Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum
auch die letzten Tage zur Mittagszeit wieder wolkenlos ist, nehmen wir die Einladung dankend an. Wir legen uns jeder in eine der Matten und Buju sucht sich ein schattiges Plätzchen auf dem kühlen Boden. Nur Maja ist mit dieser Situation nicht zufrieden. Die Tatsache, dass ich in einer Hängematte über ihr liege und somit außerhalb ihres Blickfeldes bin, beunruhigt sie so sehr, dass ich sie letzten Endes mit in die Matte legen muss, damit sie endlich Ruhe gibt. Ich liebe dieses kleine Geschöpf mittlerweile so sehr, dass ich nicht weiß, wie und ob ich sie jemals wieder abgeben kann. Sie schenkt mir all ihr Vertrauen und tut alles, was ich ihr sage, ohne dass ich sie groß erziehen muss. Es wird mir das Herz brechen, sie wieder abzugeben. Ich erzähle es Lucia und sie fragt mich, wieso ich sie nicht behalte. Ich würde gerne, aber bevor ich auf den Camino gegangen bin, habe ich all meinen Besitz verkauft, meine Wohnung aufgegeben und mir vorgenommen, für mindestens 1 Jahr durch die Welt zu reisen. Sie auf meine Reise mitzunehmen wäre natürlich ein absoluter Traum, nur werde ich jede Menge Komplikationen haben, von den finanziellen Problemen mal ganz abgesehen. Ich kann nicht mehr einfach meinen Rucksack nehmen und spontan einen Flug buchen, ich muss immer zusätzlich noch einen Hundetransport organisieren. Lucia stimmt mir zu, sie hat die Erfahrung mit Buju bereits gemacht. Es ist furchtbar kompliziert und kostspielig, wenn man einen Hund mit sich führt und sie ist lediglich über Italien nach Spanien gereist. Ich möchte jedoch nach Thailand, Indien, Neuseeland sowie Südafrika und Südamerika. Mein Geld wird gerade eben reichen, um mir diesen Traum zu finanzieren. Zwar könnte ich ein paar Stationen auslassen und das Geld reicht eventuell für uns beide, aber selbst dann wird es nicht einfach mit einem Hund. Ich werde nicht einfach überall wie hier auf dem Camino mein Zelt aufschlagen können. Und eine günstige Unterkunft zu finden, in der es mir erlaubt ist, meinen Hund mit zu führen, wird nicht grade einfach sein. Lucia tröstet mich am Ende mit den aufbauenden Worten: „Du hast diesem Tier ein Leben geschenkt, ohne deine Tat würde man sie bald töten. Nun hat sie eine Zukunft, auch wenn diese unbekannt ist.“ Genau das war meine Intuition und es tut gut, dies noch einmal bestätigt zu bekommen.
Nach unserer Mittagspause und diesem Gefühlsausbruch machen wir uns an den Anstieg des Cebreiros. Die Schnellstraße endet endlich und der Camino beginnt sich wieder von seiner schönsten Seite zu zeigen. Wie auch zu Beginn die Pyrenäen und später die Montes de León hinter Astorga gehört auch der Aufstieg zum Cebreiro, der für sich 1250m Höhe verbuchen kann, mit zu den meiner Meinung nach schönsten Abschnitten des Jakobsweges. Es geht noch ein kurzes Stück an einer kaum befahrenen Asphaltstraße entlang, bis sich der Weg der Fußpilger von dem der Fahrradfahrer trennt und uns auf den alten, teilweise noch mit Pflastersteinen erhaltenen Pilgerweg führt. Es geht durch wunderschöne Laubwälder an Gebirgshängen und Wiesen entlang. Je höher wir kommen, umso schöner wird der Weg. Ein echter Verlust für jeden, der hier mit dem Fahrrad unterwegs ist und gezwungenermaßen die Straße nehmen muss.
Da wir häufig irgendwo stoppen und uns festquatschen, kommen wir wie erwartet nur sehr langsam voran. In Hospital Inglés stoßen wir auf ein ganz einfaches Refugio einer jungen, alternativen Spanierin aus Madrid. Sie hat sich hierhin zurückgezogen und ihr vorheriges Leben aufgegeben. Wir verbringen mehrere Stunden mit ihr und ich überlege, ob ich ihr Maja anbieten soll. Ich bringe es jedoch nicht fertig und verwerfe den Gedanken wieder, auch wenn ich mir sicher bin, dass Maja hier ein traumhaft freies und schönes Leben führen könnte. Da es bereits später Nachmittag ist und Lucias Mutter wartet, müssen wir weiter laufen. Ein Jammer, dass wir uns auf dieser wunderschönen Etappe so hetzen. Kurz vor dem Dorf O Cebreiro überschreiten wir die Grenze nach Galicien und verlassen die Kommune Castilla y León. Ab hier sind es noch 152 km bis Santiago. Jeder Kilometer wird nun gezählt und mit einem Markierungsstein festgehalten. Es ist bereits ca. 22 Uhr Abends und wird rasend schnell immer dunkler. Wir müssten jeden Moment das Dorf O Cebreiro erreichen, aber es taucht einfach nicht auf. Weitere 30min später sehen wir dann endlich Zivilisation. Dort ist es, O Cebreiro mit seinen galicischen Pallozas, den
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