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Trainspotting: Roman (German Edition)

Trainspotting: Roman (German Edition)

Titel: Trainspotting: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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fand aber weder Tampons noch Binden. War Alice zu alt, um noch ihre Tage zu kriegen? Wahrscheinlich.
    Sie feuchtete etwas Papier an und schaffte es, die Flecken fast vollständig aus dem Teppich zu wischen.
    Vorsichtig trat Nina in die Dusche. Nachdem sie sich abgewaschen hatte, faltete sie eine Binde aus Klopapier und zog sich schnell wieder an, ohne den Slip, den sie im Waschbecken auswusch, auswrang und in ihre Jackentasche stopfte. Sie drückte auf den Fleck über der Oberlippe und fühlte sich gleich viel besser.
    Nina hörte, wie die ganze Versammlung das Zimmer verließ und die Treppe hinunterging. Diese Bude war einfach das letzte, sie wollte weg hier. Sie wartete die ganze Zeit nur auf eine günstige Gelegenheit, ihre Mutter anzupumpen. Sie wollte mit Shona und Tracy nach Edinburgh zu einem Konzert in den Charlton Studios. Eigentlich wollte sie nicht ausgehen, jetzt, wo sie ihre Tage hatte, denn Shona hatte gesagt, daß die Jungs das immer genau wissen, die riechen es einfach, egal, was man dagegen macht. Shona kannte sich aus mit Jungs. Sie war ein Jahr jünger als Nina, hatte es aber schon zweimal gemacht, einmal mit Graeme Redpath und einmal mit einem Franzosen, den sie in Aviemore kennengelernt hatte.
    Nina war noch mit keinem zusammengewesen, hatte es noch nie gemacht. Fast alle, die sie kannte, fanden es Scheiße. Die Jungs seien zu doof, zu mürrisch und dumm oder zu aufgeregt. Nina gefiel die Wirkung, die sie bei Jungs erzielte, sah gern die versteinerten Idiotengesichter, wenn sie sie beobachteten. Wenn sie es machte, dann nur mit einem, der Ahnung davon hatte. Mit einem älteren, aber nicht wie Onkel Kenny, der sie ansah wie ein Hund mit seinen blutunterlaufenen Augen und der Zunge, mit der er sich verschlagen die Lippen leckte. Sie hatte das dumpfe Gefühl, daß Onkel Kenny trotz seines Alters ein bißchen so wie die linkischen Jungs sein würde, mit denen Shona und die anderen zusammengewesen waren.
    Sie hatte zwar keinen Bock, zu dem Konzert zu gehen, aber die Alternative hieß daheimbleiben und in die Glotze stieren. Genauer gesagt, Bruce Foryth’s Generation Game mit ihrer Mutter und ihrem blöden kleinen Furz von Bruder, der immer ganz aufgeregt war, wenn das Zeug das Förderband entlangkam, und die Gegenstände mit seiner seltsamen, kieksenden Stimme hersagte. Ihre Mum erlaubte ihr nicht mal, im Wohnzimmer zu rauchen. Aber Dougie, ihr schwachsinniger Freund, der durfte im Wohnzimmer rauchen. Das war in Ordnung, war Gegenstand lockerer Scherze, hatte mit Krebs und Herzkrankheiten nichts zu tun. Aber Nina mußte nach oben, um zu rauchen, und das war echt das letzte. Ihr Zimmer war kalt, und bis es warm war, wenn sie die Heizung angeschmsisen hatte, hätte sie eine ganze Schachtel Marlboro rauchen können. Zum Totlachen, die Scheiße. Heute abend würde sie es beim Konzert mal drauf anlegen.
    Als Nina das Badezimmer verließ, schaute sie bei Onkel Andy hinein. Die Leiche lag auf dem Bett, noch immer unter der Decke. Sie hätten ihm wenigstens den Mund zumachen können, fand sie. So sah es aus, als wäre er im Suff beim Schreien gestorben, vom Tod überrascht, während er gerade über Fußball oder Politik schimpfte. Der Leichnam war dürr und verhutzelt, aber das war Andy ja immer gewesen. Nina erinnerte sich, wie diese hartnäckigen, allgegenwärtigen knochigen Finger sie an den Rippen gekitzelt hatten. Vielleicht war Andy ja schon immer im Sterben gelegen.
    Nina beschloß, die Schubladen durchzukramen, ob Alice nicht einen Slip hatte, den sie sich borgen konnte. In der oberen Schublade einer Kommode lagen Andys Socken und Unterwäsche. Nina war überrascht, welche Auswahl Alice besaß. Sie reichte von übergroßen Schlüpfern, die Nina vor sich hielt und die ihr fast bis an die Knie reichten, bis hin zu winzigen Spitzenslips, die sie sich an ihrer Tante gar nicht vorstellen konnte. Einer war aus demselben Material wie ihre schwarzen Spitzenhandschuhe. Sie zog sie aus, um den Slip zu befühlen. Der Slip gefiel ihr zwar, aber sie nahm einen rosafarbenen, mit Blumen bedruckten, und ging wieder ins Badezimmer, um ihn anzuziehen.
    Als sie nach unten kam, fiel ihr auf, daß der Tee als Hauptgetränk der Versammlung durch Alkohol ersetzt worden war. Dr. Sim stand mit einem Glas Whisky in der Hand da und unterhielt sich mit Onkel Kenny, Onkel Bob und Malcolm. Nina fragte sich, ob Malcolm ihn wohl über die Eileiter ausfragen würde. Die Männer tranken mit stoischer Entschlossenheit, so als sei es

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