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Trainspotting: Roman (German Edition)

Trainspotting: Roman (German Edition)

Titel: Trainspotting: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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Junkie bleibste trotzdem.
    – Na ja, eher der Freund einer Freundin. Du kennst doch Lisa?
    Sie nickte. Renton fuhr fort, wurde langsam warm mit seinen Lügen, kam in den beruhigenden Rhythmus der Täuschung.
    – Tja, das is mir n bißchen peinlich. Ich hab gestern Geburtstag gehabt, und ich muß zugeben, ich war ziemlich betrunken. Ich habs irgendwie geschafft, meine Wohnungsschlüssel zu verlieren, und mein Mitbewohner is in Griechenland im Urlaub. Da hab ich mich ganz schön selbst verarscht. Ich hätt auch nach Hause gehen und die Tür aufbrechen können, aber in meinem Zustand, da konnt ich nich mehr klar denken. Wahrscheinlich wär ich verhaftet worden, wie ich in meine eigene Wohnung einbreche! Aber dann hab ich zum Glück Dianne getroffen, und sie war so nett, mich auf der Couch schlafen zu lassen. Du bist ihre Mitbewohnerin, oder?
    – Ähm… so kann man’s auch nennen, sagte die Frau und lachte merkwürdig, während er verzweifelt versuchte dahinterzukommen, was hier lief. Irgendwas stimmte nicht.
    Der Mann kam herein und setzte sich zu ihnen. Er nickte Renton kurz zu, der schwach zurücklächelte.
    – Das ist Mark, sagte die Frau zu ihm.
    – Schön, sagte der Typ unverbindlich.
    Renton fand, sie waren etwa in seinem Alter, vielleicht ein wenig älter, aber beim Schätzen war er ein hoffnungsloser Fall. Dianne war ganz klar etwas jünger als sie alle. Vielleicht, so spekulierte er, hatten sie so etwas wie verdrehte elterliche Gefühle für sie entwickelt. Das hatte er bei älteren Leuten schon öfter bemerkt. Sie versuchen, jüngere, beliebtere und lebhaftere Leute zu dominieren; meistens waren sie nur auf die Eigenschaften der jüngeren Leute neidisch, die ihnen fehlten. Diese Unzulänglichkeiten verbergen sie dann hinter einer wohlwollenden, beschützerischen Haltung. Renton roch das bei den beiden und spürte eine wachsende Abneigung ihnen gegenüber.
    Und dann wurde Renton von einer Schockwelle überrollt, die ihm das Bewußtsein zu rauben drohte. Ein Mädchen trat ins Zimmer. Als er sie ansah, wurde ihm eiskalt. Diannes Doppelgängerin, doch das Mädchen dort war gerade im Realschulalter.
    Er brauchte ein paar Sekunden, bis ihm klar wurde, daß es wirklich Dianne war. Renton wußte augenblicklich, warum Frauen, die sich abschminken, oft davon sprechen, »sich eine Maske abzunehmen«. Dianne sah aus wie zehn. Sie bemerkte den Schrecken auf seinem Gesicht.
    Er sah das Paar an. Sie benahmen sich Dianne gegenüber so elterlich, weil sie ihre Eltern waren. Selbst in seiner Angst kam sich Renton wie ein Idiot vor, daß er das nicht früher bemerkt hatte. Dianne sah ihrer Mutter sehr ähnlich.
    Sie setzten sich an den Frühstückstisch, und der leicht verwirrte Renton wurde von Diannes Eltern sanft ins Kreuzverhör genommen.
    – Und was machst du so, Mark? fragte ihre Mutter ihn.
    Was er so machte? Wenn es ums Arbeiten ging, jedenfalls nichts. Er war Teil eines Syndikats, das ein Netzwerk zum Betrug der Arbeitslosenkasse unterhielt, und er bezog unter fünf verschiedenen Adressen Stütze, je eine in Edinburgh, Livingston und Glasgow, dazu zwei in London, in Shepherd’s Bush und Hackney. Die Regierung in solchem Umfang zu bescheißen, machte Renton jedesmal stolz, und es fiel ihm schwer, nicht mit seinen Taten zu prahlen. Aber er wußte, daß er schweigen mußte, denn es gab überall scheinheilige, selbstgefällige, neugierige Arschlöcher, die nur drauf warteten, den Behörden einen Tip zu geben. Renton fand, daß ihm das Geld zustand, denn die Management-Fähigkeiten, die man brauchte, um einen solchen Zustand aufrechtzuerhalten, waren ziemlich umfangreich, zumal für jemanden, der sich bemühte, mit einer Heroinabhängigkeit fertig zu werden. Er mußte sich in verschiedenen Teilen des Landes arbeitslos melden, sich mit anderen im Syndikat wegen der Briefkastenanschriften absprechen, bereitstehen, um auf einen Anruf von Tony, Carline oder Nicky kurzfristig zu Vorstellungsgesprächen nach London zu fahren. Seine Stütze in Shepherd’s Bush war in Gefahr, weil er die interessante Aufstiegsmöglichkeit, in einem Burger King in Notting Hill Gate zu arbeiten, abgelehnt hatte.
    – Ich bin Kustos in der Museumsabteilung des Bezirksamts für Freizeit und Erholung. Ich arbeite in der Sammlung Sozialgeschichte, die ihren Hauptsitz in der »People’s Story« in der High Street hat, log Renton und wühlte tief in seiner Akte erfundener Beschäftigungen.
    Sie schienen beeindruckt, wenn auch leicht verwirrt, und

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