Träume(h)r (German Edition)
noch ein oder zwei Tage bleiben«, bat Ole mit einem Hundeblick. Marc nickte widerwillig.
Auf dem Weg zu ihrem ersten Ziel, dem Arc de Triomphe, durchquerten Chloé, Ole, Louanne und Marc die Avenue des Champs-Élysées. Er hing einige Meter hinter der Gruppe her, da er sich während dem akrobatischen Akt mit dem missratenen Zwilling im Badezimmer das Bein gezerrt hatte.
Als er an einem spiegelnden Schaufenster vorbeiging, nahm er sein Erscheinungsbild darin wahr. Es sah nicht typisch französisch aus, nicht einmal annähernd. In dem Herumtreiber-Outfit, mit der riesigen Kamera um den Hals, wirkte er wie der letzte Tourist. Das konnte Marc nicht auf sich sitzen lassen und die Gruppe durfte daraufhin erst weiterziehen, nachdem er eine Baskenmütze, ein blauweiß gestreiftes T-Shirt, eine schwarze, enganliegende Hose und Wildlederschuhe gekauft hatte, die er sofort anbehielt. Zu allem Unnütz kaufte Marc sich ein echt französisches Baguette als Accessoire. Die schwere Spiegelreflexkamera wurde an Ole übergeben, denn sie passte definitiv nicht zu seinem Auftreten, meinte Marc, als sein Kumpel sich weigern wollte den Klotz an sich zu nehmen.
Als die Abendröte anbrach, hatten sie unzählige Fotografien vor diversen Sehenswürdigkeiten der Stadt gemacht. Darunter waren das Moulin Rouge, der Eiffelturm, einige Regierungsgebäude und zu guter letzt der Louvre.
Am liebsten hätte Ole Tage in dem weltbekannten Museum verbracht, denn nicht nur Szenen des Films »The Da Vinci Code« wurden einst darin gedreht, sondern es gab auch massenhaft Kunstwerke zu sehen, die ihn faszinierten.
Marc war müde von den Anstrengungen des Tages. Dank seines Auftretens als stereotyper Franzmann, zog er die Touristenmassen in Scharen an. Sie ließen erst von ihm ab, nachdem jeder einzelne von ihnen ein Foto von oder mit ihm ergattert hatte. Er würde sicherlich in einigen Wochen, eingerahmt, an so manchen Wohnzimmerwänden Europas und Ostasiens hängen, dachte sich Marc und lächelte zufrieden in sich hinein, da ihm auch die authentische Inszenierung eines französischen Künstlers gelungen war.
Die Schwestern amüsierten sich köstlich über ihren deutschen Gast, der sich hervorragend, ohne ein Wort französisch zu sprechen, als waschechter Franzose ausgegeben hatte.
Louanne schaute Marc den ganzen Tag über an, als würde sie ihre nächtliche Zweisamkeit kaum erwarten können. Er wünschte sich nun nichts lieber, als dass sie seine vierfingrige Hand, während der Zugfahrt, als abstoßend empfunden hätte und er deswegen auf der Couch im Wohnzimmer hätte schlafen müssen. Bedauerlicherweise störte sie der fehlende Finger nicht im Geringsten und so zog sie Marc nach dem Abendessen erneut in ihre Kammer des Schreckens. Er versuchte zwar sich zu wehren, aber blieb dabei erfolglos. Je mehr er sich anstrengte, umso heißblütiger wurde Louanne. Bis in die Morgenstunden benutzte sie ihn, wie einen Crosstrainer im Fitnessstudio.
Chloé und Ole hingegen waren noch immer überglücklich. Bei ihnen hatte der Slogan der Stadt funktioniert. Sie lächelten sich andauernd zu und turtelten miteinander, während sie die übrigen Sehenswürdigkeiten der Stadt abklapperten.
Marc befand sich bei ihrer Sightseeing-Tour in einer ganz anderen Situation. Er versuchte den ganzen Tag der unzüchtigen Louanne zu entkommen. Als der böse Zwilling nämlich bemerkt hatte, dass man sogar in der Öffentlichkeit mancherorts Zugang zu abgeschirmten Räumlichkeiten, wie zum Beispiel Toiletten oder Umkleidekabinen hatte, wurde Marc auch dort nicht mehr verschont.
Am Ende ihres zweiten Tages in Paris lag er im Bett und spürte, dass er weitere Torturen dieser Art nicht überstehen würde. Sie mussten fliehen.
Ole seine Situation beizubringen, stellte sich schwieriger heraus als gedacht. Sein Freund war den Reizen der hübschen Chloé verfallen. Marc konnte zwar nachvollziehen, dass die Französin ihm sehr sympathisch war, aber die Tatsache, dass der Riese sich in solch einem Bann befand, hatte ihn doch etwas schockiert.
»Was soll denn der Scheiß, Ole? Wir können hier nicht bleiben! Die macht mich kaputt. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis mir ein Körperteil abfällt oder du meine Asche von der Spitze des Eiffelturms aus verstreuen kannst«, sagte Marc fast hysterisch.
»Reg dich mal ab! Nur noch ein oder zwei Tage und danach ziehen wir weiter.«
»Nix da! Ein oder zwei Tage?! Ich schnall dich mal an nem Laufband fest, das auf der höchsten Stufe läuft
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