Träume wie Gold: Roman (German Edition)
Schultern hievte, um dann in den Garten und zu seiner grässlichen Pflicht zurückzukehren.
Es fiel ihm überraschenderweise leicht, seine Aufgabe zu erfüllen. Er brauchte sich nur vorzustellen, dass er es war, der da mit leeren Augen in den Himmel starrte, und schon belastete ihn das Ganze kaum noch.
Er breitete die Folie auf den weißen, blutbespritzten Kieselsteinen aus. Und die Fliegen … Nun, alles in allem, stellte Winesap fest, war es wirklich eine widerliche Arbeit, die er da zu erledigen hatte.
In gebückter Haltung und schwer atmend, rollte er DiCarlos Leichnam so lange über den Kies, bis er in der Mitte der Folie lag. Dann gönnte er sich eine kurze Pause. Körperliche Arbeit strengte ihn immer sehr an. Er faltete ein Taschentuch auseinander und wischte sich damit über Stirn und Nacken. Mit gerümpfter Nase ließ er es dann fallen und schob es unter DiCarlos Leiche.
Er ging wieder in die Hocke, sorgsam darauf bedacht, sich nicht mit Blut zu beschmieren, und angelte mit spitzen Fingern nach DiCarlos Brieftasche. Nach kurzer Überlegung beschloss er, diese bei erstbester Gelegenheit zu verbrennen. Resigniert untersuchte er anschließend DiCarlos Taschen, um sich zu vergewissern, dass er alles entfernt hatte, anhand dessen man die Leiche würde identifizieren können.
Aus einem Fenster im zweiten Stock des Hauses drangen die leisen Klänge einer italienischen Oper an sein Ohr. Finley kleidete sich für den abendlichen Empfang um, dachte Winesap abwesend.
Zum Glück war morgen Feiertag.
17. Kapitel
Die Nacht war glasklar, die Luft kalt und scharf. Die dünne Eisschicht auf den Seitenscheiben des Thunderbird glitzerte im Schein der Straßenlaternen wie ein vereistes Spinnennetz. Aus dem Theater drang die Musik bis hinaus auf die Straße und bereicherte B. B. Kings ›Blue Monday‹ um eine Lage tiefer Basstöne.
Die Wärme, der Blues, die geruhsame nächtliche Autofahrt hätten Dora in den Schlaf wiegen können, wären ihre Nerven nicht zum Zerreißen gespannt gewesen. Um dieser knisternden Nervosität irgendwie Herr zu werden, erging sie sich in endlosen Kommentaren über die Party, die Leute, die Musik, die so gut wie keine Antwort von Jed verlangten.
Als er den Wagen in den Hinterhof lenkte, hatte sie sich nahezu leer geplappert.
»Es ist alles in Ordnung, nicht wahr?«, fragte sie.
»Was soll in Ordnung sein?«
Ihre Finger spielten nervös mit dem Abendtäschchen. »Die Leute, die Brent zur Bewachung abgestellt hat.«
»Ist es das, was dich so in Hochspannung versetzt?«
Sie betrachtete das Gebäude, den Lichtkegel über der Hintertür, das von der Stehlampe erleuchtete Fenster, die sie hatte brennen lassen. »Ich habe mich sehr bemüht, heute Abend so wenig wie möglich daran zu denken.«
»Alles okay.« Er beugte sich zu ihr hinüber, um ihren Sicherheitsgurt zu lösen. »Sie waren beide da.«
»Gut. Das ist gut.« Doch ihr Nervenkostüm vibrierte immer noch. Schweigend stiegen sie aus und gingen auf das Haus zu.
Sie hasste es, so aus dem Häuschen zu sein, ärgerte sich darüber, während Jed die Haustür aufschloss. Doch ihre Aufregung hatte nichts mit Einbrechern oder Wachposten zu tun. Sie bezog sich auf das, was geschehen würde, sobald sie im Haus und allein waren.
Sie betrat den Flur und kramte auf dem Weg zu ihrer Tür die Schlüssel aus der Handtasche. Sie wollte ihn, wünschte sich sehnlichst, das zu Ende zu führen, was zwischen ihnen begonnen hatte.
Und dennoch …
Jed nahm ihr die Schlüssel aus den zitternden Händen und sperrte ihre Tür auf.
Er tat das wegen der Kontrolle, überlegte sie, als sie ihren Mantel auszog und ihn über eine Stuhllehne warf. Bis jetzt hatte sie stets dafür gesorgt, dass sie in jeder Beziehung das Ruder in der Hand behielt, hatte sie die Richtung bestimmt, in die das Ganze laufen sollte. Doch bei Jed saß sie nicht am Steuer, und das wussten sie beide.
Sie hörte, wie er die Tür hinter ihnen zumachte und absperrte. Und wieder spürte sie ein nervöses Prickeln.
»Möchtest du einen Drink?« Ohne sich umzudrehen, marschierte sie auf die Brandyflasche zu.
»Nein.«
»Nein?« Ihre Hand, die bereits nach der Karaffe greifen wollte, fiel herunter. »Ich auch nicht.« Sie ging zur Stereoanlage, stellte den CD-Player an, ohne zu wissen, welche Scheibe sich noch in dem Gerät befand. Bessie Smith fuhr da fort, wo B. B. King aufgehört hatte.
»Ich muss in den nächsten Tagen den Baum wegräumen.« Sie streckte die Hand aus und berührte
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