich einen Eindruck von Offenheit und Weite. Langsam durchschritten sie die Halle und kamen dann zu einem langen Gang. Sara war so müde, dass sie beinah umgesunken wäre. Einen Augenblick lang wollte sie der Versuchung nachgeben, sich an Kharuns Schulter zu lehnen. Sie hatte die letzten beiden Nächte nicht gut geschlafen. Wäre es da nicht wunderbar, sich in seinen Armen ausruhen zu dürfen?
Erschrocken zuckte sie zusammen, da sie sich nicht solchen Vorstellungen hingeben durfte. Rasch machte sie sich von ihm los und sagte: „Zeig mir einfach, wo mein Zimmer liegt. Dann komme ich schon allein zurecht.“
Er machte die Tür zu einem wunderbaren Raum auf. Fenstertüren gingen auf eine große Veranda hinaus. In den weißen Vorhängen spielte eine leichte Brise, die vom Meer herüberwehte. Das Bett war breit und lud zum Verweilen ein. Schöne Möbel, dicke Teppiche und moderne Kunst an den Wänden schufen eine behagliche Atmosphäre.
Eine weitere Tür führte zu einem luxuriösen Badezimmer. „Ach, eine Dusche würde mir jetzt guttun“, seufzte Sara und musste wieder an die staubige, enge Zelle zurückdenken. Was für ein Unterschied!
„Aminna hat dir einige Sachen zum Anziehen gebracht. Wenn du noch etwas benötigst, brauchst du nur zu klingeln.“ Er verließ das Zimmer und zog die Tür hinter sich zu. Sara hatte das Gefühl zu schweben, als sie durch den Raum tänzelte. Sie machte die Fenstertüren auf und atmete die frische Seeluft ein. In der Dunkelheit erahnte sie riesige Pflanzen auf der Terrasse, die Blüten in allen nur erdenklichen Farben trugen. Ein wenig weiter verschwand in der Dunkelheit ein Weg, der wohl zum Strand führte.
Sie drehte sich um. In den nächsten Tagen würde sie genug Zeit haben, alles genau zu erforschen. Jetzt aber konnte sie erst einmal eine heiße Dusche gebrauchen. Auf dem Weg zum
Weitere Kostenlose Bücher