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Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum

Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum

Titel: Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Felix M. Lützenrath
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Nur am Horizont ist etwas, dass ich noch nicht wirklich erkennen kann. Je näher ich komme, umso deutlicher wird es. Langsam lassen sich die Umrisse der Bäume und der Steinmauer erkennen. Als ich dann endlich die Fata Morgana erreiche, ist es genau wie erwartet. Ich habe seit zwei Jahren nicht einmal mehr an diesen Flecken gedacht und wusste gar nicht, dass ich mich noch an diese Quelle erinnern kann. Doch nun, wo ich vor ihr stehe, ist es, als wäre es erst gestern gewesen, dass ich das letzte Mal meinen Durst hier gelöscht habe. Wie ein Kamel lasse ich mich vorsichtshalber auf Reserve voll laufen und fülle meine Flasche wieder randvoll mit dem schönen kalten Wasser. Frisch betankt geht es gleich wieder besser voran. Ich laufe seit Tagen nur noch ohne T-Shirt und bin an manchen Stellen bereits verbrannt. Betrifft logischerweise hauptsächlich meine Schultern, aber auch Nacken und seitlich die Rückenpartie, die noch unterm Rucksack hervorguckt. So komme ich in San Nicolas an und mache einen kurzen Stopp in der kleinen Ermita, die zugleich Herberge ist. Auch hier kommen meine Erinnerungen wieder.
    Letztes Mal, als ich diese Ermita betrat, um mir einen Stempel zu holen, begegnete ich dem wohl schönsten und femininsten Geschöpf auf Erden. In der Kirche stand hinter dem Tisch ein Mädchen in etwa meinem Alter, dessen Schönheit alles übertraf, was ich je zu Gesicht bekommen habe. Ihre Augen waren groß und braun. Sie hatte schwarzes, leicht gelocktes schulterlanges Haar und ein Gesicht, das so zart war, dass es in der Sonne sicher dahingeschmolzen wäre. Als ich damals vor ihr stand, war ich wie erstarrt und der verbalen Sprache nicht mehr mächtig. Ich habe meinen Stempel erhalten und völlig geistesabwesend den Raum verlassen. Als ich wieder zu mir kam, fragte ich mich, wieso ich ihr nicht die gepresste Blume aus meinem Reiseführer geschenkt habe. Nun stehe ich wieder vor der Kirche. Auch, wenn ich es für wenig wahrscheinlich halte, hoffe ich natürlich gleich beim Eintreten wieder vor ihr zu stehen. Ich schnalle meinen Rucksack ab, stelle ihn draußen gegen die Wand und ziehe mir mein T-Shirt über, bevor ich eintrete. Wieder werde ich von einem strahlenden Gesicht empfangen, jedoch ist das Gesicht mittlerweile ca. 30 Jahre gealtert und bei weitem nicht mehr so wie in meinen Träumen. Vor mir sitzt eine etwa 55 jährige Italienerin, die mich fürsorglich empfängt und sogleich, besorgt über meine Sonnenbrände, mein T-Shirt auszieht, um mir eine Salbe auf die roten Stellen zu schmieren. Sie bietet mir an, die Nacht heute hier zu verbringen und am Abendmahl teilzunehmen. Zahlen bräuchte ich nur, was ich kann und möchte. Das ist wirklich sehr einladend, dennoch zieht es mich fort, in der Hoffnung meinen Fluss für die Nacht zu finden, den ich mir heute morgen bereits ausgesucht habe. Eventuell ist aber auch einfach nur die Enttäuschung zu groß, nicht auf die Person gestoßen zu sein, die ich mir erhofft habe. So verabschiede ich mich dankend und überschreite die hinter dem Gebäude liegende Brücke, die die Provinzen Burgos und Palencia verbindet. Der Blick von der Brücke lässt mich Schlimmes erahnen, denn das Wasser ist lehmig braun. Eigentlich wäre das jetzt meine Chance gewesen, noch einmal umzukehren und doch in San Nicolas zu nächtigen. Ich lasse jedoch meinen Optimismus siegen und laufe weiter. War klar, dass das Wasser wenige Kilometer später nicht plötzlich glasklar ist. Als ich die Stelle erreiche, wo ich campen will, bereue ich, dass ich nicht in San Nicolas geblieben bin. Notgedrungen laufe ich also mal wieder weiter als geplant. Im nächsten Dorf erhoffe ich mir dann eine Einkaufsmöglichkeit und werde auch fündig. Nur scheinen hier die Uhren anders zu laufen, denn obwohl Siesta vorbei ist und wir es kurz nach 18 Uhr haben, sind auch hier alle Geschäfte geschlossen. Zum Glück bin ich noch ziemlich fit und habe keine außergewöhnlichen Behinderungen heute. Die Füße sind immer platt gelaufen und die Blasen hier und da gehören so sehr dazu, dass ich sie schon nicht mehr spüre. Solange ich keine Knieprobleme oder Rückenschmerzen bekomme, liegt es lediglich an meiner Kondition. Aber bisher waren es eigentlich immer meine Muskeln, die aufgaben, bevor ich das Limit meiner Kondition überschritten hatte. Ich spiele mit dem Gedanken, heute mal in der Nacht zu laufen. Irgendwie reizt mich die Idee, man hat seine Ruhe, eine angenehm kühle Temperatur zum Wandern und einen wunderschönen

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