Träume wie Gold: Roman (German Edition)
Lexington Richtung Stadtmitte ein. »Außerdem fand ich einige leere Briefbögen von E. F. Incorporated, einer Firma in Los Angeles mit einer Niederlassung in Manhattan, sowie etliche Schreiben selbiger Firma. Auf seinem Anrufbeantworter sind Nachrichten von Mama, Cousin Adolpho, Tante Sophia und einem Flittchen namens Bambi.«
»Wie kommst du zu dem Schluss, dass eine Frau ein Flittchen ist, nur weil sie Bambi heißt?«
»Mein Fehler. Wie komme ich nur darauf, sie als Flittchen zu bezeichnen, nur weil sie DiCarlo Tonymausi nennt und ihm mit säuselnder Kleinmädchenstimme eine Nachricht aufs Band kichert? Das ist wahrhaftig kein ausreichender Grund.«
»Schon besser.«
»Nicht gefunden habe ich hingegen ein Adressbuch, seinen Pass oder einen Cent Bargeld. Das und die Tatsache, dass der Anrufbeantworter fast voll ist, ihn seit knapp einer Woche niemand gesehen hat und der Briefkasten überquillt, veranlasst mich zu der Annahme, dass er schon eine Weile nicht mehr hier war.«
»Eine vernünftige Schlussfolgerung. Glaubst du, dass er noch in Philadelphia ist?«
Die Frage klang beiläufig, doch Jed konnte die Angst dahinter spüren. »Möglich. Aber niemand wird deine Familie belästigen, Dora. Dazu besteht keinerlei Grund.«
»Ich glaube, du hast Recht. Wenn er noch dort ist, wird er warten, dass ich zurückkomme.« Sie schnitt eine Grimasse. »Welch tröstlicher Gedanke.«
Jed kämpfte sich unverdrossen von Manhattan bis nach Brooklyn Heights, mit Hilfe etlicher Zigaretten und dem
nicht unangenehmen Gefühl durch, den Kampf Mensch-Maschine recht gut zu meistern. Als er schließlich Franklin Flowers Adresse fand, hatte er bereits alle Fakten, die er bislang sammeln konnte, im Geiste ausgebreitet, durcheinander geworfen und neu geordnet. Lässig ließ er den Wagen in eine schmale Parklücke gleiten.
»Hier kennst du dich ja aus, Conroy.« Er beugte sich über sie, um durch ihr Fenster einen Blick auf die Ladenfassade zu werfen.
F. FLOWERS WIR KAUFEN UND VERKAUFEN
»Wer tut das nicht?«, meinte er. »Vergiss nicht, Conroy …«
»Ich weiß, du redest, ich schweige.«
Sie betraten den Laden. Er war kaum größer als ein durchschnittliches Wohnzimmer und vollgestopft mit Trödel aller Art. Von abgegriffenen Teddybären bis hin zu verbeulten Stehlampen war alles zu haben. Im Laden war niemand, doch hinter einem Perlenvorhang hörte Jed eine Stimme. Dem Hinweis auf dem Schild folgend, das an der Kasse lehnte, drückte Jed auf die alte Messingklingel, die einst den Empfang eines schäbigen Bordells in der Bronx geziert hatte.
»Einen Augenblick, bitte«, ließ sich eine männliche Stimme vernehmen, die die Worte beinahe sang.
Flowers hielt, was sein Name versprach. Bevor Dora noch die Betrachtung einer Sammlung von Avon-Fläschchen abschließen konnte, kam er, begleitet von einer würzigen Rauchwolke, hinter dem Vorhang hervor.
Er war ein stattlicher Mann, fast eins neunzig groß und etwas mollig um die Hüften. Sein Gesicht war so rund wie das seiner Teddybären und strahlte eine freundliche Gemütlichkeit aus. Der Scheitel, den er knapp über dem Ohr gezogen hatte, ermöglichte es ihm, die verbliebenen dünnen blonden Strähnen quer über den Kopf zu kämmen, um somit seine rosige Glatze notdürftig zu bedecken. Zwischen seinen dicken Fingern klemmte eine zierliche braune Zigarette.
»Guten Morgen!«, trällerte er wieder. »Ach nein«, verbesserte
er sich und schnalzte ein paar Mal geziert mit der Zunge, »es ist ja bereits Nachmittag. Wo bleibt sie nur, die Zeit? Rinnt mir durch die Finger wie Sand durch ein Stundenglas. Die Welt dreht sich einfach viel zu schnell für mich. Und was darf ich für Sie tun?«
Dora, die sich kaum von dem Anblick des jovialen Riesen losreißen konnte, hatte keine Probleme damit, Jed das Reden zu überlassen.
»Mr. Flowers?«
»Ja, der bin ich. Frank Flowers, und das ist mein kleines Reich.« Er nahm einen Zug von seiner Zigarette und schürzte dabei die Lippen wie zu einem Kuss. »Wie Sie sehen können, kaufen und verkaufen wir beinahe alles. Womit kann ich Ihnen heute dienen?«
»Kennen Sie Sherman Porter?«
Flowers fröhliche Miene erstarrte. »Armer Sherman. Ich habe gerade erst vor zwei Tagen davon erfahren. Wie tragisch. Die Welt, in der wir leben, entsetzt mich immer wieder aufs neue. Niedergeschossen wie ein Hund an seinem eigenen Schreibtisch.« Er schauderte. »Abscheulich. Einfach abscheulich.«
»Sie haben ihm einen Posten Waren geschickt«, fuhr Jed fort,
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