Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Traeume Suess, Mein Maedchen

Titel: Traeume Suess, Mein Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Zigarette, dachte sie und blickte sich im Zimmer um, sah den kleinen Fernseher in der Ecke und fragte sich, ob heute Abend etwas Vernünftiges lief. Sie sollte den Fernseher wahrscheinlich unten im Esszimmer aufstellen, damit Dylan besseren Zugang hatte, aber der Fernseher war für sie in Wahrheit genauso ein Schlafmittel wie das Radio für ihren Sohn.
    Emma ging in Dylans Zimmer und wollte ihm als Ersatz für das Ende ihrer Geschichte eine halbe Stunde Fernsehen anbieten, aber er war zum Glück schon eingeschlafen.
    »Danke, lieber Gott«, sagte sie leise, küsste die kühle Stirn ihres Sohnes und deckte ihn noch einmal gründlich zu. »Schlaf schön«, flüsterte sie auf der Türschwelle.
    In der Küche zündete sie sich eine Zigarette an, ging nach draußen, beobachtete, wie ein alter Cadillac in eine Parklücke am Ende der Straße setzte und ein Frau mit roter Mähne und Leopardenmuster-Hose ausstieg und über die Straße hastete. Ganz offensichtlich eine Sturmhöhe -Liebhaberin, dachte Emma lächelnd. Wahrscheinlich sollte sie Lily anrufen und erklären, warum sie heute Abend nicht kommen konnte. Aber sie hatten keine Telefonnummern ausgetauscht, und Lily würde schon früh genug merken, dass sie nicht kam. Wenn sie sie das nächste Mal traf, würde sie sich entschuldigen.
    Oder sie könnte jetzt rasch rüberlaufen und es erklären, dachte sie. Dylan schlief tief und fest, und sie würde das Haus nur für ein paar Minuten verlassen. In der Zeit konnte doch nichts passieren. Emma zog ein letztes Mal an ihrer Zigarette, trat die Kippe aus und hastete die Straße hinunter.

9
     
     
    »Hier steht, dass Tifton der Geburtsort der Interstate 75 ist«, sagte Jamie begleitet von einer brüllenden Lachsalve am Nebentisch. Sie las aus einem Prospekt vor, den sie direkt am Eingang des Grillrestaurants eingesteckt hatte, in dem sie und Brad zu Abend aßen. Das Gelächter stammte von einer Gruppe junger Männer, die sich in der Nische hinter Brad um einen Tisch drängten.
    »Du meinst, zusätzlich zu der Tatsache, dass es DIE LESEHAUPTSTADT DER WELT ist?«, fragte Brad, jede Silbe des stolzen Titels einzeln betonend. Das Ganze interessierte ihn offensichtlich nicht die Bohne.
    Einer der Jungen auf der Bank hinter Brad stand auf, um die Aufmerksamkeit einer offensichtlich gestressten Kellnerin mittleren Alters zu erregen. »Hey, Pattie«, rief er. »Können wir hier noch ein paar Bier kriegen?«
    »Setz dich, Troy«, erwiderte die Kellnerin, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.
    Der junge, kaum zwanzigjährige Mann war sehr groß und ebenso dünn mit breiten knochigen Schultern und langen blauschwarzen Haaren, deren Strähnen in seine kleinen, eng zusammenstehenden dunklen Augen fielen. Boxershorts lugten aus seiner Jeans hervor, die so tief auf der Hüfte hing, dass Jamie fürchtete, er könnte sie ganz verlieren. Als er lässig wieder auf seinen Platz rutschte, fing er Jamies Blick auf und zwinkerte ihr zu.
    Jamie wandte sich sofort wieder dem Prospekt zu. Sie war sich nicht sicher, meinte jedoch das Wort Schlampe gehört zu haben, das wie ein Penny gefallen und vor ihre Füße
gerollt war. »Tifton hat 15 000 Einwohner, steht hier«, sagte sie lauter als beabsichtigt.
    Brad demonstrierte sein Desinteresse an der Bevölkerung von Tifton, indem er ein Pommes frites in Ketchup tunkte und auf der Zungenspitze balancierte.
    Jamie sah sich in dem kleinen Restaurant um, wobei sie die Jungen in der Nische hinter Brad sorgfältig mied und sich stattdessen auf die farblich nicht zueinander passenden Bodendielen, die dunkelgrünen Plastikbänke und die beigefarben glänzenden Kunststofftische konzentrierte. Unschuldige Gesichter mit großen, klaren Augen starrten von strategisch verteilten, samtschwarzen Leinwänden zurück. Auf einer großen Tafel an der gegenüberliegenden Wand waren die Tagesgerichte aufgelistet, für den heutigen Tag schwarze Bohnensuppe und eineinhalb Pfund Kalbsrippchen. Eine Klimaanlage gab es nicht, nur zwei große, in Höchstgeschwindigkeit rotierende Deckenventilatoren, die gegen die nach wie vor drückende Hitze ankämpften.
    Aus den Augenwinken nahm Jamie eine Bewegung wahr, wandte den Kopf in die Richtung und sah den schlaksigen Jungen vom Nebentisch, der ihr mit seinen langen Fingern flirtend zuwinkte, einen Kussmund zog und vernehmlich schmatzte. Jamie überlegte, ob sie Brad darauf aufmerksam machen sollte, entschied jedoch, dass er schon gereizt genug war. Sie wollte ihn auf gar keinen Fall noch

Weitere Kostenlose Bücher