Trainspotting: Roman (German Edition)
auskommt. Jetzt stand ich da im Rampenlicht. Alle glotzten mich an. Verdammtes nervendes Karnickel.
– Ja, wirklich, wie du schon sagtest, sein Bruder, stimme ich ihm fröhlich zu. Ich spüre, wie die Ablehnung gegen mich wächst. Ich muß der Menge was bieten.
Die beste Möglichkeit, den richtigen Ton zu treffen, ohne mich allzusehr der kranken Scheinheiligkeit zu beugen, die hier als Anstand verkauft wird und den Raum erfüllt, is, mich an die Klischees zu halten. In solchen Augenblicken mögen die Menschen Klischees, weil sie real werden und tatsächlich was bedeuten.
– Billy und ich waren uns nie einig…
– Na ja, vive le difference… meint Kenny, ein Onkel aus der Sippe meiner Ma, und will mir damit unter die Arme greifen.
– … aber wir hatten eins gemeinsam, und das war: Wir mochten beide nen guten Schluck und nen guten Witz. Wenn er uns jetzt sehen könnt, dann würd er sich scheckig lachen, wie wir hier mit langen Gesichtern rumhocken. Er würd sagen, macht euch n schönen Tag, verdammich! Die Freunde sind hier und die Familie. Wir ham uns doch seit ewig nich gesehen.
Ein paar Postkarten:
Für Billy
Fröhliche Weihnachten und ein Gutes Neues Jahr
(Außer zwischen 15 Uhr und 16:40 Uhr
am Neujahrstag)
von Mark
Mark
Fröhliche Weihnachten
und ein Gutes Neues Jahr
Billy
hmfc ok
Billy,
Herzlichen Glückwunsch
zum Geburtstag
Mark
Dann von Billy und Sharon
Mark
Herzlichen Glückwunsch
zum Geburtstag
Billy und Sharon
Das Glasgower weiße Pack, das sich die Familie meines Vaters schimpft, kam jeden Juli zum Marsch der Orangisten hoch, manchmal auch, wenn die Rangers in der Easter Road oder in Tynecastle spielten. Am liebsten wär mir gewesen, wenn die Arschlöcher in Drumchapel geblieben wärn. Aber sie nehmen meinen rührenden kleinen Tribut an Billy gut auf und nicken ernst. Alle außer Charlie, der mich durchschaut.
– Für dich is das alles bloß n Spiel, stimmt’s?
– Wenn dus genau wissen willst, ja.
– Du tust mir leid. Er schüttelt den Kopf.
– Tu ich dir nich, sag ich zu ihm. Er verschwindet, noch immer den Kopf schüttelnd.
Danach gibts noch n paar McEwan’s Export und Whisky. Tante Effie fängt an zu singen, durch die Nase, klingt nach Country. Ich geh zu Nina rüber.
– Bist ja ne richtig kleine Süße geworden, weißte das? sabbel ich angesäuselt. Sie schaut mich an, als hätte sie das schon mal irgendwo gehört. Ich wollte ihr vorschlagen, daß wir uns verdünnisieren und ins Fox rübergehen oder vielleicht in meine Bude in der Montgomery Street. Is das etwa verboten, seine Cousine zu vögeln? Wahrscheinlich. Alles andere is doch auch verboten.
– Tut mir leid wegen Billy, sagt sie. Ich merk schon, sie hält mich fürn totalen Wichser. Natürlich hat sie vollkommen recht. Ich hab jeden Typen über zwanzig für das Letzte gehalten, mit dem es sich nich zu reden lohnt, bis ich selbst zwanzig wurde. Und je mehr Menschen ich kennenlerne, um so mehr glaub ich, daß ich recht hatte. Danach is alles bloß noch n häßlicher Kompromiß, ängstliche Kapitulation, immer mehr, bis zum Tod.
Unglücklicherweise hat Charlie bzw. Chick-chicy-chic-chicky-chicky das Interesse in meiner Stimme bemerkt und geht dazwischen, um Ninas Unschuld zu retten. Nicht, daß sie die Unterstützung eines fetten Seifenfeinds bräuchte.
Der Bastard winkt mich beiseite. Als ich ihn ignoriere, packt er mich am Arm. Er hat ziemlich was getrunken. Er flüstert mit rauher Stimme, und ich kann den Whisky in seinem Atem riechen.
– Hör mal, mein Junge, wenn du dich nich davonschwingst, verpaß ich dir eine. Wenn da nich dein Vater wär, hätte ich das schon lange getan. Ich kann dich nich leiden, Junge. Konnt ich noch nie. Dein Bruder war zehnmal soviel wert, wie du je sein wirst, du verdammter Junkie. Wenn du wüßtest, welches Leid du deiner Ma und deinem Dad angetan hast…
– Sprich dich ruhig aus, unterbrech ich ihn, so pocht mir die Wut in der Brust, gebremst bloß durch die Schadenfreude, daß dieser Arsch sich aufregt. Hübsch cool bleiben. Die einzige Möglichkeit, so ne selbstgerechte Sau fertigzumachen.
– Da kannste dich drauf verlassen, Mister Universitätsklugscheißer. Ich hau dich ungespitzt durch die Wand da. Seine fette tätowierte Hand hing n paar Zentimeter vor meiner Nase. Ich umklammerte das Whiskyglas in meiner Hand. Ich würde nicht zulassen, daß der Arsch mich mit seinen Dreckfingern anrührt. Wenn ers versucht, kriegt er das Glas ab.
Ich schob seine erhobene Faust
Weitere Kostenlose Bücher